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Der Mann, der kein Mörder war

Der Mann, der kein Mörder war

Titel: Der Mann, der kein Mörder war Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Hjorth , Rosenfeldt
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würden. Im Hintergrund waren einige Arbeiter mit einer großen gelben Baumaschine beschäftigt. Sebastian und Vanja steuerten auf die Baubaracken zu, die ein Stück von der Baustelle entfernt standen. Sie trafen einen Mann, der offenbar eine Art Vorarbeiter war.
    «Wir suchen Frank Clevén.» Der Mann nickte und deutete auf eine der mittleren Baracken.
    «Als ich ihn zuletzt gesehen habe, war er jedenfalls dort.»
    Vanja und Sebastian bedankten sich und setzten ihren Weg fort.
    Frank Clevén zählte zu jenen Menschen, die in Wirklichkeit besser aussahen als auf Fotos. Sein Gesicht wies feine Züge auf, obwohl die Haut von der vielen Arbeit im Freien zerfurcht war. Wache Augen, die Vanja und Sebastian in Marlboroman-Manier anblinzelten, als er ihnen die Hand gab. Das freundliche Lächeln vom Passfoto bekamen sie während des Gesprächs allerdings kein einziges Mal zu sehen. Clevén schlug vor, in sein kleines Büro in einer anderen Baracke zu gehen, wo sie ungestört reden konnten. Vanja und Sebastian folgten ihm dorthin, und Vanja glaubte zu sehen, wie die Last auf seinen Schultern mit jedem Schritt größer wurde, den er auf dem knirschenden Kies ging. Sie waren auf der richtigen Spur, das spürte sie. Endlich.
    Clevén schloss die Tür auf und bat sie herein. Das graue Tageslicht fiel durch die staubigen Fenster, als sie die enge Baracke betraten. Innen roch es streng nach Lösungsmittel. Eine eingeschaltete Kaffeemaschine stand in einem Flur, der zwei kleine Zimmer miteinander verband. Clevéns Büro war das erste. Ein unpersönlicher Schreibtisch mit vielen Bauzeichnungen und einige Stühle waren die einzigen Einrichtungsgegenstände, wenn man von ein paar Tesafilmspuren und einem Gratiskalender vom letzten Jahr absah. Clevén blickte die Polizisten an, die stehen blieben, obwohl er sie gebeten hatte, Platz zu nehmen. Er tat es ihnen gleich.
    «Ja, meine Zeit ist ziemlich knapp bemessen, also muss es schnell gehen.» Clevén versuchte, mit ruhiger Stimme zu sprechen, was ihm allerdings misslang.
    Sebastian beobachtete, wie sich auf Clevéns Oberlippe Schweißperlen bildeten, obwohl es in dem Raum nicht warm war.
    «Wir haben alle Zeit der Welt, es liegt also an Ihnen, wie schnell wir vorankommen», entgegnete Sebastian, um klarzustellen, dass nicht Clevén die Gesprächsbedingungen stellte.
    «Ich weiß nicht einmal, warum Sie hier sind. Ihr Kollege sagte mir nur, dass Sie mit mir sprechen müssten.»
    «Setzen Sie sich doch erst mal, dann wird meine Kollegin Ihnen alles erklären.»
    Sebastian sah Vanja an, die nickte, jedoch wartete, bis Clevén sich setzte. Nach einem kurzen Schweigen entschied er sich zur Kooperationsbereitschaft. Er nahm auf der äußersten Stuhlkante Platz, als säße er auf glühenden Kohlen.
    «Erzählen Sie doch, warum Sie letzten Freitag in einem Motel in Västerås übernachtet haben.»
    Clevén sah sie an.
    «Ich habe letzten Freitag in keinem Motel übernachtet. Wer sagt das?»
    «Wir.»
    Vanja schwieg. Im Normalfall würde die befragte Person jetzt von selbst reden. Wenn man sie mit Fakten konfrontierte. Der Mann müsste eigentlich begriffen haben, dass sie nicht bis nach Eskilstuna kommen würden, wenn sie sich ihrer Sache nicht sicher wären. Bestätigen oder sich rausreden, das waren die üblichen Reaktionen. Und dann gab es noch eine dritte Alternative: das Schweigen. Clevén entschied sich für Letzteres. Er ließ seinen Blick zwischen Vanja und Sebastian hin- und herwandern, ohne ein Wort zu sagen. Vanja seufzte und beugte sich vor.
    «Wen haben Sie dort getroffen? Was haben Sie dort gemacht?»
    «Ich sage doch, dass ich nicht da war.» Er sah sie beinahe flehend an. «Es muss sich um eine Verwechslung handeln.»
    Vanja blickte in ihre Papiere. Brummte vor sich hin und zog die Situation in die Länge. Sebastian ließ Clevén nicht aus den Augen. Der Mann leckte sich über die Lippen, als wären sie trocken. Unter seinem Haaransatz hatten sich Schweißperlen gebildet. Es war noch immer nicht warm im Raum.
    «Sind Sie etwa nicht Frank Clevén, Personenkennziffer 580518?», erkundigte sich Vanja in neutralem Tonfall.
    «Doch.»
    «Und haben Sie letzten Freitag etwa nicht mit Ihrer EC -Karte siebenhundertneunundsiebzig Kronen für ein Zimmer bezahlt?»
    Clevén wurde bleich.
    «Sie wurde gestohlen. Meine Karte wurde gestohlen.»
    «Gestohlen? Haben Sie den Diebstahl denn gemeldet, und wenn ja, wann?»
    Er schwieg, sein Gehirn schien fieberhaft zu arbeiten. Ein Schweißtropfen

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