Der Mahlstrom: Roman (German Edition)
Frage.«
»Dann wird es wohl die Hunstad-Schule sein, verdammt.«
»Heißt die so?«
»Das ist doch verrückt!« Olaussen fegte trotzig ein paar Wettscheine zu Boden.
»Sie waren noch nie dort, oder?«
Olaussen schielte zu Rino. »Vielleicht war ich ja nicht erwünscht.«
»Und was könnte der Grund sein?«
»Die Zicke hasst mich.«
»Ich nehme an, Sie meinen Tommys Mutter?«
»Sie ist kein guter Mensch.«
»Offensichtlich bildet sich hier aber irgendjemand ein, dass Sie derjenige sind, der nicht gut ist …« Rino setzte sich auf das sterbende Sofa. »… ja, tatsächlich hält er Sie sogar für ziemlich schlecht – in Ihrer Rolle als Vater.«
Olaussens Körpersprache verriet, dass er protestieren wollte, doch Rino hob abwehrend die Hand. »Es gehört nicht zu meinen Aufgaben, hier Noten zu vergeben, aber mir schwant, dass Sie ein … wie soll ich es formulieren … ein wenig interessierter Vater sind.«
»Da liegen Sie aber falsch.«
»Ich bin ziemlich sicher, dass ich da richtigliege. Alles deutet darauf hin, dass irgendjemand Sie bestrafen will, weil Sie sich von Ihrem Kind abgewandt haben.«
»Abgewandt?«
»Verstehen Sie das bildlich. Wenn Sie sich nicht so wirklich interessieren, haben Sie ihm den Rücken zugewandt.«
»Aber die Ziege hat mir doch selbst gesagt, ich soll abhauen. Die ist zufrieden, solange nur der Unterhalt kommt.«
»Wie heißt sie?«
»Renate Øverlid.« Er spuckte die Worte aus wie Erbrochenes.
»Dann nennen wir sie doch einfach mal Renate.«
Das Grunzen sollte wohl eine Antwort sein.
»Hat sie Ihre Beziehung beendet?«
»Welche Beziehung?« Olaussen entblößte eine Heineken-farbene Zahnreihe. »Einen Monat Chaos, that’s it.«
»Sie waren also nicht mehr zusammen, als Tommy zur Welt kam?«
»Nach einem Monat wollte sie nicht mehr. Heutzutage haben die Frauen ja das Sagen, falls Ihnen das noch nicht aufgefallen sein sollte.«
Rino hätte ihm da bedingt zustimmen können, aber er nahm an, dass Olaussen mit dieser Äußerung schon genug Zustimmung in diversen lustigen Runden geerntet hatte.
»Soll das heißen, dass Sie danach wenig oder gar keinen Kontakt mehr hatten?«
»Sie hat halt angerufen, als sie entdeckte, dass sie schwanger ist. Nur um mich darauf vorzubereiten, dass mich der Fick noch was kosten würde.«
»Hat sie das so gesagt?«
»Nicht direkt.«
Rino bezweifelte, dass sein Gesprächspartner besonders begabt darin war, zwischen den Zeilen zu lesen. »Und nach Tommys Geburt?«
»Da fand sie plötzlich, dass wir uns wie Erwachsene benehmen sollten.«
»Und?«
»Sie wollte, dass ich ihn sehe … also, ab und zu.«
»Haben Sie das gemacht?«
»Ein bisschen.«
»Ein bisschen was?«
»Sie war nicht interessiert.«
»Jetzt kann ich Ihnen nicht ganz folgen.«
Olaussen packte einen Spielschein, knüllte ihn zusammen und hielt ihn demonstrativ in die Höhe. »Geld, Geld, Geld. Dafür leben wir doch alle, oder?«
»Wollen Sie andeuten, dass sie Sie um Geld erpresst hat?«
»Erpresst, erpresst … was heißt schon erpresst.« Der Spielschein flog in die Küchenecke. »Sie hat nur betont, dass ich zahlen muss. Und dass … also nee, nee.« Der große Körper bebte vor gespieltem Gekicher. »Sie meinte, ich könnte gerne mal vorbeikommen und ab und zu den Kinderwagen schieben.«
»Haben Sie das gemacht?«
Olaussen schüttelte vehement den Kopf, als wäre dieser Vorschlag völlig wahnwitzig. »Kommen Sie, das bringt doch nichts. Die Zicke hat nichts damit zu tun.«
»Es kann auch sein, dass Renate nichts damit zu tun hat, aber wir machen trotzdem weiter. Haben Sie jemals den Kinderwagen geschoben?«
»Werden Sie nicht albern.«
»Antworten Sie mir.«
»Sie hatte einen neuen Typen. Sollte ich den Kleinen hin und her schieben, während er dasteht und blöd glotzt, hä?«
Rino war kurz in Versuchung, ihn um ein bisschen mehr Kreativität zu bitten, aber dann ließ er es bleiben. »Und später? Wie oft haben Sie Ihren Sohn gesehen?«
»Ab und zu.«
»Bei welchen Gelegenheiten?«
»Wenn ich sie in der Stadt getroffen habe.«
»Sonst nicht?«
Olaussen zögerte. »Ich hab’s versucht. Sie hat mir gesagt, ich soll mich verpissen.«
»Wann war das?«
Wieder nur Schulterzucken. »Vielleicht vor ein paar Jahren.«
»Das heißt, Sie haben Tommy nur dann gesehen, wenn Sie sich mehr oder weniger zufällig über den Weg gelaufen sind?«
»So hat es angefangen. Wir sind uns zufällig begegnet, oder besser gesagt: Sie ist mir zufällig
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