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Der magische Wald

Titel: Der magische Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Kaerney
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der Bäume, Die Kobolde, die Kinder angegriffen hatten, brüllten verzweifelt, als es sie berührte. Rauch stieg aus ihrem Fell, sie begannen zu brennen, fielen flammenumzüngelt in die Tiefe und flüchteten lodernd ihren Gefährten nach. Es roch nach verbranntem Fleisch. Als die grüne Flamme den Rest der Kobolde erreichte, sprang sie von einem zum anderen, als sei sie lebendig. Das schaurige Licht der brennenden Kobolde, die sich qualvoll aufbäumten und schreiend am Boden wanden, erfüllte den Wald. Den Bäumen schien das Feuer nichts anzuhaben. Der Angriff war niedergeschlagen. Dutzende der Monster brannten, und viele flohen wie wahnsinnige Glühwürmchen in den Wald. Die große, struppige Gestalt, die so unter ihnen gewütet hatte, war jetzt deutlich zu erkennen. Ein fröhlicher Ausdruck lag auf ihrem brutalen Gesicht, grüne Augen leuchteten unter wulstigen Brauen, und lange Fangzähne ragten aus dem Unterkiefer. »Dwarmo!« rief Cat erfreut. Ein Zweig berührte Michael am Kopf, und als er aufsah, erkannte er Mirkady, der von einem der Äste auf ihn hinunterblickte. »Ich sagte dir ja, daß ich dich im Auge behalten würde«, schnatterte er. Grüne Flämmchen tanzten harmlos über die Rinde in seiner Nähe. »Ja, das hast du gesagt«, murmelte Michael. Die Welt verschwamm vor seinen Augen. Die Schreie der flüchtenden Kobolde verklangen im Wald. Dunkle Gestalten näherten sich, und er registrierte, wie Cat schnell beruhigend auf die überlebenden Krieger einredete. »Cymbr«, sagte sie immer wieder: »Freund«. Auf Dwarmos Trollgesicht lag immernoch ein breites Grinsen. Die Frauen aber weinten, und es roch nach Blut und verbranntem Fleisch. Der Geruch nahm Michael den Atem, und dann wurde es dunkel um ihn.

KAPITEL FÜNFZEHN
    Es war ein heißer, wolkenloser Tag. Die Sonne schien vorn smogverhangenen Himmel, Verkehrslärm brandete zwischen den Häusern. Mit jedem Atemzug sog er Abgase in die Lungen. Er ging langsam durch die Straßen, wurde herumgestoßen wie eine Flipperkugel. Große Schritte, kleine Schritte, nie konnte er ungestört weitergehen. Der Gehweg, übersät mit Abfall, reflektierte die Hitze der Sonne in seinem Gesicht. Große Schritte, kleine Schritte. Die Zeit rast dahin, dachte er. Nein, sie rast nicht; sie wird weggespült und nimmt so viel mit sich. Doch die Erinnerungen bleiben, ob man will oder nicht. Es sind Flecken, die man niemals herauswaschen kann. Ein Nachgeschmack, der nie vergeht. Bilder der Vergangenheit überfluteten ihn. Er blieb stehen, die Hand an der Flasche in seiner Tasche. Er vergaß die brennende Sonne, registrierte die Blicke der Passanten nicht, denen er im Weg stand. Er war wieder in den kühlen Wäldern, und ihre düsteren Gerüche umnebelten sein Gehirn. Er blickte zurück in die Menge und auf den tosenden Verkehr Doppeldeckerbusse zwischen Autogewimmel. Unmöglich zu sagen, ob er verfolgt wurde. Der Wildwald war hier, in der Stadt. Wölfe in den Alleen. Ein Kobold in der U-Bahn. Er lachte rauh und setzte sich wieder in Bewegung. Nachts schleppte er sich mühsam die Treppen zu seiner Wohnung hoch, und sie wartete oben auf dem Treppenabsatz auf ihn. Ihm stockte der Atem, als er das pechschwarze Haar sah, die bleichen Wangen im blassen Licht der Glühbirne an der Decke. Schlagartig wurde er nüchtern, der Alkohol eines ganzen Abends verflog in einem Moment. Wenn sie sich dann umdrehte, verbrannten das angstvolle Staunen und die aufkeimende Freude zu Asche. Es war chon wieder dieses verdammte Mädchen. Vielleicht hatte sie ihren Lippenstift vergessen. Er spürte, wie die Nebel des Alkohols ihn wieder zu umwehen begannen. »Mike! Da bist du ja.« Der Gebrauch seines Vornamens klang gezwungen, war ungewohnt aus ihrem Mund. »Hier bin ich.« Er erreichte schwer atmend das Ende der Treppe und setzte ein verzerrtes Grinsen auf. Seine Lachmuskeln waren in letzter Zeit nicht überbeansprucht worden. »Gutes Timing. Ich bin gerade gekommen.

    Ich war mir nicht mehr ganz sicher, ob du in diesem Stockwerk wohnst.« Sie wirkte scheu und nervös und sah ihm nicht in die Augen, als sie mit ihm sprach. »Es ist schon spät«, sagte er mit rauher Freundlichkeit; ein letzter Versuch, sich anständig zu benehmen. »Ich weiß.« Sie wies auf die verschlossene Tür. »Kann ich hereinkommen?« Er zuckte mit den Schultern. Dann kam sie eben mit herein. Er dachte verlegen an das Durcheinander in dem Zimmer, knipste eine schwache Lampe an und schleuderte mit dem Fuß ein Kissen beiseite, als er

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