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Der Mann Aus St. Petersburg: Roman

Der Mann Aus St. Petersburg: Roman

Titel: Der Mann Aus St. Petersburg: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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unerhörten Forderung erschreckt, und dann, als er seine wirkliche Forderung stellte, war ich so erleichtert, daß ich sie fast angenommen hätte.
    Ich dachte, ich würde Alex manipulieren, aber in Wirklichkeit hat er mich manipuliert.
    Waiden lächelte. »Ich bin stolz auf dich, mein Junge«, sagte er.
    An diesem Morgen beschloß Felix, wann, wo und wie er Fürst Orlow töten würde.
    Der Plan dazu hatte für ihn bereits Form angenommen, während er im Club der Jubilee Street die Times las. Den Ausschlag hatte ein Abschnitt in der Spalte »Hofberichte« gegeben:
    Fürst Alexeij Andreijewitsch Orlow ist gestern aus St. Petersburg eingetroffen. Er weilt als Gast bei dem Earl und der Gräfin von Waiden und wird die Saison in London verbringen. Fürst Orlow wird Ihren Majestäten, dem König und der Königin, am Donnerstag, dem 4. Juni, bei Hof vorgestellt.
    Nach der Lektüre dieser Zeilen wußte er genau, daß Orlow sich zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Datum an einem bestimmten Ort befinden werde. Eine solche Information war wesentlich für einen sorgfältig geplanten Mord. Felix hatte gehofft, sich diese Information über ein Mitglied der Waidenschen Dienerschaft besorgen zu können oder durch eine Beschattung Orlows, die ihm einen Hinweis auf dessen Gewohnheiten geben konnte. Doch das war nun überflüssig. Jetzt brauchte er nicht mehr das Risiko einzugehen, Diener in seine Pläne einzubeziehen oder Leuten nachzuspüren. Er fragte sich, ob Orlow wußte, daß sein Kommen und Gehen von der Presse bekanntgegeben wurde, was ja geradezu eine Einladung für Mörder darstellte. Typisch englisch, dachte er.
    Das nächste Problem bestand darin, nahe genug an Orlow heranzukommen, um ihn töten zu können. Er, Felix, würde Schwierigkeiten haben, in einen königlichen Palast zu gelangen. Aber auch diese Frage wurde von der Times beantwortet. Auf der gleichen Seite wie die Hofberichte, zwischen der Ankündigung eines Tanzabends bei Lady Bailey und den Einzelheiten einer Testamentsvollstreckung, las er:
    DER KÖNIGLICHE HOF GIBT BEKANNT:
BESTIMMUNGEN FÜR DIE WAGENANFAHRTEN
    Um ein leichteres Aufrufen der Wagen der am Hofe Ihrer Majestäten im Buckingham Palast zugelassenen Gäste zu gewährleisten, geben wir auf Bitte der zuständigen Stellen folgendes bekannt: Bei den Herrschaften, die das Vorrecht zur Pimlico-Einfahrt genießen, wird der Kutscher eines jeden zurückkehrenden Wagens aufgefordert, bei dem links vom Tor stehenden Wachpolizisten eine Karte zu hinterlassen, auf welcher der Name der Dame oder des Herrn, dem der Wagen gehört, deutlich geschrieben steht, und für die Herrschaften, die das große Eingangstor benutzen, gilt das gleiche mit dem Unterschied, daß die Karten dem Wachpolizisten linker Hand des zum Viereckhof des Palastes führenden Torbogens ausgehändigt werden.
    Um den Herrschaften den Genuß der oben erwähnten Bestimmungen zu ermöglichen, ist es notwendig, daß jeder Wagen von einem Lakaien begleitet wird, da keine Vorkehrungen getroffen werden können, die Wagen ausrufen zu lassen, wenn den an der Tür wartenden Lakaien, die dann die Wagen holen, die entsprechende Karte mit dem Namen nicht ausgehändigt wird. Die Tore werden für den Empfang der Herrschaften um acht Uhr dreißig geöffnet.
    Felix mußte es mehrere Male lesen. Der Stil der Times war äußerst schwer verständlich. Die Bekanntmachung schien zu besagen, daß die Lakaien der aus dem Palast kommenden Besucher losrennen müßten, um die anderenorts geparkten Wagen zu holen.
    Es muß irgendeinen Weg geben, sagte er sich, mich in oder auf dem Waidenschen Wagen zu verstecken, wenn er zum Palast zurückfährt, um »die Herrschaften« aufzunehmen.
    Ansonsten blieb nur noch eine Schwierigkeit. Er hatte keine Waffe. In Genf hätte er sich leicht eine beschaffen können, aber es wäre zu riskant gewesen, sie über die Grenze zu bringen. Man hätte ihn aus England ausweisen können, wenn man sie in seinem Gepäck gefunden hätte.
    Es war bestimmt ebenso leicht, sich eine Waffe in London zu besorgen, aber er wußte nicht wie, und es widerstrebte ihm, sich offen danach zu erkundigen. Er hatte Waffenläden im Londoner West End gesehen und bemerkt, daß die dort verkehrenden Kunden sehr nach Oberklasse aussahen. Dort hätte man Felix nicht bedient, selbst wenn er über genug Geld verfügt hätte, um sich eine der schönen Präzisionsfeuerwaffen zu kaufen. Er war in billigen Kneipen gewesen, in denen ohne Zweifel Verbrecher mit Waffen

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