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Der Mann, der mein Leben zum Entgleisen brachte

Der Mann, der mein Leben zum Entgleisen brachte

Titel: Der Mann, der mein Leben zum Entgleisen brachte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Köhler
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sehen.
    „Es ging mir selten so gut“, antwortete ich, und das war nicht gelogen.
    „Wieso? Weil du denkst, du bist auf dem Weg nach Hause? Oder weil du denkst, ich muss jetzt tun, was du sagst?“
    „Ich denke das nicht nur.“
    „Wahrscheinlich grübelst du darüber nach, wie du mir Schmerzen zufügen kannst.“
    „Mir würde es völlig ausreichen, wenn du im Gefängnis sitzt.“
    „Und was bringt dir das?“
    „Vielleicht, dass ich ruhiger schlafen kann.“
    „Das denkst du jetzt. Aber du wirst nie zur Ruhe kommen. Nehmen wir mal an, du knallst mich ab.“
    „Denk nur nicht, ich könnte das nicht.“
    „Aber geht es dir dann besser?“
    „Schätze, das müsste ich ausprobieren.“
    „Vergiss es. Das mit der Rache ist wie mit dem Hunger.“
    „Ich brauche jetzt keine Philosophie-Stunde.“
    „Rache ist nur so lange toll, wie du sie dir in der Fantasie ausmalst. Es hat echt Spaß gemacht, mir das alles für dich auszudenken, und dass dir durch den Biss tatsächlich der Arm abgefault ist, Mann, das hat schon was, ich meine, sicher konnte ich mir da nicht sein, obwohl ich viel über diese gewebezersetzenden Mundhöhlenbakterien gelesen habe. Aber als wir es durchgezogen hatten, war mir auch schon schnuppe, was aus dir und deinem Arm wird.“
    „Mal sehen, ob es mir auch so geht, was dich betrifft.“
    „Es geht also doch um Rache. Und danach?“
    „Scheiß auf die Rache, ich will nach Hause. Dort geht es mir auf jeden Fall besser.“
    „Das ist eben der Denkfehler. Du wirst nicht zufriedener sein als jetzt. Es hört nur die Unzufriedenheit auf.“
    „Was auch viel wert ist. Übrigens ist es schon befried igend, dich hier um dein Leben feilschen zu hören.“
    „Mein Leben ist mir doch scheißegal. Das ist der Unterschied zw ischen uns. Du denkst jetzt vielleicht, du hast nichts mehr zu verlieren, aber in Wirklichkeit willst du doch zu gerne wissen, was aus deiner Familie geworden ist. Und du hast Angst vor weiteren Schmerzen.“
    „Was soll das mit meiner Familie? Du hast doch nicht...“
    Er grinste.
    „Wusste ich es doch. Du hast seit dieser Nacht ke inen Kontakt nach Hause gehabt, oder? Wie auch...“
    Ich setzte ihm den Pistolenlauf an den Hinterkopf. Sein Gri nsen blieb.
    „Hast du schon mal mit links geschossen?“
    „Ich habe mit links Holz gehackt. Also kann ich auch mit links schießen, wenn es sein muss. Was ist mit meiner Frau und meinem Sohn?“
    „Ich hab echt keine Ahnung. Die wären für mich nur intere ssant gewesen um dir zu schaden. Aber da ist mir ja was Besseres eingefallen.“
    Ich nahm die Pistole von seinem Kopf.
    „Weißt du, was noch besser ist, als dich in meiner Gewalt zu haben?“, fragte er und leckte sich kurz über die Lippen. „Dich dabei denken zu lassen, ich sei in deiner Gewalt.“
    „Das beruht auf Gegenseitigkeit.“
    „Und das macht unsere kleine Fahrt so spannend. Ich hab mich soeben für einen Plan entschieden. Hast du auch schon einen?“
    „Mein Plan ist es, die Unterhaltung jetzt abzubrechen. Dass der Tank fast leer ist, weiß ich übr igens. Du hast die Wahl, für Nachschub zu sorgen oder zu sterben, sobald wir stehen bleiben.“
    „Lassen wir uns überraschen.“
    Für einige Zeit war Ruhe, und mir wurde mulmig. Ich wusste nicht einmal, ob wir in Richtung Westen fuhren. Die Tankanzeige näherte sich dem Reservestrich. Draußen war es stockfinster, kein Licht weit und breit. Die Scheinwerfer reichten gerade ein paar Meter die Straße voraus, und ich sah weder irgendein Schild noch Häuser oder Hinweise auf Ansiedlungen. Wir waren gut eine Stunde und damit vielleicht 60, 70 Kilometer vom Dorf entfernt irgendwo mitten in der kasachischen Steppe. Der Gedanke, einfach so an einer Tankstelle vorbeizukommen, schien mir absurd.
    „Weißt du, was dein Fehler war?“, fragte Honkes plötzlich und blickte en tspannt übers Lenkrad auf die Straße. Ich hielt den Lauf der Pistole an die Lehne seines Rücksitzes gerichtet und fragte mich, ob die Kugel die Lehne durchschlagen könnte, sollte ich gezwungen sein zu schießen, oder ob sie in der Auspolsterung steckenbleiben würde.
    „Ich sag dir, was dein Fehler war: Du hast dir das Auto vo rher nicht angeschaut.“
    „Welches Auto?“, fragte ich und dachte an Ereignisse in Zusamme nhang mit meiner Entführung – damals, als ich noch Frank Fercher war.
    „Es war kein Fehler, dass du ins Haus meiner Mutter eingedru ngen bist und mich geschnappt hast. Du bist deiner Wut gefolgt, deiner Gier nach Rache. In

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