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Der Mann, der kein Mörder war

Der Mann, der kein Mörder war

Titel: Der Mann, der kein Mörder war Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Hjorth , Rosenfeldt
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gelangt man auf die Bundesstraße.»
    Torkel blickte den Abhang hinab, wo Ursula vorsichtig auf allen vieren herumkroch und akribisch jedes Blatt umdrehte. Wenn die Leiche hier hinuntertransportiert worden war, hatte man sie möglicherweise direkt oberhalb des Weges aus einem Kofferraum oder einer Rücksitztür geschleift. Es gab keinen Grund für den Mörder, nicht den kürzesten Weg nach unten zu wählen. Der Belag des Kieswegs war fest, keine Chance auf Reifenspuren. Torkel blickte zu den geparkten Autos hinüber, mit denen sie selbst gekommen waren. Sie hatten am Rand geparkt, um den schmalen Weg nicht vollständig zu blockieren. Wäre es denkbar …? Torkel positionierte sich direkt oberhalb des schmalen Gebiets, das Ursula gerade untersuchte. Er stellte sich vor, wie das Auto hier geparkt haben könnte. Mit dem Kofferraum in diese Richtung? Das bedeutete, wenn es Reifenspuren gab, mussten sie einige Meter entfernt zu finden sein. Langsam ging Torkel am Seitenstreifen entlang. Zu seiner Freude bemerkte er, dass der Boden hier bedeutend weicher war als auf dem eigentlichen Weg, aber nicht so schlammig wie in der Senke. Vorsichtig bog er Gestrüpp und Buschwerk zur Seite und stieß fast unmittelbar auf das Gesuchte.
    Tiefe Reifenabdrücke. Torkel lächelte.
    Das fing doch gut an.
     
     
    «Sind Sie wirklich sicher, dass Sie nichts möchten?»
    Die Frau stellte eine Tasse dampfenden Tee auf den Tisch und zog sich den Stuhl gegenüber von Vanja heran, die den Kopf schüttelte.
    «Nein danke.» Die Frau setzte sich und begann, in ihrer Tasse zu rühren. Der Küchentisch war für das Frühstück gedeckt. Milch und Sauermilch standen neben einem Paket Müsli und Getreideflakes. In einem Brotkorb aus geflochtener Birkenrinde lagen mehrere Scheiben grobes Brot und zwei verschiedene Sorten Knäckebrot. Butter, Käse, Schinken, Gurkenscheiben und Leberpastete machten das Ensemble komplett. Der gedeckte Tisch stand im Kontrast zur übrigen Küche, die unbenutzt aussah wie aus einem Möbelkatalog. Zwar nicht das Allerneuste, aber auffallend ordentlich. Kein Geschirr in der Spüle, keine Krümel auf den Sitzen, alles war leer und rein. Die schwarzen Herdplatten waren vollkommen fleckenfrei, genau wie die Schranktüren. Vanja war sich sicher, dass sie nicht einmal eine kleine Fettschicht auf dem Gewürzregal über den Schränken finden würde, wenn sie aufgestanden wäre und es nachgeprüft hätte. Selbst an dem Wenigen, das Vanja bisher gesehen hatte, konnte sie erkennen, dass Nulltoleranz gegenüber Staub auch im übrigen Haus galt. Ein Gegenstand stach jedoch ein wenig heraus. Vanja bemühte sich, doch sie konnte ihren Blick nicht von dem Wandschmuck abwenden, der hinter der teetrinkenden Frau hing. Es war ein gerahmtes Bild aus Kunststoffperlen. Allerdings nicht in der üblichen Topfuntersetzergröße, nein, dieses Exemplar maß mindestens vierzig mal achtzig Zentimeter und stellte Jesus dar, mit ausgebreiteten Armen, in einem wallenden, weißen Gewand. Um seinen Kopf strahlte ein gelbgoldener Glorienschein, und das Gesicht mit dem dunklen Bart und den intensiven, tiefblauen Augen war schräg nach oben gerichtet. Über seinem Kopf stand in roten Perlen «Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben». Die Frau folgte Vanjas Blick.
    «Das hat Lisa gebastelt, als sie die Windpocken hatte. Mit ein wenig Hilfe, versteht sich. Damals war sie elf.»
    «Es ist sehr schön», sagte Vanja. Und ein bisschen unheimlich, ergänzte sie innerlich.
    Die Frau gegenüber, die sich als Ann-Charlotte vorgestellt hatte, als sie die Tür geöffnet und Vanja hereingebeten hatte, nickte zufrieden über das Lob und nahm einen kleinen Schluck von ihrem Tee. Dann stellte sie die Tasse ab.
    «Ja, Lisa ist sehr begabt. Das Bild besteht aus über fünftausend Perlen. Ist das nicht phantastisch?»
    Ann-Charlotte reckte sich nach einer Knäckebrotscheibe und begann sie zu schmieren. Vanja konnte sich den Gedanken nicht verkneifen, woher die Frau wohl wissen konnte, wie viele Perlen es waren. Ob sie sie gezählt hatte? Sie war kurz davor, Ann-Charlotte zu fragen, als diese das Buttermesser beiseite legte und sie mit einer Sorgenfalte auf der Stirn ansah.
    «Es ist so schrecklich, was passiert ist. Mit Roger. Wir haben die ganze Woche, in der er verschwunden war, für ihn gebetet.»
    Und jetzt überleg mal, wie viel es geholfen hat, dachte Vanja, murmelte stattdessen aber zustimmend und einfühlsam, wobei sie gleichzeitig einen womöglich allzu

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