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Der Makedonier

Der Makedonier

Titel: Der Makedonier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Guild
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vielleicht war es das.«
    Als dächten die beiden Männer in diesem Augenblick dasselbe, sahen sie gleichzeitig zu dem Lichtstreifen hinüber, der aus dem Zelt des Königs fiel.
    »Ich frage mich, wie er es erträgt«, sagte Lachios wie zu sich selbst.
     
    Als Arrhidaios’ Söldnerarmee in Sichtweite kam, ritt Philipp auf eine Anhöhe, um einen besseren Überblick zu haben. Seine eigene Fußtruppe war nur knapp tausend Mann stark, bei der Reiterei allerdings war er überlegen, auch wenn der Unterschied nur vierzig oder fünfzig Mann betrug. Es konnte reichen.
    »Stellt unsere Reiterei in zwei Flügeln auf, mit dem Schwerpunkt auf der rechten Seite«, befahl er. »Gebt dem Feind noch etwa hundertfünfzig Schritt, bevor ihr gegen seine Fußtruppen vorrückt. Wenn ich mich nicht täusche, sind deren Reihen dann schon in Auflösung begriffen. Greift sie von beiden Seiten gleichzeitig an. Sie dürfen keine Gelegenheit zur Neuaufstellung bekommen.«
    Seine Truppenführer, zu denen jetzt auch Epikles und dessen Offiziere gehörten, stellten sich im Kreis um ihn auf, während er mit der Bronzespitze eines Pfeils seinen Schlachtplan in den Staub zeichnete. Niemand außer ihm sagte etwas. Niemand kam auf den Gedanken, zu widersprechen, denn Tatsachen stellt man nicht in Frage, und Philipp hatte die Gabe einer äußerst lebhaften und einleuchtenden Darstellung. Es war, als hätte er die Schlacht in seiner Vorstellung bereits geschlagen und als wäre der Feind, wie der Held einer Tragödie, bereits im voraus dem Untergang geweiht.
    »Brecht hier, zwischen dem linken Flügel und der Mitte, durch die Reihen ihrer Fußsoldaten. Unsere Fußtruppen werden dann in diese Lücke nachstoßen, und ich glaube, damit ist die Sache erledigt. Diese Männer sind Söldner, die keinen Sold mehr zu erwarten haben, und sie werden deshalb nur noch ihr Leben retten wollen. Es ist mein Wunsch, daß den Männern aus Aigai die Ehre zuteil wird, den Angriff anzuführen – sie haben es sich verdient.«
    Zwei Stunden später, bei Sonnenuntergang, war alle vorüber und Arrhidaios vernichtend geschlagen. Das Schlachtfeld gehörte jetzt den Toten und den Sterbenden und die einzigen Geräusche kamen von Pferden, die zu schwer verwundet waren, um sich noch einmal zu erheben. Sie schrien wie Frauen im Kindbett.
    Die Söldner waren besiegt, und gut die Hälfte von ihnen, darunter auch ihr Anführer, war tot. Von den Überlebenden waren fast alle gefangengenommen worden. Sie standen in trostlosen kleinen Gruppen herum und wirkten so entmutigt, daß eine Bewachung kaum nötig schien. Die meisten feindlichen Reiter, alles Makedonier, die gewußt hatten, was ihnen drohen würde, wenn sie die Waffen streckten, waren ebenfalls tot.
    Eine winzige Truppe allerdings, die noch im Besitz ihrer Waffen war, hatte auf einer Anhöhe etwas abseits des Schlachtfelds Zuflucht und vermeintliche Freiheit gefunden. Aber ihre Lage war hoffnungslos. Sie konnte nur abwarten und sich fragen, warum man sie verschont hatte. Es war fast so, als wäre sie in dem Kampf, der um sie herum tobte, einfach vergessen worden.
    Doch man hatte sie nicht vergessen. Philipp hatte sich nur zurückgehalten und sechs Kompanien ausschwärmen lassen, um jede Flucht unmöglich zu machen. Da das Licht schwächer wurde, entzündeten sie am Fuß der Anhöhe riesige Feuer.
    Philipp saß auf der Deichsel eines Wagens und ließ sich von einem Arzt aus Aigai mit der rotglühenden Bronzespitze eines Pfeils eine Armwunde säubern, während die Truppenführer ihm ihre Verluste und die Namen aller erwähnenswerten Gefangenen meldeten. Der Arzt war unsicher, weil er nun plötzlich einen König versorgen mußte, und vielleicht dauerte deshalb die Behandlung länger als sonst, was die Laune seines Patienten nicht gerade besserte.
    »Epikles ist tot«, sagte man ihm. »Es war ein Unfall: E in verwundetes Pferd ist gestürzt und hat ihn mit dem Huf am Kopf getroffen, während er gerade mit dem Reiter beschäftigt war. Weniger als dreißig Mann aus der Garnison wurden getötet, und er mußte dabeisein.«
    Philipp sah aus, als hätte er gar nicht zugehört. In seinem Kopf hörte er die Stimme eines rotgesichtigen Soldaten, der zu ihm sagte: Wir gehören dir bis zum letzten Mann.
    »Habt ihr meinen Bruder gefunden?« fragte er schließlich. Es war ihm nicht anzusehen, ob er der Antwort mit Freuden entgegensah oder sie fürchtete.
    »Er wurde nicht gefangengenommen. Wenn er unter den Gefallenen ist, werden wir das erst

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