Der Maler
nichts finden.«
»Sehr gut, Paul. Ich bin froh, daß Sie alle Tricks noch immer so gut beherrschen wie früher.«
Vandenberg gab keine Antwort. Ein Auto fuhr an ihnen vorbei, ein kleiner Toyota. Der Wagen bog an der 23rd Street links ab. Die Heckleuchten verschwanden in der Dunkelheit.
Der böige Wind frischte auf. Vandenberg schlug den Kragen seines Regenmantels hoch.
»Sie haben wirklich überzeugend argumentiert, Mitchell. Der Präsident ist sichtlich beeindruckt gewesen. Er wird morgen früh aufwachen und wissen, wie klug Ihr Vorschlag ist. Ich rufe die Fernsehgesellschaften an und vereinbare eine Live-Übertragung der Ansprache aus dem Oval Office.«
»Werden sie sich darauf einlassen?«
»Natürlich. Sie haben in der Vergangenheit gemurrt, wenn sie den Eindruck hatten, wir benutzten das Privileg einer Rede im Oval Office für offenkundig politische Zwecke. Aber das kann in diesem Fall wohl niemand ernstlich behaupten. Außerdem wird Ihre kleine Initiative erst als zweiter Punkt erwähnt. Der erste und wichtigste Punkt ist die Mitteilung, daß unsere Streitkräfte soeben einen vernichtenden Schlag gegen das Schwert von Gaza und seine Unterstützer geführt haben. Ich kann mir nicht vorstellen, daß die Fernsehgesellschaften Beckwith zum jetzigen Zeitpunkt eine Live-Übertragung abschlagen.«
»Ich dachte, daß jemand mit Ihrer Erfahrung niemals die Arroganz der Medien unterschätzen würde, Paul.«
»Sie bezeichnen mich gern als die graue Eminenz. Ich werde getadelt, wenn etwas schiefgeht, aber niemals gelobt, wenn etwas klappt.«
»Ich gehe davon aus, daß Sie alles tun, damit diese Sache klappt.«
»Seien Sie unbesorgt, sie klappt.«
»Was kann ich dazu beitragen?«
»Verschwinden Sie möglichst schnell und unauffällig aus Washington.«
»Tut mir leid, das geht nicht.«
»Jesus, ich habe Sie doch um Zurückha ltung gebeten!«
»Ich gebe morgen nur ein kleines Abendessen. Für Braxton, einige seiner Seniorpartner und einen Senator, dem ich in den Arsch kriechen muß.«
»Setzen Sie mich auf die Gästeliste.«
»Sind Sie morgen abend nicht ziemlich beschäftigt?«
»Die Ansprache läuft von neun Uhr bis neun Uhr fünfzehn.
Ich komme gleich danach. Halten Sie mir einen Platz am Tisch frei.«
Vandenberg stieg hinten in die Limousine aus dem Weißen Haus ein. Das Anspringen des Motors zerstörte die Stille auf der California Street. Der Wagen fuhr an, bog nach links auf die Massachusetts Avenue ab und verschwand. Wenig später fuhr der Toyota, den sie vor einigen Minuten schon einmal gesehen hatten, wieder am Haus vorbei.
Mitchell Elliott wartete, bis Mark Calahan heran war, um ihn zur Haustür zu begleiten.
»Haben Sie sich das Kennzeichen dieses Autos gemerkt?«
»Natürlich, Mr. Elliott.«
»Lassen Sie's überprüfen. Ich möchte wissen, wem der Wagen gehört.«
»Ja, Sir.«
Elliott saß in der Bibliothek und las, als sein Assistent zwanzig Minuten später hereinkam.
»Der Wagen ist auf eine Susanna Dayton zugelassen. Sie wohnt in Georgetown.«
»Susanna Dayton ist die Reporterin der Washington Post, die wegen meiner Verbindungen zu Beckwith recherchiert.«
»Könnte Zufall sein, Mr. Elliott, aber ich vermute, daß sie das Haus beobachtet.«
»Lassen Sie sie beobachten. Ich will wissen, was sie tut und mit wem sie redet. Sehen Sie zu, daß Sie möglichst schnell in ihr Haus kommen. Bringen Sie in allen Räumen und an den Telefonen Wanzen an. Die Sache ist brandeilig.«
Der Assistent schloß die Tür hinter sich, als er hinausging.
Mitchell Elliott nahm den Telefonhörer ab und rief das Weiße Haus an. Dreißig Sekunden später wurde das Gespräch in Paul Vandenbergs Wagen weitervermittelt.
»Hallo, Paul. Wir haben ein kleines Problem, fürchte ich.«
8
WASHINGTON, D.C.
Der Pomander Walk ist ein mitten in Georgetown verstecktes kleines Stück Frankreich: zehn kleine Häuser am Volta Place, die durch ein für Autos zu schmales Gäßchen erschlossen werden. Susanna Dayton hatte sich auf den ersten Blick in diese Häuser verliebt - in die weißgekalkten Ziegelmauern, die bunten Fensterrahmen und die Blütenpracht, die in Blumentöpfen auf den Eingangstreppen sprießte. Gleich gegenüber lag der Volta Park, ein idealer Auslauf für ihren Golden Retriever. Als vor zwei Jahren endlich eines der Häuser angeboten wurde, hatte sie ihr Apartment in der Connecticut Avenue verkauft und war dort eingezogen.
Sie parkte am Volta Place, griff nach ihrer Umhängetasche und stieg aus.
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