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Der Mann auf dem Balkon

Der Mann auf dem Balkon

Titel: Der Mann auf dem Balkon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maj Sjöwall;Per Wahlöö
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hob den Blick und sah Gunvald Larsson in die Augen.
    »Verdammt noch mal.«
    Martin Beck fühlte irgendwo einen Nerv vibrieren.
    Dann fuhr Gunvald Larsson fort: »Zusammenfassend kann man sagen: Ein älterer, gutgekleideter Mann mit einem Hund betrat irgendwann zwischen Viertel nach sieben und halb acht vom Sveavägen aus den Vanadislunden. Als er am Kiosk und am Spielplatz vorbeiging, befand sich das Mädchen noch dort. Der Mann mit dem Hund blieb ungefähr zehn Minuten bis eine Viertelstunde in dem Parkteil zwischen Stefanskyrkan und Frejgatan. Sie sind ihm die ganze Zeit gefolgt. Als er den Park verließ, wiederum vorbei am Kiosk und am Spielplatz, war das Mädchen nicht mehr dort. Einige Minuten später kam ein Mann vom Wasserturm her und ging in Richtung Sveavägen. Sie nahmen an, daß er von der Ingemarsgatan her die Treppe hinter dem Wasserturm heraufgekommen war und dann durch den Park in Richtung Sveavägen hinunterging. Aber dieser Mann kann genausogut eine Viertelstunde vorher vom Sveavägen gekommen sein, während Sie den Mann mit dem Hund beobachtet haben.« »Ja«, sagte der Festgenommene und ließ den Mund vor Erstaunen offenstehen.
    »Er kann an dem Spielplatz vorbeigekommen sein und das Mädchen mit sich hinauf zum Wasserturm gelockt haben. Er kann sie sofort getötet haben. Dann wäre er, als Sie ihn gesehen haben, auf dem Rückweg gewesen.«
    »Ja«, sagte Rolf Evert Lundgren und sperrte den Mund noch weiter auf.
    »Haben Sie bemerkt, in welche Richtung er ging?«
    »Nein. Ich habe mir gedacht, daß er den Park verlassen würde, und ihn nicht weiter beobachtet.«
    »Haben Sie ihn aus der Nähe gesehen?«
    »Ja. Er ging ja direkt an mir vorbei. Ich stand hinter dem Kiosk.«
    »Gut! Nun geben Sie uns eine Beschreibung von ihm«, sagte Gunvald Larsson. »Wie sah er aus?«
    »Groß war er nicht, nein, eher klein. Ziemlich schäbig. Er hatte eine große Nase.«
    »Wie war er gekleidet?«
    »Schäbig. Helles Hemd, soweit ich weiß. Keinen Schlips. Dunkle Hosen, grau oder braun, nehme ich an.«
    »Haar?«
    »Ziemlich dünn, glaube ich. Nach hinten gekämmt«
    »Hatte er keine Jacke an?« warf Rönn ein.
    »Nein. Weder Jacke noch Mantel.«
    »Augenfarbe?« fragte Gunvald Larsson.
    »Was?«
    »Haben Sie gesehen, welche Farbe seine Augen hatten?«
    »Nein. Blau nehme ich an. Oder grau. Er war der Typ danach. Hell«
    »Und wie alt mag er gewesen sein?«
    »Tja, so zwischen vierzig und fünfzig. Näher an die Vierzig, möchte ich sagen.«
    »Und die Schuhe?« fragte Rönn.
    »Weiß nicht. Wohl die üblichen flachen Schuhe, wie Landstreicher sie tragen. Aber das nehme ich nur an.«
    Gunvald Larsson wiederholte zusammenfassend: »Ein Mann in den Vierzigern, mit normalem Körperbau und mittellangen, aber schütterem, nach hinten gekämmtem Haar und kräftiger Nase. Blaue oder graue Augen. Weißes oder helles Hemd, offen. Braune oder dunkelgraue Hose, vermutlich schwarze Schuhe.«
    Martin Beck schoß ein Gedanke durch den Kopf, ohne jedoch feste Form anzunehmen.
    Gunvald Larsson fuhr fort: »Ja, vermutlich flache schwarze Schuhe, ovales Gesicht… Gut. Nun fehlt nur noch eins. Sie sollen sich einige Bilder ansehen. Her mit dem Album der Sittlichkeitsverbrecher!«
    Rolf Evert Lundgren sah die Fotografien der bekannten Sittlichkeitsverbrecher von Anfang bis zu Ende durch. Aufmerksam betrachtete er jedes Bild, und jedesmal schüttelte er den Kopf.
    Ein Bild, das dem Mann, den er beim Vanadislunden gesehen hatte, ähnelte, war nicht dabei.
    Zum Schluß war er völlig sicher, daß dieser Mann nicht registriert war.
    Es war bereits Mitternacht, als Gunvald Larsson ihn mit folgenden Worten entließ: »Nun wollen wir sehen, daß Sie etwas zu essen bekommen, und dann müssen Sie schlafen. Wir sehen uns morgen wieder. Danke für Ihre Hilfe.« Gunvald Larsson wirkte fast heiter.
    Ehe der Räuber abgeführt wurde, sagte er: »Wenn man bedenkt, daß ich das Schwein gesehen habe…« Auch er wirkte fast heiter.
    Dabei hätte er vor noch nicht einmal zwölf Stunden ohne zu zögern sowohl Martin Beck als auch Gunvald Larsson niedergeschossen, wenn er nur die Möglichkeit dazu gehabt hätte.
    Daran dachte Martin Beck und auch daran, daß die Personalbeschreibung schlecht war und auf viele tausend Menschen zutraf. Aber es war doch immerhin etwas. Und die Jagd dauerte schon mehr als sechs Tage. Noch ein anderer Gedanke bohrte in Martin Becks Erinnerungen - und verschwamm, sobald er ihn festzuhalten versuchte. Bevor sie aufbrachen,

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