Der Maler
in dem dunklen Salon.
Er trug Jeans, Nike-Sportschuhe und einen Vliespullover von L.
L. Bean. Er sah zu dem anderen Mann auf. Sie waren seit zehn Tagen zusammen, aber sein Gefährte hatte nie mehr als das Nötigste gesprochen. In einer warmen Nacht vor der Küste Georgias hatte Mahmoud versucht, ihn in ein Gespräch zu verwickeln. Aber der Mann hatte nur gegrunzt und war in seine Kabine gegangen. Redete er einmal mit Mahmoud, was selten genug vorkam, sprach er das präzise akzentfreie Arabisch eines Mannes, der eine Sprache sehr gut gelernt hat, ohne jedoch ihre Feinheiten zu meistern. Als Mahmoud ihn nach seinem Namen fragte, fuhr der Mann sich mit einer Hand über sein kurzes schwarzes Haar, zupfte sich an der Nase und antwortete schließlich, wenn Namen nötig seien, solle er ihn Jassim nennen.
Aber das war bestimmt nicht sein richtiger Name. Für einen Jungen aus den Lagern im Gazastreifen war Mahmoud weit herumgekommen; seine Tätigkeit als Terrorist machte Reisen notwendig. Er kannte Rom, und er war in London gewesen.
Er hatte viele Monate in Athen verbracht und sich einen ganzen Winter lang bei einer Palästinenserzelle in Madrid versteckt. Dieser Mann, der Jassim genannt werden wollte und mit fremdartigem Akzent sprach, war kein Araber. Mahmoud, der ihn jetzt beobachtete, versuchte die Mischung aus seltsamen Zügen, die sein schweigsamer Komplize aufwies, geographisch und ethnisch einzuordnen. Er betrachtete sein Haar - fast schwarz und an den Schläfen grau meliert. Die Augen waren durchdringend blau, die Haut so blaß, daß sie beinahe weiß wirkte. Die Nase war lang und schmal, eine Frauennase, fand er, die Lippen voll und sinnlich, die Backenknochen weit auseinanderstehend. Vielleicht ist er ein Grieche, dachte er, vielleicht ein Italiener oder Spanier. Vielleicht ein Türke oder Kurde. Einen verrückten Augenblick lang dachte er sogar, er könnte ein Israeli sein.
Mahmoud beobachtete, wie der Mann, der Jassim genannt werden wollte, den Niedergang benutzte und unter Deck verschwand. Als er zwei Minuten später zurückkam, trug er einen langen, schlanken Gegenstand.
Mahmoud kannte nur ein Wort dafür: Stinger.
Als Jassim ihn jetzt ansprach, behandelte er Mahmoud, als verstehe er nichts von Fla-Raketen des Typs Stinger. Dabei kannte Mahmoud sie recht gut. Er wußte, daß die von der Schulter abzuschießende Version eineinhalb Meter lang war und genau fünfzehneinhalb Kilogramm wog. Er wußte, daß sie zur Zielansteuerung einen Wärmesuchkopf, einen passiven Infrarotsensor und einen Ultraviolettsensor besaß. Er wußte, daß ihre wirksame Reichweite bei etwa fünf Kilometern lag. Er hatte nie wirklich eine abgeschossen - die Raketen waren zu kostbar und zu teuer, um zu Übungszwecken verschossen zu werden -, aber er hatte Dutzende von Stunden damit geübt und wußte genau, was er zu tun hatte.
»Sie ist schon dafür eingestellt, ein großes, vierstrahliges Flugzeug anzusteuern«, sagte Jassim gerade. »Der Sprengkopf ist so programmiert, daß er in die Maschine eindringt, bevor er detoniert.«
Mahmoud nickte schweigend.
»Du richtest die Rakete aufs Ziel«, erklärte Jassim geduldig in seinem akzentfreien Arabisch. »Sobald das Zielsuchsystem das Ziel geortet und erfaßt hat, hörst du den Ton in deinem Kopfhörer. Wenn du den Ton hörst, schießt du die Rakete ab.«
Mahmoud schnippte eine weitere Marlboro aus der Packung und bot auch Jassim eine an. Der andere winkte ab und setzte seinen Vortrag fort.
»Sobald die Rakete abgeschossen ist, legst du die leere Abschußvorrichtung einfach ins Boot und kommst zur Jacht zurück.«
»Mir ist befohlen worden, die Abschußvorrichtung ins Wasser zu werfen«, sagte Mahmoud.
»Und ich befehle dir, sie hierher zurückzubringen. Nach dem Absturz der Maschine werden die Amerikaner den Meeresboden mit Sonar absuchen. Dabei haben sie verdammt gute Chancen, deine Abschußvorrichtung zu find en. Deshalb bringst du sie wieder zurück. Wir werfen sie weiter draußen über Bord.«
Mahmoud nickte. Er hatte andere Anweisungen, aber Jassims Erklärung für die Änderung klang vernünftig. Sie schwiegen beide etwa zwanzig Minuten lang. Mahmoud spielte mit dem Griffstück der Stinger. Jassim goß sich einen Kaffee ein und trank ihn in der kalten Nachtluft auf dem Achterdeck.
Dann ging Jassim auf die Brücke, um den Flugfunk abzuhören. Mahmoud, der im Salon blieb, konnte die knappen Anweisungen der Fluglotsen auf dem JFK International Airport mithören.
Am Heck der
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