Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Mann auf dem Einhorn

Der Mann auf dem Einhorn

Titel: Der Mann auf dem Einhorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
Vom Netzwerk:
befreien: Hester!
    »Alles ist Teil eines Planes«, murmelte der junge Krieger.
    Er begriff einen Teil der Strategie Drudins: Zuerst musste also Nyrngor erobert werden. Damit hatten die Caer und ihre Zauberpriester einen Stützpunkt in Dandamar, in der Grenze zu den Wildländern. Von Nyrngor aus konnten sie vordringen und das verwunschene Tal in Besitz nehmen, den Stützpunkt des Lichtboten. Durch einen unglaublichen Zufall war ihnen Hester zuvorgekommen, aber er war auch Mythor zuvorgekommen. Die Übergabe des Bitterwolfs, des Schneefalken und des Einhorns an ihn war von Hester verhindert worden. Hester aber hatte sicherlich keinen eigenen Plan gehabt, den er weiter verfolgt hatte; nur seine Gabe, mit Tieren umzugehen, hatte ihn in die Ruine getrieben.
    Drudin hatte es geplant, und Feithearn musste es genau gewusst haben!
    Deshalb die Verfolgung Hesters und seiner Tierarmee, deshalb der Kampf am Rand des Tales, den Feithearn verloren hatte. Der Dämonenpriester musste vor Zorn kochend in Schloss Fordmore sitzen und über das Versagen seiner Mission nachgrübeln.
    Hätte Feithearn die drei Tiere befreit, würden sie ihm gehorchen, und jeder Versuch Mythors, seiner gestellten Aufgabe gerecht zu werden, hätte schon hier geendet.
    Aber auch so bestand nur eine geringe Möglichkeit, die Tiere wiederzugewinnen. Vielleicht würde er mit Hester zusammentreffen.
    Die Pläne der Dunklen waren wirklich weit gediehen, überlegte Mythor. Wenn er sich vorstellte, welche Zwischenfälle oder Lösungen bei den anderen Stützpunkten auf ihn warten mochten, wurde er schlagartig mutlos. Er schüttelte den Kopf und verdrängte seine Gedanken, denn Urzuguhr stand vor ihm.
    »Du suchst nach Arbeit?« fragte er glattzüngig. Seine Augen zwinkerten unstet. Von ihm ging eine nervöse Spannung aus.
    »Ich sehe euch erst einmal bei der Arbeit zu«, bestätigte Mythor und war verwundert, als Urzuguhr um ihn herumhumpelte und eine Art Tanz aufzuführen begann. Er schien etwas irre zu sein. Seine langen Arme bewegten sich, als gehörten sie nicht zu dem unproportionierten Körper.
    »Alles von mir«, grollte der Alte und fuhr sich durch den Bart. »Alles für den Lichtboten. Aber noch lange nicht fertig, hihi.«
    »Auf mich wirken die Gesichter mehr, als stellten sie Drudin dar!« sagte Mythor, entschlossen, dem Geheimnis auf die Spur zu kommen.
    »Du kannst die Schönheit noch nicht erkennen?«
    »Es ist mir nicht möglich, die übernatürliche Schönheit zu erkennen, die den Lichtboten auszeichnen soll«, verbesserte Mythor vorsichtig. »Aber andererseits bin ich kein Handwerker. Du musst mir zeigen, wie ich den Fels bearbeiten soll!«
    »Zeige ich dir alles!« kam die Antwort, während Urzuguhr Mythor von allen Seiten betrachtete, als sei er ein seltsames Tier. »Das Schwert. Seltsam ist es. Anders als alle Schwerter, die ich je sah.«
    »Und trotzdem ist es ein gutes Schwert, das mich viele Kämpfe gewinnen ließ«, sagte Mythor und sah mit Unbehagen zu, wie Urzuguhrs knotige Finger über das durchsichtige Material der langen Schneide fuhren.
    Aber während er das seltsame Benehmen des silberhaarigen Mannes erlebte, sah er weiterhin ein, dass Hesters zufälliger Fund ihm dennoch indirekt geholfen hatte. Dass ein Mensch wie Hester die drei Tiere übernehmen konnte, zeigte Mythor, dass Drudins Pläne schon weit fortgeschritten waren.
    »Wann wirst du arbeiten?«
    »Gleich, wenn du es mir zeigst«, antwortete Mythor. »An welcher Stelle?«
    Der Alte kicherte und schlug sich selbst auf den unförmigen Buckel. »Dort oben. Wo sie die Keile hineintreiben.«
    »Gut. Einverstanden.«
    »Kannst mitkommen.«
    Mythor ahnte, dass die vielen Jahre zwischen den Wildländern und die eintönige Arbeit an den Bergflanken den Bildhauer Urzuguhr hatten schwachsinnig werden lassen. Oder aber er war schon vor dem Anfang der Arbeiten nicht mehr Herr seines Verstandes gewesen. Er stapfte vor Mythor auf das Ende der langen Leiter zu. Mehrere Leitern führten im Zickzack von Galerie zu Galerie. Hier würde sich Feithearn vermutlich sehr wohl fühlen können. Im verwunschenen Tal schien er Schwierigkeiten im unmittelbaren Wirkungsbereich der Weißen Magie gehabt zu haben.
    Dann also war es auch Drudins Plan gewesen, nahe dem Stützpunkt der Weißen Magie einen Gegenpol zu schaffen. Der Berg der Gesichter war dieser Gegenpol!
    Mythor kletterte von Sprosse zu Sprosse hinter Urzuguhr her. Das Klirren, Klicken und Hämmern wurde lauter. Steinsplitter surrten durch die

Weitere Kostenlose Bücher