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Der Makedonier

Der Makedonier

Titel: Der Makedonier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Guild
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praktisch den Rang eines Staatsministers einnahm.
    Und er haßte Athen. Aus Gründen, über die er nicht gern sprach, durfte er nie mehr in seine Heimatstadt zurückkehren. Perdikkas fragte ihn auch nicht danach – ihm war es gleichgültig. Wenn Euphraeos ein Schurke war, dann wenigstens ein schlauer und außerdem ein ergebener Diener des Königs. Das reichte Perdikkas.
    »Wenn Timotheos in Chalkidike stolpert und die thebanische Flotte noch in diesem Sommer fertig wird, dann sieht alles ganz anders aus«, fuhr er fort. »Dann kannst du dir aussuchen, welches Bündnis du eingehst.«
    »Vor allem wenn unsere Reiterei sich gut schlägt.«
    Euphraeos nickte zustimmend.
    »Vor allem dann, mein König.«
    Perdikkas ließ den Blick über den Tisch schweifen und blieb schließlich bei einer Rolle hängen, die mit der großen, ungelenken Handschrift seines Bruders bedeckt war.
    »Philipp kommt nächsten Monat«, sagte er wie zu sich selbst. »Er will, daß ich seine Gemahlin empfange.«
    »Das kann nichts schaden, mein König.«
    »Vielleicht sollte ich ihm den Oberbefehl über die Truppe geben, die ich Timotheos leihe. Vielleicht kostet es ihn diesmal das Leben.«
    »Oder er erringt noch einen eindrucksvollen Sieg.« Euphraeos schüttelte langsam den Kopf. Er verstand sehr genau, welche zwiespältigen Gefühle der König seinem Bruder gegenüber hegte. »Es ist nie weise, einen Untergebenen in der allgemeinen Achtung zu hoch steigen zu lassen. Zuviel Lob auf einem jungen Haupt kann für einen Staat verheerende Wirkung haben.«
    »Philipp ist mir treu ergeben«, erwiderte Perdikkas mit tadelnder Stimme. Nach allem, was geschehen war, erschien es ihm unwürdig, daran noch zu zweifeln.
    »Jetzt ist er treu, ja. Und es ist ratsam, dafür zu sorgen, daß er es auch bleibt. Du könntest ihn ja einen Heerführer bestimmen lassen.«
    Perdikkas sah seinen Diener streng an, nickte dann aber. »Das kann nichts schaden«, sagte er.
    »Nein, mein König. Das kann wirklich nichts schaden.«
    »Und vielleicht sollte wenigstens ein Teil der Truppe aus seiner Armee kommen.«
    »Vielleicht sogar ein großer Teil, mein König. Die Leichtigkeit, mit der er die Eordioten besiegt hat, scheint darauf hinzudeuten, daß seine Armee den Verlust von einigen Reitern gut verschmerzen kann.«
    So traf, noch bevor Philipp seine Gemahlin nach Pella gebracht hatte, nahezu die Hälfte seiner Reiterei unter Führung von Lachios in der Stadt ein und reiste sofort weiter, um die Athener bei der Belagerung von Amphipolis zu unterstützen.
    »Ich bestehe nicht darauf, daß du den Befehl übernimmst«, hatte Philipp zu ihm gesagt, als sie in einer Exerzierpause gemeinsam einen Krug Wein leerten. Sie saßen mit dem Rücken an das Rad eines Versorgungswagens gelehnt, und ihre Pferde wurden in einigen Schritt Entfernung von einem Stallburschen trockengerieben. Es war der erste richtig warme Tag seit dem Frühlingsanfang. »Du bist meine erste Wahl, aber Chalkidike ist weit weg, und ich könnte verstehen, daß du dich weigerst.«
    »Mich weigern? Nicht für ein Königreich würde ich mir das entgehen lassen. Ich hätte es nur gern, wenn du auch mitkommen würdest. Ich kämpfe nicht gern unter einem fremden Feldherrn.«
    »Ich bin doch einer aus dem Flachland.«
    »Ja, aber ich habe beschlossen, dir das zu verzeihen. Wenigstens bist du kein Athener. Dieser Timotheos soll ja angeblich nicht einmal ein richtiger Soldat sein.«
    »Er ist ein Politiker.«
    »Ein was?«
    »Er will seinen Einfluß in Athen vergrößern, und deshalb möchte er bei diesem Feldzug eine gute Figur machen. Du hast recht, ihm nicht zu trauen. Deshalb will ich ja, daß du gehst.«
    Lachios schüttelte den Kopf und wischte sich dann die Augen, als hätte man ihn eben aufgeweckt. »Das ist mir zu hoch«, sagte er.
    »Ich will nicht, daß er unsere Männer abschlachten läßt, nur um die seinen zu schützen. Du sollst dafür sorgen, daß die Athener nicht bis zum letzten Makedonier kämpfen.«
    »Darf ein Untertan seinem König eine Frage stellen?«
    »Frag.«
    »Warum will dein Bruder sich gerade an diesem Feuer die Finger verbrennen?«
    Philipp stand auf, runzelte die Stirn und warf dann den leeren Weinkrug zu Boden, der ein Stückchen weit rollte und dann liegenblieb. Die Pause war vorüber, die Arbeit wartete auf sie.
    »Ich glaube nicht, daß er eine andere Wahl hat.«
     
    Gegen Ende des Sommers machte Philipp sich mit seiner Gemahlin, dem jungen Deucalion und einer Ehrengarde von fünfzig

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