Der Mann aus Israel (German Edition)
durchgedreht in seinem immensen Schmerz?
Ich bleibe eine Weile zitternd in dem Polsterstuhl sitzen.
Raffi hockt vor dem Fernsehapparat, ich sehe sein breites Kreuz von hinten. Er
hat mein Zimmer in Beschlag genommen, mich hat er vergessen. Was soll ich jetzt
machen, denke ich. Soll ich ihn hinauswerfen? Dann fängt er wieder zu schreien
an. Das kann ich nicht noch einmal aushalten.
Ich stehe langsam auf und gehe zu ihm.
„Vielen lieben Dank für Deinen Besuch, Raffi.“ sage ich
leise und küsse ihn auf die Stirn. „Gute Nacht.“
Er reagiert nicht, starrt weiter auf den Bildschirm. Ich
gehe ins Schlafzimmer und schließe die Türe hinter mir. Nur jetzt nichts
denken, nicht urteilen, rede ich auf mich ein. Das einzige, was Du jetzt tun
musst, ist ein wenig schlafen, ausruhen, Luft holen. Ich ziehe mich aus, wische
mir mit einem nassen Lappen die verschmierte Schminke aus dem Gesicht.
Was ich brauche, ist ein Bier, denke ich, das wird mich
beruhigen. Ich hole mir eine Büchse Maccabi aus der Minibar. Alles in
diesem Land ist alttestamentarisch, sogar das Bier muss zur historischen
Legitimation herhalten. Das Geschlecht der Makkabäer, das den Juden ein letztes
Jahrhundert nationaler Unabhängigkeit vor der weltweiten Zerstreuung gebracht
hatte, als schäumendes Lager-Bier. Eine groteske Welt, denke ich, nehme einen
letzten Schluck und lege mich ins Bett. Es wird alles vorbeigehen, Elisabeth.
Du wirst schon sehen, wenn Du aufwachst, sieht die Sache halb so schlimm aus,
dann wird er wieder der wunderbare Mann sein, den Du liebst, denke ich
schläfrig und spüre, wie mein Hirn langsamer arbeitet und hinüberdriftet in die
federleichte Wohligkeit des Schlafes.
„Ach, Du schläfst schon?“ Wie aus weiter Ferne höre ich
Raffis Stimme, laut und zornig. Er hat mir die Bettdecke weggerissen, ich liege
unbekleidet in der kühlen Nachtluft. Mein Herz klopft zum Zerspringen, ich
fürchte mich plötzlich, bin zu Tode erschrocken. Im ersten Moment weiß ich gar
nicht, wo ich bin.
Bevor ich einen ersten Gedanken fassen kann, stürzt er sich
mit seinem massigen Körper auf mich, er ist nackt, sein erigiertes Glied steht
drohend wie ein Beil zwischen uns. Nur das zerknautschte, karierte Hemd hat er
noch an. Die Knöpfe stehen offen. Seine goldenen Haare hängen ihm in wirren
Strähnen über das zerfurchte Gesicht. Dieser Mann macht mir Angst. Ich greife
nach der Bettdecke, ich will meine Nacktheit bedecken. Er reißt mir das
leinerne Tuch aus den Händen.
„Wie kannst Du schlafen in einer solchen Nacht? Hast Du kein
Herz? Weißt Du nicht, was Schmerzen sind?“ brüllt er mich an. „Nein, das weißt
Du nicht. Du kennst kein Leid, für Dich ist das Leben ein einziger
Selbstbedienungsladen. Du bist hochnäsig und arrogant. Und Du weißt nicht, wie
es ist, wenn man stirbt vor Schmerz.“
Ich versuche, mich im Bett aufzurichten, er schleudert mich
zurück, drückt mich mit der gewaltigen Kraft seiner schmalen Hände zurück auf
das Kissen. Nimm` Dich in Acht vor mir, kleine Prinzessin, hatte er mir
gestern zärtlich ins Ohr geflüstert, ich bin ein gefährlicher Mann. Ich
brauche keine Waffe, ich kann mit den Händen töten. Ich fand diesen
Gedanken sehr amüsant. Jetzt liegt er auf mir, den Mund weit geöffnet, ich kann
seine scharfen Zähne sehen, den Speichel auf seinen Lippen und spüre seinen
riesigen Phallus zwischen meinen Beinen.
„Ich habe Angst vor Dir, Raffi, ich habe solche Angst.“
schreie ich atemlos und stemme mich gegen sein Gewicht. „Hör` doch auf. Bitte.
Es ist genug.“ Ich versuche mich zu wehren, aber ich bin machtlos gegen so viel
gewalttätige Kraft. Er reißt mir die Beine auseinander.
„Nein, nein. Raffi.“ ich kann nur noch flüstern. „Wach`
endlich aus Deinem Irrsinn auf, Raffi. Tu es nicht. Nein! Nein! Tu es nicht.“
Aber der Erzengel Raffael schlägt mir wütend sein Schwert
zwischen die Beine. Es schmerzt so unsagbar, so entsetzlich, als er sich tief
in mich hineinbohrt, in meine verzerrten Muskeln, die ihn nicht empfangen
wollen, die ihn verabscheuen und verwünschen. Wie mit einem rostigen Messer
zerfetzt er meine Haut, die Schmerzen machen mich jaulen und winseln.
„Hör` auf, hör` auf. Raffael. Bitte.“ Ich schreie vor Ekel,
spucke ihm ins Gesicht, versuche, ihn zu beißen, ihn aus mir zu drängen, aber
ich kann mich nicht befreien. Das wilde, grausame Tier ist so viel stärker als
ich.
„Du tust mir so weh, Raffi.“ hauche ich stöhnend.
„Ich tu Dir weh, ja?“
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