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Der Mann, der die Frauen belog - Roman

Titel: Der Mann, der die Frauen belog - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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ganz still da drüben gesessen, als ob sie auf jemand wartet.« Er deutete auf die vier Meter vom Hauseingang stehende schmiedeeiserne Bank. »Ich hab mich ein bisschen gewundert, weil Miss Hyde verreist war, und sonst hat Miss Bosch hier im Haus nie jemanden besucht. Nach einer Weile ist sie dann aufgestanden, ganz rasch und irgendwie aufgeregt, und ist weggelaufen. Wirklich komisch.«
    »Was war der Auslöser?«
    »Keine Ahnung. Grad in dem Moment war ein ständiges Kommen und Gehen, einer wollte ein Taxi haben – es ging zu wie im Taubenschlag.«
    »Können Sie sich noch an bestimmte Personen erinnern?«
    »Nein. Hausbewohner, Besucher, Kinder, Hunde … Die meisten hier haben Hunde.«
    Riker griff sich wieder seinen Karton, aber da wandte Mallory den Kopf und sah auf den gegenüberliegenden Gehsteig.
    Was soll denn das, dachte er. Gewiss, der Mörder wohnte hier im Haus. Trotzdem war es wohl doch noch ein bisschen früh, sich nach Verfolgern umzusehen. Aber es war eine Frau, die in diesem Moment rasch auf sie zukam.
    Ergeben stellte er den Karton wieder ab. Die zierliche, dunkelhaarige Frau sah zu Mallory hoch. »Entschuldigen Sie, dass ich Ihnen nachgegangen bin. Könnte ich Sie kurz unter vier Augen sprechen?«
    Die beiden gingen ein Stück weiter, bis sie außer Hörweite waren. Die Hände der Dunkelhaarigen flogen. Mallory sagte etwas zu ihr. Die Dunkelhaarige schüttelte heftig den Kopf, drückte die Handtasche an die Brust, als wollte sie einen Schlag abwehren, wich ein paar Schritte zurück und ging rasch zu einem wartenden Taxi. Mallory kam gemächlich zu Riker zurück, der sich erneut seinen Karton griff. Der Portier schaltete eilfertig sein Grinsen wieder ein.
    In der Halle tauchte man voll in eine vergangene Zeit ein. Während Mallory dem Mann an dem verschmockten Empfangstresen einen Brief übergab, besah sich Riker die Wandbehänge und Ölgemälde und die kostbaren Teppiche, von denen jeder gut und gern eines seiner Jahresgehälter wert war. Eine Frau mit Sonnenbrille kam an ihnen vorbei. Dunkle Gläser an diesem bedeckten Tag signalisierten: Ich bin ein Star, ihr seid nur Fußvolk. Bunt verglaste Scheiben leuchteten in satten Farben. Auf einem Wandbild unter dem großen Bogenfenster rannte ein Rudel Wild blindlings gegen eine leere Wand.
    Der Mann am Empfang begleitete sie zu einem Fahrstuhl von der Sorte, wie sie die Jugend von heute nur noch aus Dreißiger-Jahre-Filmen kennt. In dem kunstvoll geschnörkelten schmiedeeisernen Käfig, hinter dem sich eine Kabine mit Parkettboden und intarsiengezierten Edelholzwänden verbarg, gondelte ein Fahrstuhlführer mit ihnen nach oben.
    Im dritten Stock stiegen sie aus. Die Wandlampen verbreiteten ein mildes Licht, das an die Gasbeleuchtung der Jahrhundertwende erinnerte. Der Teppichboden hatte ein Orientmuster, an den Wänden hing Geld. Riker hatte einen Blick für teure Tapeten. Auf einem Beistelltisch stand eine Vase mit frischen Blumen, die bestimmt ebenfalls ein Vermögen gekostet hatten und deren Duft ihnen bis vor die Wohnung der Rosens folgte.
    In der gekachelten Diele stellte Riker seine Last ab. »Was wollte denn die Frau von dir?«
    »Das war Sally Riccalo, eine Klientin von uns. Sie hat die fixe Idee, dass ihr Stiefsohn sie mit einem fliegenden Bleistift erdolchen will.«
    »Seit wann beschäftigt sich Charles denn mit so was? Ich denke, er hat’s nur mit Akademikern. Wer spinnt denn da – sie oder der Junge?«
    »Kann ich noch nicht sagen. Ihre Angst scheint aber echt zu sein.«
    »Was hast du ihr geraten?«
    »Eine Weile zu verreisen.«
    »Und was hat sie gesagt?«
    »Nein.«
    Er sah sich um und überlegte, wie die Rosens wohl mit Mallorys spartanisch schlichten Räumen zurechtkommen würden. Das Wohnzimmer war ein Fotomuseum. Familie, wohin man sah – die Augen der Kinder in den Augen der Eltern, der Großeltern und immer weiter zurück in der Ahnengalerie. Auf der Couch lag ein Spielzeug, das ein Kind dort offenbar vergessen hatte. Schwärme tropisch bunter Fische zogen durch das große Aquarium. An der Scheibe prangten der Abdruck einer kleinen Hand und einer Enkel- oder Urenkelnase. In diesen behaglichen Raum mit den Seidenblumen und üppigen Polstermöbeln wollte das Auge des Computers, das hinter einer halb geöffneten Schranktür hervorleuchtete, nicht so recht passen. Während Mallory die Wohnung erkundete, machte Riker die Schranktür ganz auf. An der Innenseite hing eine Gebrauchsanweisung für Dumme – also genau das Richtige

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