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Der Mann, der kein Mörder war

Der Mann, der kein Mörder war

Titel: Der Mann, der kein Mörder war Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Hjorth , Rosenfeldt
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sich im Sofa vor und lächelte ihn interessiert an.
    «Erzählen Sie mal ein bisschen über Roger. Wie kam es, dass er letztendlich auf dieser Schule landete?»
    «In seiner früheren Schule und später auch auf dem Gymnasium gab es Probleme mit Mobbing. Eine meiner Lehrerinnen kannte ihn gut, er war mit ihrem Sohn befreundet. Daher legte sie ein gutes Wort für ihn ein, und wir organisierten einen Platz für ihn.»
    «Aber hier ging es ihm gut? Es gab keinen Streit oder Ähnliches?»
    «Wir arbeiten sehr aktiv daran, Mobbing zu verhindern.»
    «Sie nennen es einfach nur anders, oder? Hier gibt es stattdessen Initiationsriten, oder wie war das noch?»
    Groth ignorierte Sebastians Einwurf. Vanja warf Sebastian einen scharfen Blick zu, der ihn hoffentlich dazu bringen würde, seinen Mund zu halten. Dann wandte sie sich wieder an den Rektor.
    «Wissen Sie, ob sich Rogers Verhalten in letzter Zeit verändert hat? Ob er beunruhigt wirkte, aggressiv war oder etwas in dieser Art?»
    «Nein, das kann ich nicht bestätigen. Aber Sie sollten lieber mit seiner Klassenlehrerin Beatrice Strand sprechen, sie hatte täglich mit ihm zu tun.»
    Er richtete seine Worte nun ausschließlich an Vanja.
    «Es war auch Beatrice, die dafür gesorgt hat, dass Roger hierherkam.»
    «Wie konnte er sich denn die angemessene Materialgebühr leisten?», warf Sebastian blitzschnell ein. Er hatte nicht vor, sich ignorieren zu lassen. Das hätte es dem Herrn Groth ein bisschen zu einfach gemacht. Der Rektor sah etwas verwundert drein, fast so, als sei es ihm einen Moment lang tatsächlich gelungen, die Anwesenheit dieses untersetzten und nachlässig gekleideten Mannes in seinem Büro zu verdrängen.
    «Roger war von der Gebühr ausgenommen.»
    «Also war er Ihr kleines soziales Projekt? Um die Wohltätigkeitsquote zu erfüllen? Das muss ein schönes Gefühl für Sie gewesen sein.»
    Mit einer kontrollierten Bewegung schob Groth seinen Stuhl zurück und erhob sich. Er blieb hinter dem Schreibtisch stehen, mit geradem Rücken, die Fingerspitzen auf der staubfreien Oberfläche gespreizt. Wie die Karikatur eines sadistischen Lateinlehrers aus alten Paukerfilmen, dachte Sebastian und registrierte, wie der Rektor reflexartig sein Sakko wieder zugeknöpft hatte, als er aufgestanden war.
    «Ich muss zugeben, dass mich Ihre Einstellung zu unserer Schule irritiert.»
    «Oje. Aber wissen Sie, ich habe drei der schlimmsten Jahre meines Lebens hier verbracht, es braucht also ein bisschen mehr als ihr PR -Gebrabbel, damit ich in den Lobesgesang mit einstimme.»
    Groth blickte Sebastian skeptisch an.
    «Sie sind ein ehemaliger Schüler?»
    «Ja, leider hatte mein eigener Vater höchstpersönlich die Idee, diesen Wissenstempel zu gründen.»
    Groth nahm die Information in sich auf, und nachdem er begriff, was er da gerade gehört hatte, setzte er sich wieder. Der Knopf des Sakkos wurde wieder geöffnet. Der irritierte Gesichtsausdruck wich einer misstrauischen Miene.
    «Sie sind Ture Bergmans Sohn?»
    «Ja.»
    «Sie sind sich nicht besonders ähnlich.»
    «Danke, das ist das schönste Kompliment, was ich je an diesem Ort erhalten habe.»
    Sebastian stand auf und machte eine Geste, die Vanja und Groth einschloss.
    «Aber jetzt dürfen Sie beide gern fortfahren. Wo finde ich denn Beatrice Strand?»
    «Sie unterrichtet gerade.»
    «Aber doch wohl irgendwo hier auf dem Schulgelände, oder?»
    «Es wäre mir lieber, wenn Sie bis zur Pause warten könnten, um mit ihr zu sprechen.»
    «Okay, ich finde sie schon selbst.»
    Sebastian ging in den Flur hinaus. Bevor er die Tür schloss, konnte er hören, wie Vanja sich für sein Benehmen entschuldigte. Er kannte das bereits. Nicht von ihr, aber von anderen Kollegen, die sich in anderen Zusammenhängen für ihn entschuldigt hatten. Sebastian fühlte sich in diesen Ermittlungen mehr und mehr heimisch. Er trabte in schnellem Tempo die Treppen hinunter. Früher hatten die meisten Klassenzimmer ein Stockwerk tiefer gelegen. Das würde sich wohl kaum geändert haben. Überhaupt sah das meiste noch genauso aus wie vor vierzig Jahren, nur die Wände hatten einen neuen Anstrich erhalten. Eine Hölle veränderte sich normalerweise nicht, und das Palmlövska-Gymnasium war wohl der Inbegriff von Hölle: der immerwährende Schmerz.
    Sebastian brauchte länger als gedacht, um den richtigen Raum zu finden. Minutenlang wanderte er in den vertrauten Gängen umher und klopfte an verschiedene Türen, bis er endlich das Klassenzimmer fand, in dem

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