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Der Mann aus dem Safe

Der Mann aus dem Safe

Titel: Der Mann aus dem Safe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Hamilton
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und rauh. Ich fand die Vorstellung schrecklich, dass sie in ihrem eigenen Zuhause Angst haben musste. Sie, die anscheinend ähnlich schlimme Erlebnisse gehabt hatte wie ich. Sie, die solche Bilder zeichnen konnte, wie ich sie in ihrem Zimmer gesehen hatte.
    »Mein Sohn dagegen, Adam …« Mr. Marsh nahm das andere Foto auf dem Schreibtisch zur Hand. Es war doppelt so groß, was mir schon gleich einiges hätte sagen sollen.
    »Er hat ein volles Stipendium für die Michigan State. Meine Alma Mater. Er ist bereits zum Sommertraining dort oben.«
    Er drehte den Rahmen um, damit ich seinen Sohn in ganzer Pracht bewundern konnte. Adam trug sein Lakeland-Trikot und kniete auf dem Rasen, eine Hand auf den Helm gestützt.
    »Ich weiß genau, was passiert ist. Ich weiß, warum ihr hier eingebrochen seid. Warum ihr unbedingt dieses Spruchband in Adams Zimmer hängen musstet. Klar, nachdem er euer Team vier Jahre hintereinander übers Spielfeld gejagt hat – das muss ganz schön frustrierend gewesen sein. Insofern kann ich euch sogar verstehen.«
    Dabei lächelte er doch tatsächlich, zum ersten Mal überhaupt. Er stellte das Foto von Adam wieder zurück, sehr sorgfältig, bis es genau am richtigen Platz stand. Dann zog er eine Schublade auf und holte einen kleinen Schreibblock und einen Golfbleistift heraus. Beides schob er über den Schreibtisch, bis es direkt vor mir lag.
    »Nun möchte ich dich um etwas bitten, Michael. Würdest du ein paar Namen für mich aufschreiben?«
    Er lehnte sich in seinem Sessel zurück und wechselte den Gummiball von einer Hand in die andere.
    »Das kam vor Gericht nicht zur Sprache, ich weiß. Es bleibt unter uns, will ich damit sagen, es wird nicht nach außen dringen. Ich weiß, dass Brian Hauser zu der Bande gehörte, die in der Nacht bei dir war. Lass uns aufrichtig sein und gar nicht erst so tun, als wäre er nicht dabei gewesen. Sind wir uns so weit einig?«
    Ich saß unbeweglich da.
    »Dieser Kumpel von ihm, der Quarterback … Trey Tollman? Der den Ball nicht mal dreißig Meter weit werfen kann? War der mit von der Partie?«
    Wieder ein Moment des Schweigens.
    »Sie waren früher mal Freunde, wusstest du das? Adam und Brian, meine ich, damals in der Junior Highschool.«
    Er schien seinen Erinnerungen nachzuhängen.
    »Dann geht Brian auf eine andere Highschool und fängt plötzlich an, unfaire Schläge gegen Adam auszuteilen. Weißt du, dass er einmal fast seine Kniescheibe zertrümmert hat? Hätte seine ganze Laufbahn damit zerstören können. Schon komisch, wie ein normaler Junge sich so schnell in ein Arschloch verwandeln kann. Liegt wohl in der Familie. Hast du mal seinen Vater getroffen? Den Staatspolizisten? Faule, fette Wichser, alle beide. Jedenfalls hast du den Kopf für ihn hingehalten, Mike. Ich weiß das, und du weißt es. Also, wie gesagt … ganz unter uns … Nicke mit dem Kopf, wenn ich bis hierhin recht habe.«
    Diese Fehde ging mich nichts an, und weiß Gott hatte mir keiner von den anderen dafür gedankt, dass ich die Schuld allein auf mich genommen hatte. Und doch …
    »Ich warte.«
    Und doch konnte er mich mal. Ich bewegte keinen Muskel.
    »Komm schon, Mike. Sei kein Trottel. Das ist die Sache nicht wert.«
    Ich kann den ganzen Tag so weitermachen, dachte ich. Ich kann hier reglos auf meinem Stuhl sitzen und dich reden lassen.
    »Okay«, sagte er schließlich. »Wenn das deine Einstellung ist.«
    Er stand auf und kam zu mir herum. Ich hatte mich immer noch nicht gerührt und wartete darauf, dass er mir die Pranken um den Hals legte.
    »Weißt du was? Ein Anruf von mir, und denen fällt was anderes für dich ein. Ich brauche ihnen nur zu sagen, dass du kein braver kleiner Bewährungskandidat bist. Kannst du mir folgen? Dann schicken sie dich in eins dieser Lager mit all den anderen Jungverbrechern. Deine stumme Rolle wird bei den Kerlen dort bestimmt sehr gut ankommen. Ist es das, was du willst?«
    Da sah ich ihn endlich an.
    »Du bringst mich in eine schwierige Lage hier. Ich habe dich … wie lange zur Verfügung? Von zwölf bis vier, sechs Tage die Woche? Dann schwing mal deinen Arsch von meinem Stuhl und komm mit raus.«
    Ich stand auf und folgte ihm. Er führte mich durch die Küche zu der Tür, die ich mit einem Schraubendreher und einer Sicherheitsnadel geöffnet hatte, machte sie auf und wollte in den Garten hinausgehen. Auf einmal blieb er stehen und sah sich den Türknauf an.
    »Übrigens … durch diese Tür seid ihr doch reingekommen, oder?«
    Ich

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