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Der Mann aus London

Der Mann aus London

Titel: Der Mann aus London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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weiterarbeitete, während er mit ihr sprach. Aus dem Raum hinter dem Laden kam eine schrille Frauenstimme:
    »Was ist los, Henriette?«
    »Nichts, Madame, nichts.«
    Maloin hätte jetzt gehen sollen, und er wußte das auch.
    »Du hast eine schöne Pfeife«, sagte seine Tochter, während sie das Scheuertuch auswrang. »Hat Mutter sie dir gekauft?«
    Von hinten kamen Schritte herbei. Eine Frau, ebenso breit wie hoch, mit einem Spanferkelgesicht, blieb im Türrahmen stehen.
    »Also, Henriette …!«
    »Ja, Madame«, brachte Henriette stockend und in unterwürfigem Ton heraus. Die Spitzen ihrer Haarsträhnen tauchten ins Wasser, als sie sich wieder über den Eimer bückte.
    »Habe ich Ihnen nicht schon mal verboten, sich vom Laden aus mit Männern …«
    Die Metzgersfrau tat so, als sähe sie Maloin gar nicht, als sei nur Henriette da.
    »Aber es ist mein Vater«, sagte das junge Mädchen und breitete erneut das Scheuertuch aus, um das Wasser am Boden aufzunehmen.
    »Und selbst wenn’s der Papst wäre! Sie sind ja noch nicht mal mit der Küche fertig!«
    Maloin bekam wieder nur den Rücken seiner Tochter mit den nackten Oberschenkeln zu sehen. Hinter ihm auf dem Trottoir kamen Leute vorüber.
    »Henriette!« rief er in den Laden.
    Diesmal wagte sie sich nicht mehr nach ihm umzudrehen. Die Metzgersfrau blieb in abwartender Haltung im Türrahmen stehen und wollte offensichtlich sehen, wie weit Maloin die Provokation noch treiben würde.
    »Hol deine Sachen, Henriette!«
    »Was soll das heißen?«
    Das Spanferkelweib war näher gekommen, ihre kurzen Wurstfinger in den Taschen ihrer Schürze vergraben.
    Maloin war verbockt, um so mehr, als er selbst nicht recht wußte, was er wollte. Er hätte sich noch durch das Gitter hindurch in den Laden zwängen können, aber er spürte, daß er mehr Autorität behielt, wenn er draußen blieb.
    »Henriette, Sie machen sofort die Küche fertig!«
    »Ja, Madame …«
    »Henriette! Ich verbiete dir, in die Küche zu gehen. Du wirst sofort deine Sachen holen und mit mir kommen.«
    Die Szene war schon an der Grenze des Lächerlichen. Maloin merkte das genau, wurde durch diese Erkenntnis aber nur noch starrsinniger. Das Verrückteste war, daß sowohl die Metzgersfrau wie er selbst sich gegenseitig ignorierten und sich nicht direkt anredeten.
    »Sie können in acht Tagen gehen, wenn Sie wollen. Oder vielmehr, Sie werden auf jeden Fall gehen! So jemand wie Sie will ich nicht mehr in meinem Haus. Aber erst arbeiten Sie die vereinbarten acht Tage ab.«
    »Und ich sage dir, Henriette, du gehst dich jetzt anziehen!«
    Das Scheuertuch immer noch in der Hand, wischte sich Henriette mit dem Handrücken über die Augen und sah zuerst ihre Chefin und dann ihren Vater an, dessen Gestalt sich eigenartig hinter dem Scherengitter abzeichnete.
    »Also … Wird’s bald?«
    »Haben Sie verstanden, Henriette? Ich sage Ihnen, daß ich die Polizei hole, wenn Sie’s zum Äußersten treiben.«
    »Ausgezeichnet! Soll sie doch kommen, die Polizei!« schlug Maloin zurück.
    Er hätte nicht sagen können, was er in diesem Fall getan hätte. Er war im Unrecht, und gerade deshalb schäumte er vor Wut.
    »Zum letzten Mal. Du kommst jetzt mit!«
    Henriette verschwand nach hinten. Die Ellbogen auf die Kasse aufgestützt blieb die Metzgersfrau noch eine Weile im Laden stehen, weil es nicht so aussehen sollte, als trete sie den Rückzug an. Maloin rauchte seine Pfeife, ohne noch daran zu denken, daß es eine neue Pfeife für zweihundertfünfzig Francs war.
    »Ich habe nicht das Recht, meine Tochter auch nur eine Minute länger in diesem Haus zu lassen«, redete er sich halbherzig zu. »Wenn man fünfhunderttausend Francs und mehr hat …«
    Von seinem Standort aus konnte er gerade noch ein Stück der Stellwerkskabine sehen, in der ein Koffer in einem weißen Holzspind stand …
    Die Metzgersfrau war nun auch verschwunden. Aus dem Raum hinter dem Laden drangen erregte Stimmen, und Maloin hörte ein Schluchzen. Er lief mit starrem Blick und böse aufeinandergepreßten Kiefern vor dem Geschäft auf und ab. Er brauchte das Gefühl, seinen Willen durchsetzen zu können. Gegenüber war ein Papierwarengeschäft und daneben ein Laden mit Souvenirs von Dieppe.
    Als er sich schließlich wieder umdrehte, sah er Henriette in Hut und Mantel durch den Laden kommen. Sie hatte ein Köfferchen in der Hand und schob das Gitter zurück.
    »Warum hast du das getan?« fragte sie, als sie neben ihrem Vater herging.
    »Darum!«
    »Sie will beim

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