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Der Mann, der kein Mörder war

Der Mann, der kein Mörder war

Titel: Der Mann, der kein Mörder war Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Hjorth , Rosenfeldt
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Verhaftungen zuständig. Ich war Polizeipsychologe, kein Jurist.»
    Draußen auf der Straße startete das Auto mit ihrem einzigen Sohn und fuhr davon. Sebastian sah die Frau an, die auf seinem Rasen zurückblieb, ratlos und verlassen.
    «Was hat er denn angestellt? Ihr Sohn? Wenn sich sogar die Reichskriminalpolizei für ihn interessiert?»
    Clara ging ein paar Schritte auf ihn zu.
    «Es hat irgendwas mit diesem Jungen zu tun, der ermordet wurde. Ich habe keine Ahnung. So etwas würde Leonard nie tun. Nie.»
    «Ach, wirklich nicht? Und was tut Leonard stattdessen?» Clara blickte völlig verständnislos zu Sebastian hinüber, der mit seinem Kopf in Richtung Zaun nickte.
    «Als Sie vorhin über diesen Zaun gestiegen sind, haben Sie ihm doch vorgeworfen, dass er sich immer Ärger einhandelt.»
    Clara blickte ihn verblüfft an und dachte nach. Hatte sie das wirklich getan? Sie erinnerte sich nicht. In ihren Gedanken herrschte ein solches Durcheinander, aber vielleicht hatte sie es wirklich gesagt. Leonard hatte sich tatsächlich immer wieder Ärger eingehandelt, besonders in der letzten Zeit, aber das hier war doch wohl etwas anderes.
    «Aber er ist kein Mörder!»
    «Niemand ist ein Mörder – bis er jemanden umbringt.» Clara betrachtete Sebastian, der mit einem Mal völlig desinteressiert wirkte und gänzlich unberührt von den Ereignissen schien, die sich auf seinem Grundstück abgespielt hatten. Er trommelte mit den Fingern auf einer Zeitung herum, als sei nichts Außergewöhnliches passiert.
    «Sie haben also nicht vor, mir zu helfen?»
    «Ich habe die Gelben Seiten im Haus, ich könnte unter A wie Anwalt nachschlagen.»
    Clara spürte, wie der Knoten aus Unruhe und Angst in ihrem Magen nun durch eine Zornkomponente erweitert wurde. In den Jahren, die sie neben Esther und Ture gewohnt hatte, hatte sie eine Menge über den Sohn der Bergmans gehört. Nichts davon war positiv gewesen. Gar nichts.
    «Und ich habe immer gedacht, Esther hätte übertrieben, wenn sie von Ihnen sprach.»
    «Das würde mich wundern. Meine Mutter hatte nie etwas für große Gesten übrig.»
    Clara warf Sebastian einen kurzen Blick zu, dann wandte sie sich ab und ging wortlos davon. Sebastian hob den ersten Teil der Zeitung von der Terrasse auf. Er hatte den Artikel bereits gesehen, sich aber nicht sonderlich dafür interessiert. Jetzt schlug er ihn auf.
    «Reichskriminalpolizei ermittelt im Mordfall des Jungen.»

W arum bist du abgehauen?»
    Vanja und Billy saßen Leonard Lundin gegenüber. Es war ein unpersönlicher Raum, ein Tisch, drei relativ bequeme Stühle. Tapeten in gedämpften Farben, einzelne, gerahmte Poster, eine Stehlampe hinter einem kleinen Sessel. Tageslicht fiel durch ein Fenster, dessen Glas zwar gefrostet war, aber immerhin war es Tageslicht. Wenn man sich ein Stockbett hinzudachte und die zwei Überwachungskameras weg, die alles registrierten und in einen benachbarten Raum übertrugen, wirkte der Raum eher wie ein Zimmer in einer kleineren Jugendherberge als wie ein Verhörraum.
    Leonard lümmelte auf seinem Stuhl, den Hintern an der Vorderkante, die Arme vor der Brust verschränkt, die nur mit Socken bekleideten Füße seitlich unter dem Tisch ausgestreckt. Er sah die Polizisten nicht an, sondern fixierte einen imaginären Punkt links unten an der Fußleiste. Sein gesamter Körper strahlte Desinteresse und eine gewisse Verachtung aus.
    «Ich weiß nicht. Aus Reflex.»
    «Aha, du hast also den Reflex wegzurennen, wenn ein Polizist mit dir sprechen möchte? Wieso?»
    Leonard zuckte mit den Achseln.
    «Hast du was auf dem Kerbholz?»
    «Das scheinen Sie jedenfalls zu glauben.»
    Das Ironische daran war, dass sie überhaupt nichts geglaubt hatten, als sie zu den Lundins gefahren waren, um mit ihm zu sprechen, aber eine Flucht auf Socken erhöhte natürlich sowohl das Interesse als auch einen Tatverdacht. Vanja hatte bereits den Entschluss gefasst, Leonards Zimmer zu durchsuchen. Einfach den Weg durchs Fenster zu nehmen war schon ziemlich extrem. Vielleicht gab es Sachen in diesem Zimmer, die sie auf keinen Fall hatten sehen sollen. Sachen, die ihn mit dem Mord in Verbindung brachten. Bisher sprach gegen ihn nur, dass er das Opfer am Freitagabend mit seinem Moped umkreist hatte. Vanja lenkte das Gespräch in diese Richtung.
    «Du hast Roger Eriksson am Freitag getroffen.»
    «Hab ich das?»
    «Wir haben einen Zeugen, der euch zusammen gesehen hat. In der Gustavsborgsgatan.»
    «Aha, na dann wird es wohl so gewesen sein.

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