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Der Mann, der kein Mörder war

Der Mann, der kein Mörder war

Titel: Der Mann, der kein Mörder war Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Hjorth , Rosenfeldt
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seufzte. Wenn schon die großen Tageszeitungen über einen Ritualmord spekulierten, was würde dann erst die Boulevardpresse mutmaßen? Satanismus? Organraub? Kannibalismus? Möglicherweise würden sie irgendeinen «Experten» auftreiben, der erklärte, es sei keineswegs auszuschließen, dass eine gestörte Person das Herz eines anderen Menschen verschlinge, um auf diese Weise dessen Kraft auf sich zu übertragen. Dann würde man auf die Inkas oder irgendeinen anderen, längst ausgestorbenen Stamm verweisen, den die Leser für gewöhnlich mit Menschenopfern in Verbindung brachten.
    Und dazu die Internetumfrage am Rand:
    Könnten Sie sich vorstellen, einen Menschen zu essen?
    □
    Ja, wir sind doch auch nur Tiere.

    Ja, aber nur, wenn mein eigenes Überleben davon abhängt.

    Nein, lieber würde ich selber sterben.
    Torkel schüttelte den Kopf. Er musste sich zusammenreißen. Er war dabei, ein – wie Billy es nannte – «3S» zu werden, ein seniles, schimpfendes Scheusal. Obwohl er ständig von jüngeren Leuten umgeben war, ertappte er sich immer häufiger bei Gedanken, die man so auslegen konnte, als wäre seiner Meinung nach früher alles besser gewesen. Nichts war früher besser gewesen. Abgesehen von seinem Privatleben, aber das beeinflusste den Rest der Welt ja nicht. Er musste versuchen, die Gegenwart zu akzeptieren. Torkel hatte auf keinen Fall vor, einer dieser müden, alten Polizisten zu werden, die sich zynisch über die Zeit ausließen, in der sie lebten, während sie tiefer und tiefer in ihren Sesseln versanken, mit einem Whiskyglas in der Hand und Puccini in der Stereoanlage. Also galt es, sich zusammenzureißen.
    Torkels Handy vibrierte. Eine SMS von Ursula. Er öffnete sie. Ursula war schon angekommen und direkt zum Fundort der Leiche gefahren. Ob sie sich dort treffen könnten? Torkel leerte seine Kaffeetasse und machte sich auf den Weg.
     
     
    Ursula Andersson stand am Ufer des kleinen Tümpels. Sie hatte ihren Wollpullover in die dunkelgrüne Regenhose gestopft, die ihr bis zur Brust reichte. Sie sah eher aus wie eine Fischerin oder jemand, der einen Strand von der Ölpest reinigen musste, als wie eine der scharfsinnigsten Polizistinnen des Landes.
    «Willkommen in Västerås.»
    Ursula wandte sich um und sah, wie Torkel Haraldsson zunickte und sich dann unter dem rot-weißen Band hindurchduckte, das einen Großteil der Senke absperrte.
    «Schicke Hose.»
    Ursula lächelte ihn an.
    «Danke!»
    «Warst du etwa da drin?» Torkel deutete in Richtung des Tümpels.
    «Ich habe die Tiefe gemessen und ein paar Wasserproben genommen. Wo hast du die anderen gelassen?»
    «Billy trifft gerade auf dem Präsidium alle Vorbereitungen für uns, und Vanja ist auf dem Weg zur Freundin des Opfers. Soweit wir wissen, ist sie die Letzte, die den Jungen lebend gesehen hat.» Torkel kam näher und stoppte am Ufer des Tümpels. «Wie kommst du voran?»
    «An Fußabdrücke ist nicht zu denken. Hier ist eine ganze Horde von Menschen durchgetrampelt. Die Kinder, die die Leiche gefunden haben, die Polizei, das Notarztpersonal, normale Spaziergänger.» Ursula ging in die Hocke und zeigte auf ein unförmiges Loch in dem schlammigen Boden. Torkel hockte sich neben sie.
    «Außerdem sind die Abdrücke tief und ausgewaschen. Es ist einfach zu sumpfig und schlammig.» Ursula unterstrich ihre Ausführungen mit einer Geste. «Vor einer Woche war der Boden allem Anschein nach noch aufgeweichter. Große Teile der Senke standen unter Wasser.» Sie stand auf, blickte über die Schulter zu Haraldsson und beugte sich dann näher zu Torkel.
    «Wie heißt der Typ da drüben eigentlich?» Sie nickte in Haraldssons Richtung, und Torkel sah sich ebenfalls um, obwohl er genau wusste, wen Ursula meinte.
    «Haraldsson. Er hat die Ermittlungen geleitet, bis wir ankamen.»
    «Ich weiß. Das hat er mir auf dem Weg hierher mindestens dreimal erzählt.»
    «Er müsste etwas an seinem Auftreten arbeiten, aber er ist wohl … in Ordnung.»
    Ursula wandte sich an Haraldsson.
    «Können Sie mal kurz herkommen?»
    Haraldsson bückte sich unter der Absperrung hindurch und hinkte zu Ursula und Torkel.
    «Haben Sie den Grund mit Draggen abgesucht?»
    Haraldsson nickte.
    «Zweimal. Nichts.» Ursula nickte vor sich hin. Sie hatte auch nicht mit einer Mordwaffe gerechnet. Nicht hier. Ursula wandte sich von Haraldsson ab und ließ ihren Blick erneut über die Umgebung schweifen. Alles passte.
    «Was denkst du?», fragte Torkel, der aus Erfahrung

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