Der Mann auf dem blauen Fahrrad
Blärran?
– Wenn ich eine Ahnung hätte, würde ich es euch sagen, antwortete der Schiffer in einem überraschend barschen Ton. Ich habe tatsächlich keine Ahnung.
– Und was ist dann passiert?
– Karlsson kam zurück, ziemlich bleich, und sagte, da sei nichts.
– Aber das Licht?
– Das Licht, natürlich, das war verschwunden, während er darauf zuruderte. Aber er wollte nicht darüber sprechen.
Eigentlich war der Kerl nach dieser Episode nie wieder er selbst. Ich frage mich noch heute, was er gesehen haben mag. Worüber er nicht sprechen mochte. Danach wollte er nicht mehr zur See fahren. Er wechselte den Beruf und kam zur Lancashire-Schmiede in Ramnäs. Ein paar Jahre lang konnte man ihn dort in der Werkzeugschmiede antreffen. Ich habe keine Ahnung, wohin er dann verschwand.
Am nächsten Tag fuhren wir weiter, setzten um sieben Uhr, noch im Halbdunkel, die Segel. Es gab ein wenig Wind. Zwei Tage später waren wir in Smedjebacken.
– Aber wollte der Onkel nicht erzählen, wie die Färna I unterging?
– Ja, das ist eine ganz andere Geschichte. Die Färna , also die Färna I, sollte ich vielleicht sagen, ging zwei Jahre später unter, direkt am Rand von Bo Gryta, vor dem Bohamnen. Es ging schnell. Den ganzen Nachmittag über war es schon etwas schwül gewesen, mit der einen oder anderen Böe über dem Wasser, das die Bauern Stora sjön nennen. Ich hatte nachdrückliche Anweisungen gegeben, das Toppsegel einzuholen, wenn es zu starke Windstöße gäbe. Wir waren bis zur Wasserlinie und sogar etwas darunter mit erstklassigem Roheisen beladen, weshalb klar war, dass wir nicht beliebig viel aushalten konnten. Aber der Bootsmann war faul.
– War es derselbe Bootsmann, der zu dem Licht auf der Insel gerudert ist?, fragte Irene.
– Nein. Wie hätte er das sein können?
Der Schiffer klang verärgert.
– Es war eine Art Gewitterböe, so schwarz und heftig, dass es einem den Atem nahm, ich erkannte sofort, dass wir kentern würden. Und das taten wir mit Wucht. Nicht einmal die Taschenuhr, meine alte Silberuhr, die ich an einem Haken über der Pritsche hängen hatte, konnte ich noch greifen. Wir kamen auf der äußersten der kleinen Granholmarna an Land, und da hockten wir bis gegen Abend, als ein Ingenieur, der ein Sommerhäuschen in der Halvars-Bucht hatte, mit seinem Motorboot vorbeikam. Mittlerweile war das Gewitter vorbei, und es hatte aufgeklart, so dass wir nicht mehr so sehr froren.
Er war zum Einkaufen in Engelsberg gewesen.
– Wer?
– Der Ingenieur. Er hatte zwei niedliche kleine Mädchen mit weißen Hütchen mit Kinnband dabei. Es waren seine Töchter. Sie hießen Ingegerd und Sigrid. Falls das interessiert. Das Schiff des Ingenieurs war ein feines Mahagoniboot, das dem Hüttenwerksbesitzer Sixten Grane gehört hatte.
– Also der Vater von Grane, dem Poeten?, fragte Irene.
– Ja. Genau. Ein gut erhaltenes Mahagoniboot. Mit einem eingebauten Penta-Motor mit acht PS. Mit ihm durften wir nach Engelsberg fahren. Und dann wurde ein Seeprotest verlangt. Die eidesstattliche Erklärung musste ich natürlich unten in Strömsholm abgeben, im Kontor der Kanalgesellschaft. Und ich berichtete genau, wie es sich verhalten hatte. Und es hatte sich so und nicht anders verhalten, dass wir für diese Ladung zweifellos übertakelt waren angesichts einer derartigen Gewitterböe, die mit einer so verteufelten Geschwindigkeit daherkommt, dass niemand schnell genug reffen kann. Keine Chance. Und im übrigen sind diese schweren Erzkoggen immer übertakelt gewesen. Nein, das will ich euch sagen, mit einer so verdammt hohen Takelung kann man Roheisen nur bei richtig gutem Wetter transportieren. So einer mächtigen Gewitterböe sind die Koggen nicht gewachsen.
– Aber die Uhr?
– Welche Uhr?
– Die Taschenuhr? Die Silberuhr? Die zurückblieb. An dem Haken über der Pritsche in der Kajüte. Hängt die immer noch da unten in der dunklen Tiefe von Bo Gryta?
– Großvaters Silberuhr! Ja, die ist noch dort. In guter Verwahrung. Wer sollte sie stehlen können, meinst du? Sie hängt an ihrem Haken über der Pritsche. Das will ich meinen. Wer eine anständige alte Silberuhr vom Boden von Bo Gryta stehlen will, der muss ein mutiger Kerl sein, das kann ich euch versichern. Die Stelle, wo die Färna liegt, ist keine gewöhnliche Stelle. Innerhalb von dreißig Metern vertieft sie sich von sieben, acht Metern bis zu neunzig. Und wie gesagt, keine Lotleine hat je den Boden in der Mitte des Lochs erreicht. Es heißt,
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