Der Maler
Ultraschall ansehen.«
Er streifte das Hemd hoch und bestrich Elizabeths Bauch mit einem Gleitmittel. Dann drückte er den Schallkopf des Geräts auf ihre Haut und bewegte ihn hin und her.
»Da haben wir's!« sagte er und lächelte zum erstenmal. »Das, meine Damen und Herren, ist eine sehr hübsche Eihaut.«
Elizabeth strahlte. Sie griff nach Michaels Hand und drückte sie.
Der Arzt bewegte den Schallkopf weiter. »Und hier haben wir eine zweite sehr hübsche Eihaut«, stellte er fest.
»O Gott!« sagte Michael.
Der Arzt stellte das Gerät ab. »Ziehen Sie sich bitte an und kommen Sie in mein Büro. Wir müssen einiges besprechen. Und noch etwas: Glückwunsch!«
»Wenigstens brauchen wir uns kein größeres Haus zu kaufen«, sagte Michael, als er hinter Elizabeth ins Schlafzimmer hinaufging. »Mir ist ein Stadthaus mit sechs Schlafzimmern in Georgetown schon immer viel zu groß für zwei vorgekommen.«
»Michael, hör auf, so zu reden. Ich bin vierzig. In meinem Alter ist eine Schwangerschaft ziemlich risikoreich. Da kann noch viel schiefgehen.« Sie streckte sich auf dem Bett aus. »Ich habe Hunger.«
Michael legte sich neben sie und sagte: »Ich muß immer wieder daran denken, wie du mit Gleitmittel eingerieben ausgesehen hast.«
Sie küßte ihn. »Hände weg! Du hast gehört, was der Arzt gesagt hat. Ich soll ein paar Tage liegen und mich schonen. Jetzt ist das gefährlichste Stadium.«
Er küßte sie ebenfalls. »Ja, ich weiß.«
»Geh runter und mach mir ein Sandwich.« Michael stand auf und ging in die Küche hinunter. Er machte Elizabeth ein Sandwich mit Truthahn und Emmentaler, schenkte ein Glas Orangensaft ein, stellte alles auf ein Tablett und trug es nach oben.
»Daran könnte ich mich gewöhnen.« Sie biß von ihrem Sandwich ab. »Wie war's in Langley?«
»Ich bin offenbar zum Unberührbaren erklärt worden.«
»So schlimm?«
»Schlimmer.«
»Von wem hast du das?« fragte Elizabeth und zeigte auf die Schachtel in Geschenkpapier.
»Von Carter.«
»Willst du's nicht aufmachen?«
»Ich denke, ich kann ohne eine weitere Cross-Schreibgarnitur überleben.«
»Gib her«, sagte sie und riß das Geschenkpapier auf. Eine rechteckige Schachtel kam zum Vorschein, in der ein Stapel Dokumente lag, die alle mit »Streng geheim« gestempelt waren.
»Michael, ich glaube, die solltest du dir ansehen«, sagte Elizabeth.
Sie hielt die Papiere Michael hin, der sie rasch durchblätterte.
»Was ist das, Michael?«
Er sah sie an. »Das ist die CIA-Akte eines KGB-Killers mit dem Decknamen Oktober.«
38
AMERIKANISCH-KANADISCHE GRENZE
Delaroche wartete aufs erste Tageslicht. Er hatte südlich von Montreal, weitab von der Straße, ein gutes Versteck in den Wäldern gefunden, das nur etwa drei Meilen von der Grenze entfernt war. Astrid, die neben ihm auf der Ladefläche des Range Rover schlief, hatte sich unter einer schweren Wolldecke zusammengerollt. Sie hatte Delaroche gebeten, von Zeit zu Zeit den Motor laufen zu lassen, damit es im Wagen warm blieb, aber das hatte er abgelehnt, weil das Geräusch sie verraten konnte. Er berührte ihre Hände. Sie waren eiskalt.
Um halb sieben stand er auf, goß Kaffee aus einer Thermoskanne in einen Becher und bereitete eine große Schale Haferflocken mit Milch zu. Astrid gesellte sich zehn Minuten später mit Daunenjacke und Fleecemütze vermummt zu ihm.
»Gib mir einen Schluck Kaffee«, sagte sie, griff nach der Schale und aß die restlichen Haferflocken auf.
Delaroche verstaute ihre Vorräte in zwei kleinen Rucksäcken, gab den leichteren Astrid und behielt den anderen selbst. Die Beretta steckte er vorn in seinen Hosenbund. Bevor sie aufbrachen, kontrollierte er rasch den Geländewagen, um sich zu vergewissern, daß sie nichts zurückgelassen hatten, was einen Hinweis auf ihre Identität hätte geben können. Den Range Rover würden sie hier stehen lassen; hinter der Grenze sollte ein anderer für sie bereitstehen.
Sie marschierten eine Stunde lang durch die Hügel über dem Lake Champlain. Sie hätten die Grenze überschreiten können, indem sie dem Ufer des zugefrorenen Sees folgten, aber diese Route erschien Delaroche zu ungeschützt. Obwohl in dem Range Rover zwei Paar Schneeschuhe gelegen hatten, hielt Delaroche es für besser, Bergstiefel zu tragen, weil nicht besonders viel Schnee lag. Astrid hatte Mühe, ihm bergauf, bergab und durch dichten Wald zu folgen. Schon unter idealen Voraussetzungen bewegte sie sich schlaksig und leicht unbeholfen; ihr
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