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Der Mann aus dem Safe

Der Mann aus dem Safe

Titel: Der Mann aus dem Safe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Hamilton
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passiert. Alle anderen Schäden waren offenbar auch behoben worden. Nirgends mehr eine Spur von unserem Eindringen.
    »Zwölfhundert Dollar«, bemerkte er. »Der neue Behälter, der Wasserschaden am Teppich und den Möbeln …«
    Er stand da und wartete auf eine Reaktion von mir. Wohl, dass ich entsprechend würdigte, was er sagte.
    »Ich hätte eigentlich abwarten und dich alles reparieren lassen sollen, aber das hätte ja wohl verdammt wenig Zweck gehabt. Was hättest du tun sollen, die Glasscherben zusammenkleben?«
    Jetzt debattierst du mit dir selbst, dachte ich. Ich sollte besser was unternehmen. Also hob ich kurz die Hände und ließ sie wieder fallen.
    »Ja, genau. Da hast du verdammt recht. Was soll man da noch sagen?«
    Er drehte sich um, ging zu einer Tür gleich hinter der Treppe und winkte mich heran. Dieses Zimmer hatte ich beim ersten Mal nicht gesehen. An einer Wand stand ein Bücherschrank aus dunklem Holz und an einer anderen eine Videoleinwand. Ein breites Panoramafenster mit Blick auf den Garten hinten war in die dritte Wand eingelassen, und an der vierten hing der größte gottverdammte ausgestopfte Fisch, den ich je gesehen hatte. Es war einer von diesen enormen Blauen Marlins, mindestens zwei Meter siebzig lang mit noch mal einem halben Meter speerförmigem Maul. Er war ausgestopft und montiert und lackiert und sah so echt aus, dass man meinte, noch das Wasser von ihm abtropfen zu sehen.
    »Setz dich, bitte.« Er zeigte auf die Besucherstühle aus Leder vor seinem Schreibtisch und plazierte sich selbst dahinter, so dass der Riesenfisch direkt über seinem Kopf war. Dann holte er einen von diesen kleinen Gummibällen fürs Muskeltraining hervor und begann ihn zu drücken. Lange sagte er gar nichts, sah mich nur an und drückte.
    »Ich habe das verdammte Vieh vor Key West gefangen«, bemerkte er schließlich, ohne hinzusehen. »Habe drei Stunden lang mit ihm gekämpft.«
    Er drückte weiter. Ließ mich nicht aus den Augen.
    »Okay, ich muss es zugeben, ich bin ein bisschen hin- und hergerissen. Zum Teil würde ich dich immer noch am liebsten umbringen.«
    Er legte eine Pause ein und taxierte mich, zweifellos, um die Wirkung seiner Worte abzuschätzen.
    »Der andere Teil will dir nur ordentlich weh tun.«
    So war das aber nicht abgemacht, dachte ich. Nicht meinem Bewährungshelfer zufolge.
    »Ich möchte dich etwas fragen. Ist bei dir zu Hause je eingebrochen worden?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Hast du eine Ahnung, was das für ein Gefühl ist?«
    Wieder schüttelte ich den Kopf.
    »Als ob man vergewaltigt worden wäre. Als ob einer dir tief in die Eingeweide gegriffen hätte …«
    Er hielt seinen Ball in die Höhe und drückte ihn, so fest es ging.
    »Als ob dir jemand etwas weggenommen hätte, das du nie mehr zurückbekommen kannst. Das Gefühl von Sicherheit. Das Gefühl, in deinem eigenen verfluchten Heim sicher und geborgen zu sein. Verstehst du, was ich dir sagen will?«
    Ich saß da und sah ihn an.
    »Was soll das überhaupt mit dem Nichtsprechen? Was denkst du dir dabei?«
    Mit seiner freien Hand griff er nach einem gerahmten Foto auf dem Tisch, von dem ich nur die Rückseite sah.
    »Ich habe eine Tochter in deinem Alter. Seit dem Einbruch … seit in dieses Haus gewaltsam eingedrungen wurde …«
    Er drehte den Rahmen zu mir um. Ich sah ihr Gesicht.
    »Es ist alles schon schwer genug für sie, will ich damit sagen. Seit ihre Mutter tot ist.«
    Er unterbrach sich für einen Augenblick.
    »Seit ihre Mutter sich das Leben genommen hat. Vor ein paar Jahren. Ich sage dir das nur, damit du weißt, was sie schon alles durchgemacht hat, okay? Amelia lebt seitdem in ihrer eigenen Welt. Erholt sich langsam, möglicherweise. Ich weiß es nicht. Aber jetzt, nach eurem verdammten Einbruch hier – sie muss furchtbare Angst haben. Das kannst du dir gar nicht vorstellen, was? Du hast nicht die leiseste beschissene Ahnung.«
    Auf dem Foto verkroch sie sich in ein Kapuzensweatshirt, und ihre Haare wurden vom Wind zerzaust, der von einem See im Hintergrund blies. Sie lächelte nicht.
    Aber sie war wunderschön.
    »Ich hoffe sehr, dass du eines Tages mal Kinder hast. Ich hoffe, du hast eine Tochter wie meine Amelia, und irgendein dreckiges, nichtsnutziges Gesindel bricht in dein Haus ein und terrorisiert sie. Damit du weißt, wie ich mich jetzt fühle.«
    Amelia. Zum ersten Mal hörte ich ihren Namen. Amelia.
    Er drehte das Foto wieder um. Ich hatte plötzlich ein ungutes Gefühl im Magen, so hohl

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