Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Mann, der die Frauen belog - Roman

Titel: Der Mann, der die Frauen belog - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
Vom Netzwerk:
Sie.«
    Lieber nicht, sagte Rikers Blick.
    Was verheimlichte er?
    Charles griff nach der Rolle Endlospapier, die ebenfalls nass geworden war und auf der – in ständiger Wiederholung – nur ein Satz stand: ICH WERDE NUR NOCH GEZIELT SCHIESSEN ICH WERDE NUR NOCH GEZIELT SCHIESSEN ICH WERDE …
    »Von welchem Verrückten stammt denn das?«
    »Von Mallory. Manchmal hat sie wohl doch Humor. Nachdem Coffey sie zusammengestaucht hat, lag das am nächsten Tag auf seinem Schreibtisch.«
    »Warum ist Coffey so sauer, dass sie den Straßenräuber nur angeschossen hat? Er hat einen alten Mann mit einer Schusswaffe bedroht, und sie –«
    »– hat mit dem Täter Katz und Maus gespielt, behauptet Coffey. Und damit hat er recht, auch wenn ich mich auf ihre Seite gestellt habe. In der Ausbildung lernt man, dass ein bewaffneter Täter mit dem ersten Schuss unschädlich zu machen ist.«
    »Klingt ganz schön brutal.«
    »Ist es auch. Aber man hat meist nur diese eine Chance, das eigene Leben zu retten. Und sobald man die Waffe zieht, hat man gleichzeitig eine Fürsorgepflicht für alle betroffenen Zivilisten. Als Mallory auf der Bildfläche erschien, war sie für den Alten verantwortlich. Hätte sie danebengeschossen, wäre er dran gewesen.«
    »Die Leute von der Zivilen Kontrollbehörde –«
    »Lassen Sie mich bloß mit dieser Laienspielschar in Ruhe! Heute ist Mallory für die noch eine Heldin, aber wenn dem Täter plötzlich einfällt, dass der kleine Finger seiner zerschossenen Hand nicht richtig operiert worden ist, und er die Stadt auf eine Million Dollar verklagt – so was soll schon vorgekommen sein –, besinnen sie sich darauf, dass sie ja auch Steuerzahler sind, und fallen alle über Mallory her. Warum hat sie den Mann nicht abgeknallt? Tote können nicht klagen. Ich liebe diese Stadt …«
    »Was soll ich denn machen, Riker? Sie weiß etwas über Justin, aber sie sagt es mir nicht.«
    »Sie müssen eben lernen, wie Mallory zu denken.«
    »Leichter gesagt als getan. Ich selbst war als Kind nicht unterprivilegiert, und von Mallorys Kindheit weiß ich nicht viel.«
    »Sie sind ein sehr gescheiter Mann, Charles, deshalb hat Lou wohl auch Sie gebeten, sich um Mallory zu kümmern, und nicht einen seiner alten Kumpel, Doc Slope zum Beispiel.«
    »Dabei hätte Slope doch wirklich nahegelegen. Ein hochintelligenter Mann.«
    »Eben. Er hat eine Menge auf dem Kasten, hat sie voll durchschaut und lässt sich ständig über ihre Macken aus. Warum also nicht er, fragen Sie …«
    Charles nickte.
    »Weil sie ihn um den Finger wickeln kann. Darum. Er würde für Mallory bedenkenlos seinen hippokratischen Eid brechen. Und der Rabbi würde sich, wenn’s hart auf hart käme, gegen den lieben Gott und für Mallory entscheiden.«
    Riker trank aus, schenkte sich nach und sah aus rotgeäderten Augen zu Charles hoch. Und sein Blick fragte: Und was würdest du für Mallory tun?

6
    25. Dezember
    A lle Weiber sind Nutten.
    Nur der Tod macht sie schön. Dieser fassungslose Blick, wenn sie wissen, dass der Tod nah ist, wenn sie sehen und hören, wie er kommt, um sie zu holen. Es war das Einzige an den Weibern, was ihm Respekt abnötigte – die Erfahrung, tot und ein Nichts zu sein, sich keiner Herausforderung mehr stellen zu müssen. Eine Erfahrung, die ihm bisher versagt geblieben war.
    Er war besessen von dem Wunsch, einmal mit anzusehen, wie das Leben den Körper verlässt. Aber auch das war ihm bisher versagt geblieben. Denn im Tod hatten sie ausgesehen, als ob sie schliefen. Sie hatten ihr Geheimnis mitgenommen. Nutten eben, die nichts hergeben wollten. Vielleicht würde ihm irgendwann aber doch mal eine sagen, wie es war. Wie sie es erlebte. Die Nächste vielleicht.
    Seine Gedanken kreisten nur um sie, während er in der Kommode nach seinen Socken kramte, während er sich die Hose anzog, das Hemd zuknöpfte. Er legte sich seine Pläne zurecht, während er das Frühstück aß, das ihm sauer aufstieß. Er trat ein kleines Tier tot und hörte seine Feindin schreien. Begehrlich starrte er auf scharfe Messer und stieß eines in eine Frucht. Immer wieder. Er tötete sie hundertmal am Tag, und Tiere, Obst und Insekten starben stellvertretend für sie.
    Sandsteinfiguren schmückten die Bauteile, die wie Arme rechts und links der breiten Treppe auf die Plaza vorstießen. Den großen Platz beherrschte der bronzene Engel mit den ausgebreiteten Flügeln und dem wallenden Gewand, der (wenn denn Engel tanzen können) hoch über dem Brunnenbecken

Weitere Kostenlose Bücher