Der Maler und die Lady (German Edition)
heftig ins Gesicht, dass sie taumelte. Sie gab keinen Laut von sich. Ihre Augen waren nur noch dunkle Schlitze, in denen es gefährlich glitzerte. Der Schmerz bedeutete ihr nichts. Für sie zählte nur, wer ihn verursacht hatte und dass sie keine Möglichkeit hatte, es Stuart heimzuzahlen. Noch nicht.
„Dein Benehmen bestätigt meine Meinung über dich“, sagte Lara gefasst und strich sich mit den Fingern über das Gesicht. „Du bist nur zweite Wahl.“
Er war drauf und dran, sie ein zweites Mal zu ohrfeigen, beherrschte sich aber und ballte die Hände zu Fäusten. Im Moment brauchte er Lara noch. „Genug der Spielchen. Ich will den Rembrandt.“
„Eher würde ich das Bild mit einem Messer zerschneiden, als zuzulassen, dass Papa es dir aushändigt. Du hast verspielt, Stuart.“ Sie wehrte sich nicht, als er sie hart an den Armen packte.
„Ich gebe euch zwei Tage, Lara. Sage deinem Vater, ich lasse ihm zwei Tage Bedenkzeit. Dann wirst du mir dafür zahlen.“
„Drohungen und körperliche Gewaltanwendung sind deine einzigen Waffen.“ Plötzlich verwandelte sich ihr Zorn. Ihre Stimme klang eisig. „Ich bin nicht wehrlos, Stuart. Schließlich werden sich meine Waffen als die schlagkräftigeren erweisen. Sollte ich jemals sotief sinken und deine aus der Gosse stammenden Methoden anwenden, würde es dir an der geistigen Fähigkeit mangeln, dich meiner zu erwehren.“ Lara stand vollkommen still und hielt die Augen auf ihn gerichtet. Stuart verwünschte sie, musste sich aber eingestehen, dass sie recht hatte. „Du bist eine Schlange“, fügte sie leise hinzu. „Du kannst den Hals nicht voll genug kriegen. Dass du stärker bist als ich, ist nur von vorübergehender Bedeutung.“
„Von sehr vorübergehender“, sagte Anatole und schloss die Tür hinter sich. Die Kälte in seiner Stimme stand Lara ins nichts nach. „Lassen Sie sie los.“
Die schmerzhafte Umklammerung ihrer Arme ließ nach. Sie beobachtete den um Fassung ringenden Stuart. Sorgfältig richtete er seine Krawatte. „Denke daran, was ich dir gesagt habe, Lara. Es könnte wichtig sein.“
„Du erinnerst dich doch, wie Byron die Rache einer Frau schildert“, hielt sie ihm entgegen und rieb sich die Arme, um die Blutzirkulation wieder in Gang zu bringen. „Wie der Sprung eines Tigers – tödlich rasch und vernichtend.“ Sie ließ die Arme sinken. „Erinnere dich daran, es könnte für dich wichtig sein.“ Sie drehte sich um, trat ans Fenster und schaute wie blind hinaus.
Anatole hatte immer noch die Hand auf dem Türknauf, als Stuart auf ihn zukam. „Wenn Sie sie noch einmal anrühren, bekommen Sie es mit mir zu tun.“ Langsam dreht Anatole den Knauf und öffnete die Tür. „Denken Sie daran.“ Die Partygeräusche drangen herein und verstummten wieder, nachdem Anatole die Tür hinter Stuarts Rücken geschlossen hatte.
„Nun, denn“, setzte Anatole an, bemüht seine Wut zu unterdrücken. „Ich glaube, ich muss dafür dankbar sein, dich nicht als verlassene Ex-Verlobte vorzufinden.“ Er hatte dem Gespräch immerhin so viel entnommen, dass der Rembrandt die Wurzel allen Übels war. Aber dieses Thema schob er zunächst einmal beiseite und trat auf Lara zu. „Stuart ist ein armseliger Verlierer, und du bist wirklich erstaunlich. Die meisten Frauen hätten geweint und gefleht, aber du standest da und warfst mit Beleidigungen um dich.“
„Bitten und Betteln liegt mir nicht“, sagte sie so unbeschwert wie möglich. „Und vor Stuart würde ich mich nie so weit erniedrigen und in Tränen ausbrechen.“
„Aber du zitterst“, sagte Anatole leise und legte die Hände um ihre Schultern.
„Nur aus Wut.“ Lara holte tief Luft und atmete dann langsam aus. Es machte ihr nichts aus, dass ein anderer Zeuge ihrer Schwäche geworden war. „Ich weiß deine Ritterlichkeit zu schätzen.“
Anatole grinste und drückte einen Kuss auf Laras Haar. „Keine Ursache. Warum …“ Er ließ den Satz unvollendet, drehte sie zu sich herum, und sah sie an. Stuarts Hand hatte einen verschwommen dunklen Fleck auf Laras Armen hinterlassen, der dennoch deutlich sichtbar war. Als Anatole die Hand an ihre Wange legte, blickten seine Augen kalt – kälter und gefährlicher, als Lara sie je erlebt hatte. Ohne ein Wort zu sagen, drehte er sich auf dem Absatz um und eilte zur Tür.
„Nein!“ Sich der Verzweiflung zu ergeben, war absolut untypisch für Lara, aber in diesem Moment wusste sie, wie ein Mensch sich dabei fühlte. Sie packte Anatole am Arm.
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