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Der Mann, der den Zügen nachsah

Der Mann, der den Zügen nachsah

Titel: Der Mann, der den Zügen nachsah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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Pamela tot war, so hatte er das nicht beabsichtigt. Und beide Male hatte er nur Mädchen einer gewissen Sorte angefallen, was dazu angetan war, etwaige Ängste ehrbarer Frauen zu zerstreuen.
      Mit einer Vielzahl solcher Verbrechen auf dem Gewissen hatte Landru, der obendrein häßlich war, immer noch die halbe Öffentlichkeit auf seiner Seite!
      Warum? Und warum diese uneingestandene Feindseligkeit der Zeitungen, die, wenn sie nicht gerade einen Schweigestreik durchführten, sich mit ganz uninteressanten Informationen begnügten:

    Professor Linze, von dem wir unseren Lesern ein Urteil
    über den Fall des Holländers versprochen hatten, läßt uns wissen, daß er sich, trotz seines lebhaften Wunsches, uns gefällig zu sein, nicht für berechtigt hält, nur aufgrund eines einfachen Briefes in einer so ernsten Sache eine Diagnose zu stellen.

    So weit war man also! Bei kleinen Diskussionen am Rande über seine Person, sein Leben, seine Freiheit! Am folgenden Tag antwortete Professor Abram, der sich durch die Erklärung seines Kollegen betroffen fühlte, ganz kalt:

    Man hat mir in einer Sache, die übrigens ganz unwichtig ist, etwas in den Mund gelegt, was ich nicht gesagt habe. Allerdings habe ich im Laufe einer Unterhaltung den Eindruck entstehen lassen, ich hielte Kees Popinga für einen gewöhnlichen Paranoiker, aber ich habe dieser ganz vorläufigen Meinungsäußerung niemals den Wert einer richtigen Diagnose verleihen wollen.

    Sogar die Irrenärzte schienen ihn fallenlassen zu wollen! Und auch Saladin, der anfangs über ihn die besten Artikel geschrieben hatte und jetzt nur noch die offiziellen Verlautbarungen brachte, ohne sie mit seinem Namen zu zeichnen! Popinga kannte ihn nicht. Er wußte nicht, ob es ein junger oder alter, ein lustiger oder trüber Zeitgenosse war, und dennoch kränkte ihn diese Mißachtung.
      Welchen Sinn konnte es haben, trockene Berichte wie diesen zu veröffentlichen:

    Die Experten, die trotz der Feiertage die Insolvenz des Hauses Julius de Coster en Zoon geprüft haben, erklärten in einem ersten Bericht, daß ihre Arbeit mehrere Wochen in Anspruch nehmen würde. Die Sache scheint in der Tat viel erheblicher zu sein, als man zu Anfang glaubte, so daß man es nicht nur mit einem spektakulären Firmenkrach zu tun hat, sondern auch mit einer ganzen Reihe betrügerischer Machenschaften, die unter dem Deckmantel einer ehrbaren Fassade begangen wurden.
       Im übrigen war die mehrtägige Suche mit dem Schleppnetz im Wilhelmina-Kanal erfolglos. Die Leiche von Julius de Coster konnte nicht gefunden werden, und auch die Möglichkeit, daß sie von einem Schiff mitgeschleppt wurde, scheidet aus.
       Man neigt zu der Ansicht, daß es sich um einen vorgetäuschten Selbstmord handelt und daß der Reeder längst die Grenze passiert hat.

    Was ging das ihn, Popinga, an? Und dann wieder brachte man mit boshaftem Vergnügen nichtssagende Meldungen wie diese:

    Kommissar Lucas ist gestern nach Lyon gefahren, zugegebenermaßen wegen einer Untersuchung, aber er hat die Auskunft verweigert, ob sie im Zusammenhang mit dem Fall Popinga steht oder ob es um die Rauschgifthändler geht, von denen schon einige hinter Schloß und Riegel sitzen.

    Warum nach Lyon? Und warum kam man hartnäckig auf diese Rauschgiftsache zurück, die doch keinen Menschen interessierte? Und warum rollte das alles so ab, als wäre ein unsichtbarer Chef ständig bemüht, die Fäden zu verwirren?
    Der Chef konnte niemand anderes sein als Kommissar
    Lucas. Er allein hinderte auf diese oder jene Art die Reporter daran, ihre eigenen Nachforschungen anzustellen, wie sie es von Beruf gewöhnt sind.
      Denn normalerweise führt jede Zeitung ihre kleinen Ermittlungen durch, ein jeder hat seine Theorie, seine Fährte, ein jeder befragt Leute und veröffentlicht, was er in Erfahrung gebracht hat.
      So war auch niemand auf die Idee gekommen, Jeanne Rozier zu befragen! Kein Wort über ihren Zustand! Unmöglich zu erfahren, ob sie wiederhergestellt war und ob sie ihre Arbeit bei Picratt’s wieder aufgenommen hatte. Auch kein Wort über Louis und keine Meldung über seine Rückkehr aus Marseille.
      Nahm das nicht Formen einer niederträchtigen Quälerei an? Und war es zu glauben, daß kein einziger zur Polizei gegangen war und behauptet hatte, Popinga begegnet zu sein? Und wenn – warum wurde das verschwiegen?
      Natürlich um ihn, Popinga, fertigzumachen! Er hatte verstanden! Er zuckte die Achseln und seufzte verächtlich,

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