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Der Mann Aus St. Petersburg: Roman

Der Mann Aus St. Petersburg: Roman

Titel: Der Mann Aus St. Petersburg: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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schließlich auf, ohne auch nur in die Nähe von Southampton gelangt zu sein.
    Sie lag schweißgebadet im Bett, und ihr Herz pochte wild, während sie mit weit geöffneten Augen an die Decke starrte und sich beruhigte: Es war nur ein Traum. Gott sei Dank.

    Felix ging niedergeschlagen zu Bett und erwachte wütend.
    Er war wütend auf sich selbst. Der Mord an Orlow war schließlich kein übermenschliches Unternehmen. Gewiß, der Mann wurde bewacht, aber Felix war intelligent und entschlossen. Mit Geduld und Beharrlichkeit würde sich ein Weg finden lassen, der alle Hindernisse umging.
    Er wurde gejagt. Aber er würde sich nicht fangen lassen. Er würde nur noch Nebenstraßen und Gassen benutzen, seine Nachbarn meiden und ständig nach blauen Polizeiuniformen Ausschau halten. Seit dem Beginn seiner Karriere als Gewalttäter war er schon oft gejagt worden, und nie hatte man ihn erwischt.
    Schließlich stand er auf, wusch sich an der Pumpe im Hof, ließ die Rasur ausfallen, zog sich seine Matrosenjacke an und setzte sich die Drahtbrille und die Tweedmütze auf. Dann frühstückte er an einem Teestand und radelte unter Vermeidung der Hauptstraßen zum St. James’s Park.
    Das erste, was er sah, war ein uniformierter Polizist, der vor dem Waidenschen Haus auf und ab ging.
    Das bedeutete, daß er seinen bisherigen Beobachtungsposten gegenüber dem Haus nicht beziehen konnte. Er mußte sich viel weiter in den Park begeben und das Haus aus der Ferne beobachten. Und auch dort durfte er nicht zu lange am gleichen Platz bleiben, denn sonst würde er dem Polizisten auffallen.
    Er warf einen Blick in die Morgenzeitung und las, daß er den Polizisten auf dem Markt von Covent Garden umgebracht hatte. Der Mann mußte ein schwaches Herz gehabt haben. Na schön, sagte er sich, ein Bulle weniger.
    Etwa um die Mittagszeit kam ein Auto aus dem Tor des Waidenschen Hauses. Felix ließ die Zeitung fallen und rannte zu seinem Fahrrad.
    Er hatte den Wagen nicht hineinfahren sehen und nahm deshalb an, daß er Waiden gehörte. Zuvor hatte die Familie immer eine Kutsche benutzt, aber es war natürlich möglich, daß sie zusätzlich auch ein Auto besaß. Felix war zu weit entfernt, um zu sehen, wer sich im Wagen befand. Er hoffte, es wäre Waiden.
    Der Wagen fuhr in Richtung Trafalgar Square. Felix radelte über den Rasen, um ihn einzuholen.
    Der Wagen war ein paar Meter vor ihm, als er die Straße erreichte. Felix konnte leicht mit ihm Schritt halten, als er um den Trafalgar Square fuhr, aber dann beschleunigte das Auto plötzlich und fuhr auf der Charing Cross Road gen Norden.
    Felix radelte schnell, machte jedoch keine verzweifelten Anstrengungen. Einerseits wollte er kein Aufsehen erregen, und andererseits mußte er seine Kräfte sparen. Er war jedoch zu vorsichtig, denn als er die Oxford Street erreichte, war der Wagen nicht mehr zu sehen. Er fluchte über seine Dummheit. In welche Richtung war er gefahren? Es gab vier Möglichkeiten: Nach links, geradeaus, nach rechts oder ganz scharf nach rechts.
    Er fuhr geradeaus.
    In einer Verkehrsstauung am nördlichen Ende der Tottenham Court Road sah er den Wagen wieder und atmete erleichtert auf. Er holte ihn ein, als er nach Osten abbog und fuhr nahe genug heran, um einen Blick hineinzuwerfen. Vorne saß ein Mann mit Chauffeurmütze. Hinten jemand mit grauem Haar und Bart: Waiden!
    Den werde ich auch umbringen, beschloß Felix. Bei Gott, ich werde ihn umbringen!
    Im dichten Verkehr vor der Euston Station überholte er den Wagen, fuhr vor ihm her, auch auf die Gefahr hin, daß Waiden ihn erkannte, wenn der Wagen ihn wieder einholte. So ging es die ganze Euston Road entlang, und er blickte ständig über die Schulter zurück, um sich zu vergewissern, daß der Wagen ihm noch folgte. Bei King’s Cross wartete er, hielt den Atem an, bis der Wagen an ihm vorübergefahren war. Er bog nach Norden ab. Während des Überholvorgangs wandte Felix sein Gesicht ab, dann setzte er seine Verfolgung fort. Der Verkehr war ziemlich dicht, und er konnte Schritt halten, wenn es ihn auch ermüdete. Er begann sich Hoffnungen zu machen, daß Waiden zu Orlow fuhr. Ein unauffälliges Vorstadthaus in North London wäre ein gutes Versteck. Seine Erregung stieg. Vielleicht würde es ihm gelingen, beide umzubringen.
    Nach einer halben Meile ließ der Verkehr nach. Der Wagen war groß und schnell. Felix mußte immer rascher in die Pedalen treten. Er kam ins Schwitzen. Er fragte sich, wie lange er noch durchhalten

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