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Der Maler

Der Maler

Titel: Der Maler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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Baseballmützen und drei Männer, die Oktober hätten sein können. Er war nervös, das wußte er. Er rannte nach Georgetown zurück und kaufte sich im Booeymongers, einem bei Studenten beliebten Sandwichshop, einen Kaffee und trank ihn, während er die N Street entlang zu seinem Haus zurückschlenderte. Er duschte, zog sich um und verließ wieder das Haus. Aus dem Auto rief er Elizabeth im Büro an.
    »Ich fahre nach Langley«, sagte er. »Ich muß dort noch ein bißchen aufräumen.« Am anderen Ende herrschte sekundenlang Schweigen, bis Michael ihr hastig versicherte: »Keine Angst, Elizabeth, ich möchte diesen Nachmittag um nichts in der Welt versäumen.«
    »Danke, Michael.«
    »Okay, dann sehen wir uns in ein paar Stunden.«
    Michael überquerte die Key Bridge nochmals und bog auf den George Washington Parkway ab. Er war diese Strecke schon Tausende von Malen gefahren, aber als er jetzt nach Langley fuhr, um seinen Schreibtisch auszuräumen, sah er alles wie beim ersten Mal. Er sah riesige Pappeln, die der Herbst in Brand gesteckt zu haben schien, zahlreiche Wasserläufe, die von den felsigen Hügeln Virginias herabflossen, und steile Klippen über dem Potomac.
    Der Wachmann am Haupteingang gab Michaels Ausweisnummer ein, runzelte die Stirn und nickte ihm zu, er könne passieren. Michael fühlte sich wie ein Aussätziger, als er durch grell beleuchtete Korridore zum Zentrum für Terrorismusbekämpfung ging. Niemand sprach mit ihm; niemand sah ihn auch nur an. Nachrichtendienste sind nichts anderes als hochorganisierte Cliquen. Zieht ein Mitglied sich eine Infektionskrankheit zu, meiden es die anderen, um sich nicht anzustecken.
    In der »Baracke« war es still, als Michael hereinkam und zu seinem Schreibtisch ging. Er verbrachte eine Stunde damit, den Inhalt seiner Schreibtischschubladen zu sortieren und private Dinge von dienstlichen Unterlagen zu trennen. Noch vor einer Woche war er wegen seines mutigen Eingreifens in Heathrow gefeiert worden. Jetzt kam er sich wie ein Kicker vor, dem eben das spielentscheidende Feldtor mißlungen ist. Gelegentlich trat jemand zu ihm, legte ihm eine Hand auf die Schulter und entfernte sich rasch wieder. Aber niemand redete mit ihm.
    Als Michael gehen wollte, steckte Adrian Carter seinen Kopf herein und machte ihm ein Zeichen, in sein Büro zu kommen.
    Dort überreichte er Michael eine in Geschenkpapier verpackte Schachtel.
    »Ich dachte, ich sei bis zum Ende des Disziplinarverfahrens nur vom Dienst suspendiert«, sagte Michael, als er Carters Geschenk entgegennahm.
    »Richtig, aber das wollte ich dir sowieso geben«, antwortete Carter, dessen Blick mit hängenden Lidern mürrischer denn je wirkte. »Mach's lieber erst zu Hause auf. Einige Leute hier würden es vielleicht nicht so witzig finden.«
    Michael schüttelte ihm die Hand. »Danke für alles, Adrian.
    Wir sehen uns bestimmt mal wieder.«
    »Ja«, sagte Carter. »Paß gut auf dich auf, Michael.«
    Michael verließ das Gebäude und ging über den Parkplatz zu seinem Wagen. Er legte Carters Geschenk in den Kofferraum und setzte sich ans Steuer. Als er durchs Tor fuhr, fragte er sich, ob er jemals zurückkommen würde.
    Michael war mit Elizabeth im Georgetown University Medical Center verabredet. Er überließ seinen Jaguar dem Parkwächter und fuhr mit dem Aufzug in die Arztpraxis hinauf.
    Als er das Wartezimmer betrat, war Elizabeth nirgends zu sehen.
    Einen Augenblick lang fürchtete er schon, ihren Termin verpaßt zu haben, aber dann kam sie mit ihren Aktenkoffern herein und küßte ihn auf die Wange.
    Eine Krankenschwester führte sie in den Behandlungsraum und legte ein steriles Hemd auf den Untersuchungstisch.
    Elizabeth knöpfte Rock und Bluse auf. Als sie den Kopf hob, sah sie, daß Michael sie anstarrte.
    »Mach die Augen zu.«
    »Eigentlich habe ich daran gedacht, die Tür abzusperren.«
    »Bestie!«
    »Danke.«
    Elizabeth zog das Hemd an und setzte sich auf den Untersuchungstisch. Michael spielte an den Knöpfen des Geräts zur Ultraschalldiagnose herum.
    »Läßt du das bitte?«
    »Entschuldige, ich bin ein bißchen nervös.«
    Der Arzt kam herein. Er erinnerte Michael an Carter: leicht verschlafen, etwas unordentlich, mit permanent gelangweilter Miene. Während er Elizabeths Krankenblatt las, runzelte er die Stirn, als könne er sich nicht zwischen Mahi-Mahi und dem gegrillten Lachs entscheiden.
    »Ihr HCG-Wert sieht sehr gut aus«, sagte er dann. »Er ist sogar ziemlich hoch. Das wollen wir uns mal mit

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