Der Maler
diesen geistlosen Talkshows auftreten und großspurig behaupten, das amerikanische Volk sei noch nicht auf die Wahl eingestellt. Sie wissen so gut wie ich, daß die Umfrageergebnisse sich zwischen heute und dem Wahltag nicht mehr ändern werden.«
»Normalerweise wäre das so. Das gestehe ich Ihnen zu, Anne.
Aber vorgestern abend hat ein arabischer Terrorist vor New York ein amerikanisches Verkehrsflugzeug abgeschossen. Der Präsident hat die Bühne jetzt für sich allein. Sterling ist in die Kulisse verbannt. Der Präsident hat eine wunderbare Gelegenheit erhalten, seine glänzenden Fähigkeiten als Krisenmanager zu demonstrieren.«
»Mein Gott, Mitchell, zweihundertfünfzig Menschen sind tot, und Sie sind aufgeregt, weil Sie glauben, daß uns das helfen wird, endlich den Trend umzukehren!«
»Das hat Mitchell nicht behauptet, Anne«, sagte Beckwith.
»Du brauchst nur die Berichterstattung in den Medien zu verfolgen. Was sich in einem Wahljahr ereignet, wird alles durch die politische Brille gesehen. Jede andere Auffassung wäre naiv.«
Anne Beckwith stand abrupt auf und sagte: »Nun, diese naive alte Dame hat für heute abend genug.« Der Präsident und Elliott standen auf. Anne küßte ihren Mann auf die Wange und reichte Mitchell Elliott die Hand. »Er ist müde, Mitchell. Er hat nicht mehr viel geschlafen, seit er Ihre wundervolle politische Gelegenheit erhalten hat. Halten Sie ihn nicht zu lange auf.«
Als Anne den Raum verlassen hatte, gingen die beiden Männer ins Erdgeschoß hinunter und ins Oval Office hinüber.
Die Beleuchtung war dezent heruntergedreht, und im Kamin brannte ein Feuer. Paul Vandenberg erwartete sie. Beckwith nahm in einem Ohrensessel am Kamin Platz, und Vandenberg setzte sich in den zweiten. Damit blieb für Elliott eine der tiefen weißen Couches. Als er sich setzte, gab das weiche Polster unter ihm nach. So kam er sich kleiner als die beiden anderen Männer vor, was ihm nicht gefiel. Vandenberg, der Elliotts Unbehagen spürte, gestattete sich ein schwaches Lächeln.
Der Präsident starrte erst seinen Stabschef, dann Elliott prüfend an.
»Also gut, Gentlemen«, sagte Beckwith. »Ich schlage vor, Sie sagen mir, worum es bei dieser Besprechung geht.«
»Mr. President«, sagte Elliott, »ich möchte Ihnen helfen, wiedergewählt zu werden - zum Besten unseres wundervollen Landes und zum Besten des amerikanischen Volkes. Und ich glaube, daß ich weiß, wie das zu schaffen ist.«
Der Präsident zog sichtlich interessiert die Augenbrauen hoch.
»Bitte weiter, Mitchell.«
»Sofort, Mr. President«, antwortete Elliott. »Aber zunächst ist ein kurzes Gebet zum Allmächtigen angebracht, glaube ich.«
Mitchell Elliott erhob sich, sank im Oval Office auf die Knie und begann zu beten.
»Glauben Sie, daß er sich dazu entschließt, Paul?«
»Schwer zu sagen. Er will erst mal darüber schlafen. Das ist ein gutes Zeichen.«
Auf der kur zen Rückfahrt vom Weißen Haus hatten sie über belanglose Dinge gesprochen oder geschwiegen. Keiner der beiden Männer redete gern in geschlossenen Räumen, auch in fahrenden Dienstwagen nicht. Jetzt gingen sie in Kalorama an strahlend hell beleuchteten Luxus villen vorbei die sanft ansteigende California Street hinauf. Ein regnerischer Wind bewegte die Bäume. Rubinrote und goldene Blätter taumelten durchs blaßgelbe Licht der Straßenlaternen. Die Nacht war still bis auf das Rauschen des Windes und das gedämpfte Brausen des Spätabendverkehrs auf der Massachusetts Avenue. Die Limousine fuhr voraus und parkte ohne Licht und mit abgestelltem Motor vor Elliotts Haus. Elliotts Leibwächter folgte ihnen in einigem Abstand außer Hörweite.
»Ich habe ihn noch nie in derart schlechter Stimmung gesehen«, sagte Elliott.
»Er ist müde.«
»Falls er sich dazu entschließt, bringt er hoffentlich die Kraft und die Leidenschaft auf, den Wählern und dem Kongreß gegenüber überzeugend zu argumentieren.«
»Er ist der beste Präsidentendarsteller seit Ronald Reagan.
Bekommt er von uns ein gutes Drehbuch, steht er genau dort, wo er stehen soll, und sagt seinen Text auf.«
»Sorgen Sie dafür, daß er ein verdammt gutes Drehbuch bekommt.«
»Ich habe die Rede bereits in Auftrag gegeben.«
»Jesus! Dann berichtet die Post bestimmt schon morgen früh darüber.«
»Ich lasse die Entwürfe von meiner besten Redenschreiberin verfassen. Sie arbeitet daheim. So taucht nichts im Computersystem des Weißen Hauses auf, und die Schnüffler und Informanten werden
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