Der Mann, der die Frauen belog - Roman
einem Händedruck verwechseln konnten.
»Ja, Ma’am, das stimmt. Ein herrlicher Tag.«
»Irre ich mich, oder hatten Sie in der Nacht, als Mrs. Franz starb, mit Bertrum die Schicht getauscht? Sie hatten doch an dem Abend Dienst, nicht?«
»Ganz recht, Miss Hyde. Was für ein gutes Gedächtnis Sie haben.«
»Dann haben Sie das Unglück also mit angesehen.«
»Von A bis Z, Ma’am. Ich konnte der Polizei eine genaue Beschreibung des Betrunkenen und die Autonummer geben. Eine Stunde später hatten sie ihn schon. Da drüben war’s.«
Arthur deutete auf die Fahrbahn, die am Park entlang verlief, und fuhr im Ton eines routinierten Reiseführers fort: »Es war zwei Uhr fünfzehn, und Mrs. Franz war ein wenig wacklig auf den Beinen. Wohlgemerkt, ich sage nicht, dass sie betrunken war …«
Nein, so etwas würde Arthur nie sagen. Betty nickte aufmunternd.
»… ja, und sie stritten sich mal wieder.«
Als sie damals Eric mit in ihre Wohnung genommen hatte, um ihn vor der Presse und der Polizei abzuschirmen, war von einem Streit nicht die Rede gewesen. Sie hatte ihren Arzt geholt, der ihm etwas gegen den Schock gegeben hatte. Nach Erics Darstellung hatte er mit Annie über den ersten Entwurf seines neuen Buchs diskutiert.
»Sie hielt es für das Beste, was ich je geschrieben habe.«
Diesen Satz hatte Eric auch in den Talkshows, auf denen er nach dem Tod seiner Frau herumgereicht worden war, ständig wiederholt.
»Na ja, und dabei sind sie ziemlich laut geworden«, fuhr Arthur fort. »Sie ist gestolpert, und dann stand sie plötzlich auf der Fahrbahn.
»Annie sagte, sie habe ihre Handtasche fallen lassen, und wolle sie nur schnell holen«, hatte Eric damals schluchzend hervorgestoßen. Als er den grausigen Laut beschrieb, mit dem der Körper seiner Frau gegen den Wagen geprallt war, konnte man in dem großen Panoramafenster hinter ihm den millionenschweren Blick auf die Skyline der großen Stadt im Glanz der ersten Morgenröte genießen.
Arthur redete jetzt wie ein Sportreporter – nur dass es bei dem Spiel, über das er berichtete, nicht um Punkte, sondern um Tod und Leben gegangen war.
»Er steht also immer noch auf dem Gehsteig. Er schaut direkt zu ihr, starrt in die Lichter des herankommenden Wagens. Ich sehe noch sein Gesicht vor mir, die Scheinwerfer leuchten ihm ins Gesicht, als der Wagen auf seine Frau zuschießt. Angst und bange konnte einem dabei werden. Er steht nur einen Meter von ihr entfernt, er könnte sie noch zurückziehen oder zumindest warnen. Aber ich weiß ja, dass Mr. Franz blind ist, er kann den Wagen ja nicht sehen …«
»Hat die Polizei Sie zu dem Unfall vernommen?«
»Ja, sie haben mir ein paar Fragen gestellt, erst die Uniformierten, dann einer von den Kriminalen, so ein langer, dürrer Typ. Aber der Typ in dem Unfallwagen, der dann Fahrerflucht begangen hat, war für sie offenbar interessanter.«
Und von der Polizei hatte er nichts für seinen minutiösen Bericht über den Tod einer Frau erhalten, die er ebenso gehasst hatte, wie er Eric liebte. Alle liebten Eric.
»Später ist der Kriminale noch mal hier aufgetaucht und hat gefragt, ob ich die Aussage der anderen Fahrer bestätigen kann. Alles in allem waren nämlich drei Fahrzeuge an der Sache beteiligt. Aber in der Zeitung haben sie natürlich mal wieder alles durcheinandergebracht. Sie stand mit dem Rücken zu dem Wagen, der sie erwischt hat, und ist fünf, sechs Meter durch die Luft geflogen, in diese Richtung.«
Arthur deutete nach Norden. Ob ihm bewusst war, dass er leicht lächelte, während er diese aufregende Szene beschrieb?
»Mrs. Franz landete auf einem Lieferwagen, der in südlicher Richtung fuhr. Der Fahrer geriet auf den Gehsteig und rammte die Markisenstütze vor dem Nachbarhaus. Mrs. Franz rutschte von dem Lieferwagen und einem silbergrauen Oldtimer-Jaguar entgegen, der mit den Rädern ihr Kleid erfasste und sie noch ein paar Meter mitschleifte, ehe er zum Stehen kam.«
Und in vertraulichem Ton setzte er hinzu: »Da hat sie noch geatmet, Miss Hyde. Das hat auch nicht in der Zeitung gestanden. Gestorben ist sie erst kurz vor Eintreffen des Rettungswagens.«
Betty nickte. Dass mindestens drei Autos nötig waren, um Annie Franz umzubringen, leuchtete ihr ein. Und wie sinnig, dass das letzte ausgesehen hatte wie eine silberne Pistolenkugel …
»Hat Mrs. Franz noch etwas gesagt, ehe sie starb?«
»Ich glaube nicht, aber da müssten Sie die Polizei fragen. Oder den Kriminalen, der war als Erster am Tatort. Er
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