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Der Mann aus Israel (German Edition)

Der Mann aus Israel (German Edition)

Titel: Der Mann aus Israel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Jardas
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ihn zu dem eleganten Sofa und schiebe ihn in die Polster. Ein
geschlagener, armseliger Heimkehrer sitzt auf der seidenen Pracht.
    „Jetzt mal der Reihe nach.“ fordere ich ihn auf. Ich habe
noch nichts begriffen, außer, dass irgendjemand den Ministerpräsidenten
ermordet hat, eine Mitteilung, die in mir einen Anflug von Zorn hervorruft.
Wieso zerstört mir dieser Mann meine Liebesnacht, denke ich. Und meinem Ritter
hat er das blitzende Schwert aus der Hand geschlagen. Als gewaltiger Mammut hat
Raffael meine Gemächer verlassen, als kraftloses Lamm kehrte er zurück.
    „Es war nach dieser Friedensdemonstration in Tel Aviv, von
der Du  so geschwärmt hast.“ beginnt er leise.
    Mir stockt das Blut. Aber das ist doch genau da, wo Jason
und all die anderen gerade sind. Wo ich auch hätte sein sollen. „Ja, aber, was
ist passiert?“ Ich kann mir überhaupt nichts zusammenreimen. Die
Sicherheitsvorkehrungen waren doch millimetergenau geplant. Ein gewaltiger
Kordon von Bodyguards sollte den prominenten Mann schützen. Ich war doch dabei,
als sie alles genauestens überdachten, immer und immer wieder. Vorgestern. In
Jasons Haus.
    „Ich weiß es auch nicht genau. Jemand hat ihn in der Garage
erschossen, als er in sein Auto steigen wollte. Ich habe es gerade am Fernsehen
gesehen und bin sofort zu Dir heraufgelaufen.“ Raffaels Gesicht ist aschgrau.
Ich verstehe sein gewaltiges Entsetzen nicht ganz, er hat doch diesen Mann
nicht leiden können, sprach immer von ihm als einem Verräter, hoffte auf eine
politische Veränderung im Lande oder wenigstens auf eine Abkehr der
Friedensschritte des Ministerpräsidenten. Und nun hat sein Tod ihn so über alle
Massen erschüttert.
    „Wer denn? Um Gottes Willen.“ schreie ich. „Wer hat ihn
erschossen, wer tut denn so etwas?“. Fetzen des soeben Gehörten formen sich in
meinem Hirn zu flirrenden Bildern, ich sehe einen Araber, der mit hasserfüllten
Augen, in den verkrampften Händen ein Gewehr, auf den Ministerpräsidenten
zielt. Und schießt und schießt. Er drückt ab und schießt und schießt weiter,
bis Rabin, der die Hände schutzsuchend vors Gesicht streckt, zu Boden fällt.
Der Araber schießt weiter und weiter, bis sich Rabin nicht mehr rührt, bis das
Leben aus dem mutigen Mann, der die Zeit des Friedens eingeläutet hat,
entschwunden ist.
    Mein Gott, das heißt Krieg, denke ich fröstelnd. Das werden
sich die Israelis nicht gefallen lassen. Sie werden alle Araber dafür
verantwortlich machen. Und die Antwort darauf kann nur Krieg heißen. Während
wir hier zitternd das Unfassbare zu verstehen versuchen, läuten in den Kasernen
schon die Sirenen, werden Panzer bestückt und Uzis geschultert. Ich packe Raffi
bei den Schultern und schüttle ihn. „Wer? Sag` schon endlich! Wer hat ihn
erschossen?“
    Raffael öffnet den Mund, er will reden, aber keine Silbe
dringt hervor. Er macht eine verzweifelte Bewegung mit den Schultern.
    „Wer? Ein Palästinenser?“ brülle ich.
    Er fährt sich mit der Hand über die Stirn und sagt so leise,
dass ich es kaum verstehen kann. „Nein. Einer von uns.“
    Einer von uns. Einer von uns. Die Worte hallen in
meinem Kopf weiter. Einer von uns. Ein Jude also. Ein Jude hat einen
Juden gemordet. Das ist es also, das Unfassbare. Ein Brudermord. Mir wird kalt
vor Grauen.
    Ich lasse mich langsam auf das Sofa gleiten, wie unter einem
Elektroschock spüre ich meine Nerven heiß und schmerzhaft durch meinen Körper
jagen, ich zittere und kralle meine Hände in Raffis Hemdärmel. Langsam, wie in
Zeitlupe, festigen sich die Bilder des Ungeheuerlichen, und ich beginne
Raffaels Erschütterung zu erahnen. Ein Jude tötet keinen Juden, das ist ein
ewig gültiges Gesetz. Heute Abend wurde es gebrochen. Den Menschen in diesem
Land wurde der Boden unter den Füssen weggezogen. Ich muss die Fäuste ballen,
um nicht laut zu schreien.
    „Oh nein. Nein. Nein.“ Ich lege meinen Kopf erschöpft auf
Raffis Schulter. Er stößt mich weg und schaltet den Fernsehapparat ein.
     Bleiche Männer, die um einen Tisch sitzen und aufgeregt
durcheinander reden, erscheinen auf dem Bildschirm. Ich erkenne keinen
einzigen, verstehe nur Bruchstücke ihrer Diskussionen. Yigal Amir heißt
der Mörder, so viel bekomme ich mit. Ein religiöser Fanatiker sei er, mit
Eltern, die aus dem Jemen eingewandert sind. Irgendetwas studiert er an einer
religiösen Universität, ein Bursche von siebenundzwanzig Jahren.
    „Was erzählen sie denn genau?“ frage ich Raffael.
    „Sei doch

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