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Der Maler und die Lady (German Edition)

Der Maler und die Lady (German Edition)

Titel: Der Maler und die Lady (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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hatte jemals derartige Gefühle in ihr erweckt und kein anderer als Anatole würde es je können. Etwas in ihrem Innern öffnete sich ihm. Sie würde sich nicht dagegen wehren, sie würde sich hingeben. Ein Ausdruck echter, gefühlsbedingter, nicht körperlicher Unschuld lag in ihrem Blick. Als Anatole ihn entdeckte, flammte erneut Verlangen in ihm auf.
    Sie ist eine Hexe, sagte er sich, Circe und Loreley in einer Person. Er musste sich zurückziehen, ehe er diese Tatsache vollkommen vergaß. „Du musst dich umziehen.“
    „Anatole …“ Immer noch verwirrt streckte sie die Hand aus und berührte sein Gesicht.
    „Betone deine Augen mit Schminke.“ Er erhob sich, ehe er Gefahr lief, doch noch von der Klippe zu springen.
    „Meine Augen?“ Sie starrte ihn an. Ihr Kopf war wie ausgehöhlt, ihr Körper bebte noch vor Erregung.
    „Und lass die Haare offen.“ Anatole schlenderte zur Tür, als Lara sich mühsam auf die Ellbogen stützte. „Ich gebe dir zwanzig Minuten.“
    Den Triumph würde sie ihm nicht gönnen, ihn merken zu lassen, wie sehr er sie verletzt hatte. Nicht einmal sich selbst gestand sie die Zurückweisung ein. „Du bist einer von den ganz Abgebrühten, nicht wahr?“, fragte sie leise. „Und so aalglatt, wie mir noch keiner begegnet ist. Aber auch du könntest dich eines schönen Tages zu meinen Füßen sehen.“
    Sie wusste nicht, wie recht sie hatte. Er hätte sie erwürgen können. „Das Risiko nehme ich auf mich.“ Mit einem Nicken verließ er das Zimmer. „Zwanzig Minuten“, rief er noch über die Schulter.
    Lara ballte die Hände zu Fäusten und entspannte sie dann wieder. „Du wirst noch auf den Knien vor mir liegen … das schwöre ich dir.“

5. KAPITEL
    S olange Anatole noch allein in Laras Studio war, suchte er nach dem Mechanismus für den Geheimgang. Er tat es eigentlich nur aus Neugier, denn er bezweifelte, einen Raum durchsuchen zu müssen, zu dem man ihm freien Zugang gestattet hatte. Dennoch war er zufrieden, als er den Knopf entdeckte. Die Paneeltür öffnete sich ebenso laut quietschend wie all die anderen. Nach einem kurzen Blick in den Geheimgang schloss er die Tür wieder und kehrte zum ersten Punkt der Tagesordnung zurück – zum Malen.
    Er hatte diese Tätigkeit nie als Arbeit angesehen, aber ein Vergnügen stellte sie auch nicht immer dar. Der Drang zu malen konnte sich als zarter, liebevoller Anstoß äußern und dann wieder wie ein schmerzender und schneidender innerer Zwang sein. Die Malerei war kein Job, den man verrichtete, wohl aber eine Arbeit, die ebenso anstrengend sein konnte wie das Ausheben eines Grabens mit Schaufel und Pickel.
    Wie als Mensch, so war auch der Maler Anatole Haines übergenau. Vielleicht war er auch konventionell, wie Lara ihn charakterisierte. Aber er war nicht dogmatisch. Ganz im Gegenteil zu ihr liebte er Ordnung um sich. Bemerkenswert war jedoch, dass seine Kreativität aus den gleichen Wurzeln erwuchs wie ihre. Sie konnte eine Stunde lang auf ein Stück Holz starren, ehe es sich mit Leben erfüllte. Ganz genauso ging es ihm mit der Leinwand. Lara würde einen inneren Ruck, einen physischen Ansporn verspüren, sobald sie gefunden hatte, wonach sie suchte. Anatole würde denselben unsichtbaren Stoß empfinden, sobald eine seiner unzähligen Skizzen plötzlich seine Aufmerksamkeit erregte.
    Er traf die nötigen Vorbereitungen und war ruhig und ausgeglichen. Die leere Leinwand auf der Staffelei wirkte abwartend. Sorgfältig wählte er drei Stück Zeichenkohle aus, die er zunächst benutzen wollte.
    Er sah eben seine ersten zwanglosen Skizzen durch, als er Laras Schritte hörte.
    Sie blieb in der Tür stehen, warf den Kopf in den Nacken und sahAnatole unverwandt an. Mit bewusster Bedachtsamkeit legte er den Skizzenblock auf den Arbeitstisch.
    Locker und füllig fiel Laras Haar über die Schultern, die das gestreifte Seidenoberteil verbarg. Bei jeder Bewegung wippten die goldenen Ohrringe und das halbe Dutzend Armbänder an ihrem Gelenk. In ihren durch das intensive schwarze Make-up verdunkelten Augen glomm noch immer die Erregung. Mühelos konnte er sie sich als Zigeunerin vorstellen, die beim Klang der Geigen und Tamburins um ein offenes Feuer wirbelte.
    Sich des Aussehens, den ihr Auftritt verursacht hatte, wohl bewusst, stemmte Lara beide Hände in die Hüften und trat in das Atelier. Der weite leuchtendrote Rock schwang um ihre Beine. Vor Anatole blieb sie stehen, drehte sich zweimal im Kreis und legte den Kopf jedes Mal so, dass

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