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Der Makedonier

Der Makedonier

Titel: Der Makedonier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Guild
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gut beherrschen.«
    »Sie sind zwar noch keine Akrobaten, aber immerhin stolpern sie nicht mehr im Schnee.« Philipp stieß mit dem Fuß in den Schnee, daß er hochstob – er war mindestens eine Spanne tief.
    »Wo sind deine Stiefel?« fragte Perdikkas entrüstet. »Du holst dir ja Frostbeulen in diesen Sandalen.«
    »Solange man sich bewegt, ist die Kälte nur unangenehm. Ich trage Sandalen, weil sie Sandalen tragen. Wenn wir in die Berge gehen, werde ich ihnen Stiefel geben. Ich will, daß ihnen der Feldzug im Vergleich zu dem hier vorkommt wie ein Fest.«
    Er lachte, aber Perdikkas schien seine Erheiterung nicht zu teilen.
    »Hast du wirklich vor, mit diesen unerfahrenen Truppen nach Elimeia zu gehen?«
    »Sie sind überhaupt nicht unerfahren. Einige der Soldaten aus der Garnison waren mit Alexandros in Thessalien. Aber ja, ich habe vor, mit ihnen nach Elimeia zu gehen. Ich glaube, ich hätte eine Meuterei auf dem Hals, wenn ich es nicht täte, denn sie sind ganz versessen auf den Kampf.«
    Philipp sah seinen Bruder mit leicht zusammengekniffenen Augen an. Der Dienst in den nördlichen Garnisonen war nicht mehr erwähnt worden, seit er vom König die Erlaubnis zur Aufstellung seiner Armee erhalten hatte, aber natürlich hatten beide Männer ihn nicht vergessen.
    Perdikkas wich dem Blick aus.
    »Derdas hat seine Überfälle entlang des Haliakmon verstärkt«, sagte er schließlich. »Es gibt bereits Männer im Rat, die glauben, daß er das Tal an sich reißen will.«
    »Das hat er schon, Bruder. Schließlich kassiert er dort mittlerweile Tribut.«
    »Wann kannst du aufbrechen?«
    »Nach dem Fest des Xandikos.«
    »Willst du nicht einmal den Frühling abwarten?«
    »Nein. Wir können uns besser bewegen, solange der Regen noch nicht alles in Schlamm verwandelt hat. Und Derdas wird es sich zweimal überlegen, bevor er einen zu großen Teil seiner Reiterei auf vereistem Boden in Gefahr bringt. Wenn der Frühling kommt, werde ich dir schreiben und dir von unseren Fortschritten berichten. Ich werde aus Aiane schreiben!«
    Er lächelte, doch Perdikkas vermutete, daß er es ernst meinte.
    Der König wandte seine Aufmerksamkeit den kämpfenden Phalangen zu, von denen die eine eben die vorderen Reihen der anderen durchbrach. Wäre es eine wirkliche Schlacht gewesen, wäre das der entscheidende Augenblick.
    »Ich nehme an, wir haben keine andere Wahl«, sagte er.
    »Nein, absolut keine.«
     
    Es schneite am Fest des Xandikos, und wie es gelegentlich vorkommt in Makedonien, war der letzte Schneefall des Winters der schlimmste. Äste brachen unter seinem Gewicht, und der Wind türmte Verwehungen auf, die manchmal den Pferden bis zum Bauch reichten. Der Schnee war hart und krustig, so daß er einem Mann, der hindurchwatete, die Beine zerschnitt.
    Am Tag darauf führte Philipp seine Armee aus dem Lager, mit den Proviantkarren an der Spitze, damit sie für seine Fußsoldaten den Weg ebneten. Bei Einbruch der Nacht hatten sie nicht einmal hundert Stadien geschafft. Am nächsten Tag taute es, aber trotzdem brauchten sie fast sechs Tage, um den Fuß des Bermion zu erreichen.
    »Wir sind jetzt im Gebiet der Elimioten«, sagte Philipp seinen Männern. »Die Grenze liegt zwar noch einen Tagesmarsch im Westen, aber in letzter Zeit hat Derdas Grenzen wenig Beachtung geschenkt. Jeden Augenblick können wir auf eine große Einheit seiner Reiterei treffen, und wir müssen uns deshalb in eine Lage versetzen, daß es dem Feind gar nicht in den Sinn kommt, uns anzugreifen. Das heißt, wir werden heute abend und an jedem Abend, bis wir in Aiane sind, Verteidigungslinien errichten.«
    Die Erde unter dem Schnee war noch gefroren, und die Männer fluchten, als sie Gräben ausheben und Wälle aufschütten mußten. Philipp sandte Patrouillen aus, und als die Männer bei Sonnenuntergang zurückkehrten, stand ihnen das Entsetzen ins Gesicht geschrieben, denn sie waren zwar nicht auf den Feind gestoßen, aber auf das, was er zurückgelassen hatte.
    »Ein Dorf, kaum mehr als eine Stunde von hier entfernt«, berichtete der Hauptmann. »Wir haben über fünfzig Leichen gezählt. Alte Männer, Frauen, sogar Kinder, anscneinend haben sie jeden getötet. Der ganze Ort stinkt nach Blut.«
    In dieser Nacht wurde ein Soldat, der aus diesem Dorf stammte, wahnsinnig und stürzte sich in sein Schwert.
    Tags darauf meldete eine der Patrouillen Feindberührung. Philipp hatte Befehl gegeben, den Kampf zu vermeiden, aber es war zu einem kurzen Gefecht gekommen, und

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