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Der Mann auf dem Balkon

Der Mann auf dem Balkon

Titel: Der Mann auf dem Balkon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maj Sjöwall;Per Wahlöö
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hast du deiner Mutter erzählt?
    Eva: Das mit den Kühen? Ja! Hansson: War es derselbe Onkel? Eva: Jaa!
    Hansson: Bist du ganz sicher? Eva: Ich glaube.
    Hansson: Schau dir mal diesen Onkel da an! Was meinst du, wie alt er ist? Eva: Na, mindestens einundzwanzig Jahre oder so.
    Hansson: Wie alt, glaubst du, bin ich?
    Eva: Oh, vielleicht vierzig. Oder fünfzig.
    Hansson: Was meinst du, ist dieser Onkel älter oder jünger als ich? Eva: Oh, viel älter. Viel, viel älter. Wie alt bist du?
    Hansson: Achtundzwanzig. Willst du uns nun erzählen, was gestern passiert ist? Eva: Ja. Eivor und ich haben Hopse vor dem Hauseingang gespielt, da kommt er heraus und stellt sich hin und sagt, daß wir mit ihm nach oben gehen sollen. Dann würde er uns zeigen, wie er seine Kühe melkt. Hansson: So. Und was machte er dann?
    Eva: Ach, er kann doch keine Kühe in seinem Zimmer haben. Doch keine richtigen. Hansson: Und was habt ihr geantwortet, du und Eivor?
    Eva: Gar nichts. Und dann ist Eivors Haarband aufgegangen, und da hat sie gesagt, so mit offenem Haar kann sie nicht mit jemand mitgehen.
    Hansson: Und dann ist der Onkel weggegangen?
    Eva: Nein. Er hat gesagt, dann müsse er seine Kühe eben hier unten melken. Und dann knöpfte er sich die Hose auf…
    Hansson: Und?
    Eva: Sag mal, glaubst du, daß er uns totgemacht hätte, wenn Eivors Haarband nicht aufgegangen wäre? Wie aufregend…
    Hansson: Nein, das glaube ich nicht. Der Onkel knöpfte sich also die Hose auf, sagst du?
    Eva: Ja, und dann holte er das hervor… das Ding, mit dem die Onkels Pipi machen… Die helle Kinderstimme wurde mitten im Satz unterbrochen, Kollberg die Hand ausstreckte und das Bandgerät ausschaltete. Martin Beck sah ihn an. Er stützte den Kopf in die linke Hand und massierte sich mit den Fingern die Nasenwurzel.
    »Das Spaßige ist…«, begann Rönn.
    »Was sagst du da?« fuhr Kollberg ihn an.
    »Das Spaßige ist«, wiederholte Rönn unbeeindruckt, »daß er es jetzt zugibt. Damals leugnete er alles ab, und die Mädchen wurden immer unsicherer bei der Identifizierung. Deshalb wurde nichts daraus. Aber nun hat er es zugegeben. Sagt, daß er beide Male besoffen war, sonst hätte er so was nicht getan.«
    »Soso, jetzt gibt er es zu«, stellte Kollberg fest.
    »Ja.«
    Martin Beck warf Kollberg einen fragenden Blick zu. Dann wandte er sich an Rönn und sagte: »Du hast heute nacht wohl nicht viel geschlafen, was?«
    »Nein.«
    »Dann solltest du nach Hause gehen und dich hinhauen, finde ich.«
    »Sollen wir den Kerl laufenlassen?«
    »Nein«, sagte Kollberg, »wir werden ihn nicht laufenlassen.«

10
    Der Mann hieß ganz richtig Eriksson und war Lagerarbeiter. Und man brauchte nicht Arzt zu sein, um zu sehen, daß er Säufer war. Er war sechzig Jahre alt, fast ganz kahl, groß und ausgemergelt. Er zitterte am ganzen Körper.
    Kollberg und Martin Beck verhörten ihn zwei Stunden lang, was für alle gleich anstrengend war.
    Der Mann bekannte ein ums andere Mal die gleichen widerliche Einzelheiten.
    Zwischendurch weinte er und beteuerte, daß er am Freitagnachmittag vom Gasthaus aus direkt nach Hause gegangen sei. Jedenfalls könne er sich an nichts anderes erinnern.
    Nach zwei Stunden gestand er, daß er im Juli 1964 zweihundert Kronen und als Achtzehnjähriger ein Fahrrad gestohlen habe. Dann weinte er nur noch. Er war ein Menschenwrack, ausgestoßen aus der diskutablen Gemeinschaft und ungewöhnlich einsam.
    Kollberg und Martin Beck betrachteten ihn düster und schickte ihn zurück in die Zelle. Zur gleichen Zeit versuchten andere Leute der Abteilung und Beamte vom 5. Revier in dem Haus in der Hagagatan jemanden aufzutreiben, der Erikssons Alibi bekräftigen oder widerlegen konnte. Es gelang ihnen nicht Der Obduktionsbefund, der gegen vier Uhr nachmittags vorlag, war noch nicht endgültig. Da war von Erwürgen die Rede, von Fingerspuren am Hals und von versuchter Vergewaltigung. Vollendete Notzucht konnte nicht festgestellt werden.
    Im übrigen enthielt der Befund eine Reihe negativer Angaben. Nichts deutete darauf hin, daß das Mädchen Widerstand geleistet hatte. Man hatte keine Hautfetzen unter den Nägeln und keine blauen Flecke an Armen und Händen gefunden. Dagegen zeigte der Unterleib Spuren, die von Faustschlägen herrühren konnten.
    Im Labor hatte man die Kleider des Mädchens untersucht, konnte aber außer dem üblichen nichts zur Klarstellung beitragen. Außerdem fehlten die Schlüpfer des Kindes. Man hatte sie nirgendwo finden können. Sie waren

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