Der Mann, der kein Mörder war
hatte sich ein großer, dunkelroter Fleck ausgebreitet. Torkel und Vanja hatten oft genug getrocknetes Blut gesehen, um sofort zu wissen, was dieser Anblick zu bedeuten hatte. Obendrein bestätigte der Geruch ihre Ahnungen zweifelsfrei. Sie schlossen den Kofferraum mit einem Schlag.
Sebastian sah, wie verbissen sie dreinschauten, und ahnte, dass sie etwas gefunden haben mussten. Etwas Entscheidendes.
Endlich lagen sie richtig. Sebastian drehte sich schnell zum Haus um. Er meinte, im Augenwinkel eine Bewegung am Fenster im oberen Stockwerk erkannt zu haben. Er fixierte es. Nichts, alles war ruhig.
«Sebastian …»
Torkel rief ihn zu sich. Sebastian warf einen letzten Blick zum oberen Fenster, bevor er seine Aufmerksamkeit auf Torkel richtete.
Der Mann, der kein Mörder war, hatte sie die Auffahrt hinaufgehen und stehen bleiben sehen. Am Auto. Er hatte es immer gewusst. Das Auto war seine Achillesferse.
Am Tag nach jenem schicksalhaften Freitag hatte er mit dem Gedanken gespielt, es zu verschrotten, sich dann aber dagegen entschieden. Wie hätte man das erklären sollen? Warum sollte jemand ein vollkommen brauchbares Auto verschrotten wollen? Damit hätte er sich sofort verdächtig gemacht. Stattdessen hatte er getan, was er konnte. Gewaschen und geschrubbt, eine neue Matte für den Kofferraum gekauft und das Auto im Internet in eine Verkaufsbörse gestellt. Zwei Interessenten waren da gewesen und hatten es sich angesehen, doch keiner von ihnen hatte zugeschlagen. Er hatte zwei neue Deckel für die beiden Staufächer im Kofferraum bestellt, sie sollten nächste Woche eintreffen.
Zu spät.
Die Polizei war hier, am Auto. Zwei Frauen knieten neben dem Hinterrad. Hatte er Spuren hinterlassen? Vermutlich. Der Mann, der kein Mörder war, fluchte innerlich. Das hätte er vermeiden können. Neue Reifen waren einfach zu beschaffen. Aber jetzt?
Zu spät.
Es gab nur noch eins: rausgehen und gestehen. Seine Strafe entgegennehmen. Vielleicht würden sie ihn verstehen. Ihn verstehen, ihm aber nicht vergeben.
Niemals vergeben.
Niemand vergab ihm. Vergebung setzte nicht nur ein Geständnis voraus, sondern auch Reue, und die verspürte er noch immer nicht.
Er hatte getan, wozu er gezwungen gewesen war.
So lange er konnte.
Aber jetzt war es zu Ende.
«Wir wissen, dass er Zugang zu Waffen hat, also seid bitte extrem vorsichtig.» Torkel hatte alle um sich versammelt und gab mit tiefer, beinahe flüsternder Stimme Anweisungen für den bevorstehenden Einsatz. «Haltet euch dicht an den Wänden. Vanja, du übernimmst die Rückseite.»
Alle nickten ernst. Vanja zog ihre Waffe, während sie leicht geduckt hinter dem Haus verschwand.
«Ursula, du gehst neben das Haus, falls er durch das Fenster auf das Nachbargrundstück fliehen will. Sebastian, du hältst dich im Hintergrund.»
Es fiel Sebastian nicht schwer, Torkels Anweisung zu befolgen. Dieser Teil der Polizeiarbeit interessierte ihn nicht im Geringsten. Er wusste, dass die anderen diesem Augenblick entgegenfieberten, seit sie zum ersten Mal von einem vermissten Sechzehnjährigen namens Roger Eriksson gehört hatten, aber die eigentliche Festnahme bedeutete Sebastian nichts.
In seinem Fall bedeutete der Weg alles, das Ziel nichts.
Torkel drehte sich zu Haraldsson um.
«Wir beide klingeln. Ich möchte, dass Sie mit gesenkter Waffe an der Seite stehen. Wir dürfen ihn nicht erschrecken, verstehen Sie?»
Haraldsson nickte. Das Adrenalin pumpte in seinen Adern. Dies war ernst und real. Er würde Roger Erikssons Mörder festnehmen, zwar nicht persönlich, aber immerhin.
Er war vor Ort, er war dabei. In seinen Ohren rauschte es, als er seine Waffe zog und sich mit Torkel zusammen der Haustür näherte.
Sie waren erst ein paar Schritte gegangen, als sie sahen, wie der Türgriff leicht nach unten gedrückt wurde. Torkel zog blitzschnell seine Waffe und zielte auf die Tür. Haraldsson warf einen kurzen Blick auf Torkel, begriff, dass der Befehl, die Waffe zu senken, nicht länger galt, und hob seine Pistole ebenfalls. Langsam öffnete sich die Tür.
«Ich komme nach draußen», drang es aus dem Haus. Eine Männerstimme.
«Langsam! Und halten Sie Ihre Hände so, dass ich sie sehen kann!» Torkel blieb vier bis fünf Meter von der Haustür entfernt stehen. Haraldsson tat es ihm gleich. Sie sahen einen Fuß in der Lücke zwischen Tür und Rahmen auftauchen, der die Tür schließlich weiter aufschob. Ulf Strand kam mit erhobenen Händen heraus.
«Ich
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