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Der Mann aus dem Safe

Der Mann aus dem Safe

Titel: Der Mann aus dem Safe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Hamilton
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einfach nur gelangweilt. Mehr brauchst du nicht zu machen.«
    Wir stiegen aus. Auch vor diesem Club gab es eine lange Warteschlange, und alle sahen umwerfend aus. Julian führte uns nonchalant zum Eingang, wo ein prototypischer Bodybuilder von Türsteher wachte, der fast aus seinem Hemd platzte. Er warf einen Blick auf Julian, nickte ihm knapp zu, öffnete die Absperrkordel und ließ ihn ein. Ramona und Lucy bekamen das gleiche kurze Nicken. Mich musterte er schnell von Kopf bis Fuß, hielt mich aber nicht auf. Ich sah mich nach den wartenden Leuten um, als wir hineingingen. Niemand wirkte besonders glücklich über unsere Vorzugsbehandlung, aber es schien auch niemand einen Aufstand deswegen machen zu wollen.
    Kaum drin, dröhnte mir die Musik in die Ohren. Ein unbarmherziger, hämmernder Beat, der über die Beine bis hinauf in die Magengrube vibrierte. Lichter blitzten aus jeder Richtung, Spots und Laser, alle schön im Takt mit der Musik. Wir waren noch zehn Meter von der Tanzfläche entfernt, aber Julian hatte schon die Arme in der Luft. Er zwängte sich durch die Menge zu einem Winkel weit hinten, wo eine enge Wendeltreppe hinauf auf die Galerie führte. Oben stand ein weiterer Rausschmeißer, der Julian ebenfalls zunickte und uns passieren ließ.
    Die meisten Tische dort oben waren schon besetzt. Die Reichen, Berühmten und Schönen. Das vermutete ich zumindest, obwohl sie für mich nicht anders aussahen als die Gäste unten. Julian ging zu einem Ecktisch, der in einem eigenen kleinen Käfig stand wie eine dieser Privatlogen in alten Theatern. Er hängte die Kordel aus und ließ uns in den Käfig. Wir vier passten gerade so rein.
    Bestimmt hundert Menschen tanzten dort unter uns wie zu unserer Unterhaltung. Die Lichter malten alles abwechselnd rot, gelb, blau und grün. Ich saß da und ließ die Szenerie auf mich wirken. Fragte mich, was verdammt noch mal hier vor sich ging. Wie das alles mit Gunnars Einschleichen in dieses Haus im Canyon zusammenhing.
    »Drinks, Ladys? Michael?«
    Ramona und Lucy wollten Champagner, um den Abend einzuläuten. Ich zuckte die Achseln. Champagner oder sonst was, mir ist alles recht.
    Am Rand des Käfigs gab es einen kleinen Knopf. Julian drückte darauf, und ungefähr fünf Sekunden später kam eine Frau herbei, die so etwas Ähnliches wie einen schwarzen Taucheranzug mit einem fast bis zum Bauchnabel aufgezogenen Reißverschluss trug.
    Julian bestellte eine Flasche Cristal, worauf sie wieder verschwand. Nach zwei Minuten erschien sie mit einer Flasche, einem Sektkühler und vier Champagnerflöten. Sie entkorkte die Flasche und schenkte ein. Dann war es Zeit, anzustoßen. Julian blickte Ramona in die Augen und sagte fünf Worte.
    »A la Mano de Dios.«
    Darauf tranken wir. Julian lehnte sich zurück, beobachtete die tanzende Menge und zuckte dazu rhythmisch mit den Schultern. Irgendwann tauchte eine dunkle Gestalt auf und beugte sich in unseren Käfig.
    »Dann kann die Party ja losgehen!«
    Er war groß und dünn und trug einen dunkelgrauen Nadelstreifenanzug mit einem weißen Hemd, dessen oberste drei Knöpfe offen standen. Seine Haare waren zu einem straffen Pferdeschwanz zurückgebunden. Irgendwo im Ozean vermisste ein Hai seine kalten Augen, denn dieser Mann hatte sie.
    Julian stand auf und begrüßte ihn mit Handschlag und einer angedeuteten Umarmung. Der Mann küsste Ramonas Hand, dann Lucys. Dann kam er zu mir.
    »Habe ich das Vergnügen, endlich euren Freund kennenzulernen?«
    »Allerdings. Wesley, das ist Mikhail. Aus dem fernen Moskau.«
    »Ist mir eine Ehre«, sagte er. »Ich hoffe, du hattest eine gute Reise.«
    »Er spricht kein Englisch«, erklärte Julian. »Weigert sich, auch nur ein einziges Wort zu lernen.«
    Das schien den Mann tief zu beeindrucken. »Ich hoffe, du fühlst dich in meinem Club wie zu Hause«, sagte er und schüttelte meine Hand. »Auch wenn du keine Ahnung hast, von was zum Teufel ich rede.«
    Er lachte über seinen eigenen Scherz und flüsterte Julian etwas ins Ohr. Dann ging er.
    »Du hast Eindruck gemacht«, sagte Julian zu mir. »Er findet dich auch schön.«
    »Amerikaner stehen irgendwie auf Russen«, bemerkte Ramona.
    Nimm’s, wie’s kommt, dachte ich. Zur Abwechslung bin ich mal froh, nichts Falsches sagen zu können.
    Julian trank einen Schluck Champagner und blickte auf seine Uhr.
    »Da wir nun wissen, dass unser Mann Wesley sich in seinem Lokal aufhält …«
    »Gehen wir«, sagte Lucy, die aufstand und meine Hand nahm. »Wir

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