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Der Mann auf dem blauen Fahrrad

Der Mann auf dem blauen Fahrrad

Titel: Der Mann auf dem blauen Fahrrad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lars Gustafsson
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alle etwas ängstlich, aber nicht wegen der Russen, sondern weil es dort so eng ist, dass die Segel den Wind verlieren und anfangen zu flattern, als gäbe es etwas, was sie erschreckte –, also, als wir so weit gekommen waren, frischte es ein wenig auf. Es war ja spät im Herbst, die Sonne ging gegen sechs hinter dem Landsberget unter, und bald war es dunkel. Es ist nicht lustig, wenn es draußen auf dem Åmänningen dunkel wird. Da gibt es keine Leuchtfeuer. Und hätte es sie damals gegeben, hätte das wohl auch kaum geholfen.
    Der See hat zahlreiche sonderbare Untiefen, die sich in alle möglichen Richtungen erstrecken. Wie Finger. Und Steine, einzelne Steine, die keine Verwandten haben, keine Steinhaufen. Ein einziger Stein kann allein daliegen, ganz allein und bedrohlich in einer Bucht unter Wasser wartend, in der es sonst nichts gibt. Liegt da und wartet. Er kann warten, lange. Bis er seinen Willen bekommt. Am besten ankert man, wenn man noch bei Dunkelheit weit draußen auf dem Åmänningen ist. Es gibt natürlich die Lichter der Dörfer Bodarna und Vretarna unten im Westen. Aber das hilft nicht weiter, wenn man nicht weiß, was dazwischen liegt. Manchmal kann es obendrein scheinen, als sei der Teufel persönlich am Werk. Und es gibt Untiefen, die sich zu bewegen scheinen.
    In dieser Nacht sahen wir ein Licht draußen bei Enträ, der mit einst einem Baum. Aber ein Licht sollte es dort nicht geben.
    – Da ist etwas, sagte Karlsson, mein Bootsmann.
    Dabei sollte es dort nichts geben, was an einem Herbstabend leuchtet. Es konnte ein Speerfischer sein. Das ist zwar seit Jahren verboten, aber anscheinend pfeifen die Leute darauf.
    – Kein gewöhnliches Feuer wirft so ein blaues Licht, meinte Karlsson.
    – Nein. Das tut es wohl nicht, antwortete ich. Es kann irgendein richtiges Teufelszeug sein. Wir setzen wieder das Großsegel, so dass wir ein Stück vorankommen. Hier kann man ja überhaupt nichts sehen, halten wir auf Bodahamnen zu. Es könnte jemand sein, der Hilfe braucht, wandte der der Bootsmann ein. Stell dir vor, wenn …
    Es kann der Blärran sein, dachte ich. Packen wir an!
    Wir drehten also ab, der Wind legte sich, und wir mussten ein Stück vor Bodahamnen ankern. Es bestand keine wirkliche Gefahr, aber ich ließ Karlsson für alle Fälle das Topplicht und die Laternen von Steuerbord und Backbord anzünden. Um diese Jahreszeit konnten wir nur noch Thor antreffen, das einzige Dampfschiff des Kanals, und dem waren wir schon am selben Nachmittag begegnet. Die Bore fuhr bereits seit etwa drei Wochen nicht mehr.
    Es war still um uns. Weit im Süden war ein Seetaucher zu hören. Das war der einzige Laut. Außerhalb des Lichtkreises der Laternen war es stockfinster. Ich ging hinunter, setzte den Kaffeekessel auf und holte eine Flasche Gauffins Doppelmischung, ich verwahrte den Anisschnaps an einer geheimen Stelle in der Kajüte. Irgendetwas mussten wir intus kriegen. Dieses Licht war gar zu scheußlich.
    – Es war der Blärran, meinte der Bootsmann. Er war jung und wusste es nicht besser. Den Blärran sollte man nicht beim Namen nennen, das sagen die alten Fischer immer, die in Trångfors auf den Bänken sitzen. Und von all dem Unheimlichen erzählen, das sie zu ihrer Zeit erlebt haben.
    Aber Karlsson war tüchtig. Er fürchtete sich nicht davor, in die Takelung zu klettern, wenn es nötig war.
    Als wir unseren Kaffee getrunken hatten – gemischt, wie ich zugeben muss, mit einem kräftigen Schluck Schnaps –, gingen wir wieder an Deck. Aus irgendeinem Grund war keiner von uns hungrig.
    Wir schwoiten und drehten uns um den Anker, und ich wollte gerade zum Bootsmann sagen, dass wir für die Nacht doch noch einen weiteren Anker auswerfen sollten, der Teufel weiß, was passieren kann, wenn man zu schwoien anfängt. Da bemerkte ich, dass Karlsson sich bemühte, nicht auf jener Seite zu sein, die Enträ zugewandt war. Doch als wir uns langsam weiterdrehten, kam dieses sonderbare weißblaue Licht, nicht größer als ein Punkt unten im Osten, wieder zum Vorschein. Es gefiel keinem von uns.
    Aber der Bootsmann hatte offenbar etwas zu lange dagestanden und gestarrt. Dieser Schein schien etwas von ihm zu wollen. Und bevor ich richtig begriff, was geschah, hatte dieser Schlingel die Jolle zu Wasser gelassen und verschwand hinaus in die Dunkelheit.
    – Ist er zurückgekommen?, fragte Irene.
    – In gewisser Weise.
    Es schien so, als hätte der Schiffer keine größere Lust, näher darauf einzugehen.
    – Was ist der

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