Der Mann, der die Frauen belog - Roman
für jemanden wie ihn. Er drückte auf einen Knopf, und auf dem Schirm erschienen Mitteilungen über Termine für Wartungsarbeiten und eine Eigentümerversammlung im Penthouse. Dieser Termin war als DRINGEND gekennzeichnet, um vollständiges Erscheinen wurde gebeten. Es folgten Hinweise auf Pakete, die unten in der Halle abgegeben worden waren, und das Protokoll der letzten Eigentümerversammlung.
Riker fuhr zusammen, als Mallory ihm auf die Schulter tippte. Das lautlose Anpirschen hatte der Alte ihr beigebracht. Für einen so schwergewichtigen Mann war er darin unheimlich gut gewesen, aber mit dreizehn konnte sie es dann endgültig besser als er. Markowitz und Mallory hatten sich mit solchen Spielchen gegenseitig hochgeschaukelt, und wer dabei in wessen Fahrwasser geraten war, hatte Riker bis heute nicht endgültig entscheiden können.
»Ich habe einen Platz für mein Zeug gefunden«, sagte sie.
Er wuchtete den Karton in die kleine Bibliothek und stellte ihn auf dem Schreibtisch ab. Sie holte ihre Computerausrüstung heraus, die kleine Videokamera und all die anderen elektronischen Spielereien, von denen er keine Ahnung hatte. Nur die Abhöranlage fürs Telefon erkannte er und sah rasch weg, weil für die keine Genehmigung vorlag.
Diese Dinge hatte sie nicht bei Markowitz gelernt. Der Alte hatte bis an sein Lebensende mit Maschinen und Computern nichts anfangen können. Je weniger er von dem wusste, was Mallory damit anstellte, desto sicherer war er sich seiner Pension gewesen.
Der Fahrstuhl hielt auf Penthouse-Höhe, und Mallory stieg aus. Sie war erst wenige Schritte gegangen, als ihr auch schon zehn, zwölf männliche und weibliche Augenpaare folgten. Sie trug das schwarze Kostüm, das sie bei der Beerdigung ihres Vaters angehabt hatte. Der Rock bot ihrer Umwelt die seltene Gelegenheit, die auf hohen Absätzen daherkommenden Beine mit den sportlich straffen Waden und den schmalen Fesseln zu bewundern.
Hin und wieder blieb sie vor einem der Art-déco-Kunstwerke stehen, die überall auf Säulen und Sideboards herumstanden. Ein bisschen zu viel des Guten, dachte sie. Alle innenarchitektonischen Sünden aber waren vergessen, als sie zu der verglasten Kuppel hochsah, die den großen Raum überspannte. Am Himmel stand ein zunehmender Mond, dem zwei Sterne Gesellschaft leisteten. Eine duftige Wolke zog rasch über das Kuppeldach hinweg, erreichte den Mond und löschte sein Licht.
»Der Tod steht Ihnen gut zu Gesicht«, sagte eine gepflegte Stimme hinter ihr.
»Das höre ich heute nicht zum ersten Mal.« Mallory wandte sich zu der dunkelhaarigen Frau um, deren zu straff gespannte, zu oft geliftete Gesichtshaut ihr wahres Alter verriet. »Jetzt werden Sie mir gleich sagen, dass ich für eine Leiche bemerkenswert gut erhalten bin.«
Die scharlachroten Lippen verzogen sich zu einem schmalen Lächeln. »Ganz schön schlagfertig für eine tote Polizistin.« Jetzt schlug der handfeste New Yorker Tonfall durch, und die Frau wurde Mallory sofort sympathischer.
»Ich bin Betty Hyde.«
»Mallory.«
»Kathleen Mallory, nicht? Früher Kriminalpolizei New York, zurzeit Teilhaberin der Consultingfirma Mallory & Butler. Sie wohnen für ein paar Tage bei Ihren guten Bekannten, den Rosens, weil Ihre Wohnung renoviert wird. Sie haben Vollmacht, in ihrem Namen über den Swimmingpool im Kellergeschoss abzustimmen. Ich habe meine Spione überall.«
Doch Mallory zählte nur zwei Spione. Der Mann am Empfang kannte die Vollmacht, die sie von den Rosens bekommen hatte, alles andere hatte sie dem Portier selbst erzählt.
»Und Sie verkaufen Klatsch«, konterte Mallory. »Ihre Kolumne erscheint landesweit in fünfzig Tageszeitungen, außerdem haben Sie einen täglichen Fünf-Minuten-Auftritt in einer Nachrichtensendung von Channel Two. Sie wohnen seit fünfzehn Jahren in diesem Haus, haben einen Billardtisch in Ihrer Wohnung und wechseln Ihre jungen Freunde wie ich meine Jeans. Sie sollten Ihre Spione besser bezahlen, Miss Hyde.«
Betty Hyde lächelte jetzt ehrlich belustigt.
»Sagen Sie Betty zu mir, das machen alle. Ihre Art gefällt mir. Darf ich Sie Kathy nennen?«
»Nein.«
»Umso besser. Ja, also, Miss Mallory –«
»Nur Mallory. Amanda Bosch hat Sie als Referenz angegeben.« Sie gab ihr eine Karte.
»Diskrete Ermittlungen«, las Betty Hyde. »Klingt sehr eindrucksvoll.«
»Unsere Auftraggeber sind Ministerien und Hochschulen, meist geht es dabei um Forschungsprojekte und Auswertungen von Fakten. Können Sie mir Miss
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