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Der Maler und die Lady (German Edition)

Der Maler und die Lady (German Edition)

Titel: Der Maler und die Lady (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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ihren Arm und wirbelte sie herum. Als sie gegen seinen Körper prallte, war es an ihr, überrascht zu sein.
    „Sie haben mich überrumpelt“, sagte er leise. „Ich kann mehr als nur nett sein.“
    Er nahm von ihrem Mund Besitz und hielt sie an sich gepresst, als wäre sie ein Teil von ihm. Sie hatte etwas Ursprüngliches, Zeitloses. Sie erinnerte ihn an einen Herbstwald am Abend, dunkel, prickelnd und geheimnisvoll.
    Der Kuss dauerte, wurde unbeabsichtigt leidenschaftlicher. Wie so oft war Laras Erwiderung spontan und uneingeschränkt. Ihre Hände glitten über Anatoles Schultern, berührten seinen Hals und umschlossen sein Gesicht, als wollte sie ihn schon jetzt modellieren. Es vibrierte zwischen ihnen.
    Im Moment regierten nur Gefühle. Lara war das nichts Neues,Anatole hingegen war nicht daran gewöhnt. Im allgemeinen ließ er sich von Vernunft leiten, aber diese Situation war nicht mit dem Verstand zu bewältigen. Es gab nur Erregung und Leidenschaft, Begehren und Verlangen, Sehnsüchte, für die er weder Fragen noch Antworten wusste.
    Zögernd gab er Lara schließlich frei und riet sich zur Vorsicht, denn er war es gewohnt zu gewinnen.
    Noch immer spürte Lara seinen Kuss. Während sein Atem ihre Lippen streifte, wurde ihr klar, wie sehr sie Anatole verkannt hatte. In ihrem Kopf drehte sich alles. So etwas hatte sie noch nie erlebt. Die Regung war ihr geläufig, wenn das Blut in Wallung geriet und das Herz schneller zu schlagen begann, aber für das wohlige Schwindelgefühl hatte sie keine Erklärung.
    Weil Anatole nicht wusste, wie lange er Lara gegenüber noch im Vorteil sein würde, fragte er lächelnd: „War das besser?“
    „Ja.“ Sie wartete einen Moment, bis sie das Gefühl hatte, wieder festen Boden unter den Füßen zu haben.
    „Das war eine beachtliche Verbesserung.“ Genau wie ihr Vater hatte sie ein sicheres Gespür, wann es ratsam war, den Rückzug anzutreten. Sie löste sich aus Anatoles Armen und ging zur Tür. Sie musste überlegen, über das Geschehene nachdenken. „Wie lange bleibst du, Anatole?“
    „Vier Wochen“, erwiderte er und fand es merkwürdig, dass sie es nicht wusste.
    „Hast du die Absicht, mit mir zu schlafen?“ Hin und her gerissen zwischen Amüsiertheit und Bewunderung starrte er sie an. Er schätzte Freimütigkeit, aber an derart unverblümte Direktheit war er nicht gewöhnt. Er beschloss, es ihr mit gleicher Münze heimzuzahlen. „Ja.“
    Sie nickte und ignorierte den kleinen Schauer des Entzückens, der ihr den Rücken hinunterlief. Sie spielte gern, und sie gewann gern. Lara spürte, das Spiel zwischen ihr und Anatole hatte eben erst begonnen. „Ich werde darüber nachdenken. Gute Nacht.“

2. KAPITEL
    D ie Morgensonne strahlte durch die hohen Fenster des Esszimmers und warf gleißende Lichtkringel auf den Fußboden. Die Bäume vor dem Haus prangten in glutvollen Septemberfarben. Das Laub leuchtete in allen Schattierungen von Lachs bis Dunkelrot, unterbrochen von goldenen und rostfarbenen Klecksen und dem letzten, sich hartnäckig haltenden Grün. In den Rabatten entlang der Rasenflächen blühten Herbstblumen in verschwenderischer Fülle, und die Sträucher glühten wie Feuer. Anatole hatte für die Pracht kein Auge. Er studierte Fairchilds Gemälde.
    Er blieb vor einem im Stil Gainsboroughs gemalten Bild stehen, das ein kleines Mädchen zeigte. Glänzende schwarze Locken fielen ihr bis auf die Schultern. Sie trug ein weißes in der Taille gekräuseltes Musselinkleid mit einem Glockenrock, weiße Söckchen und hübsche schwarze Spangenschuhe. Eine breite pinkfarbene Schleife, die man der Kleinen um die Taille gebunden hatte, und der Korb voller dunkelroter Rosen, der an ihrem Arm hing, setzte die einzigen Farbakzente. Aber dieses Kind war kein schüchternes Blumenmädchen.
    Aufrecht stand es da, den Kopf in kindlicher Blasiertheit ein wenig zur Seite geneigt. In dem kleinen Lächeln spiegelte sich der Schalk, und in ihren großen grauen Augen schienen boshafte kleine Teufel zu tanzen. Als das Bild entstand, mochte sie höchstens elf oder zwölf Jahre alt gewesen sein. Schon damals war Lara ein äußerst kesses Wesen.
    „Ist sie nicht ein entzückendes Kind?“, fragte Lara von der Tür, wo sie seit gut fünf Minuten stand. Ihr Vergnügen, Anatole zu beobachten und seine Reaktionen zu deuten, war gewiss mit seiner eigenen Freude vergleichbar, die er beim Studium des Gemäldes empfunden hat te.
    Kerzengerade wie ein Pennäler stand er vor ihr, hatte jedoch die

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