Der Mann, der mein Leben zum Entgleisen brachte
Strukturen für künftige Geschäfte auf.“
„Aber...“
Rogalla riss den Finger an den Mund und zeigte nach drüben. Honkes kam gerade zur Einfahrt heraus, sah sich kurz um, wandte sich nach rechts in Richtung Dom und marschierte los. Wir folgten ihm auf unserer Seite der Straße. Für die Berliner Baudenkmäler, an denen wir vorüberkamen, hatte ich keinen Sinn. Auch an das Geld, wegen dem wir eigentlich hier waren, dachte ich kaum noch. Alles in mir war ausgerichtet und fixiert darauf, die halslose Gestalt nicht aus den Augen zu verlieren, ihn zu verfolgen zu welchem Zweck auch immer. Irgend etwas würde passieren. Ich wusste nicht was, aber diesmal würde es nicht so ausgehen, dass sich unsere Wege einfach wieder trennten auf unbestimmte Zeit.
Honkes bog in die Friedrichstraße ein und ve rschwand ein paar hundert Meter weiter in einer Kneipe. Wie hypnotisiert und ohne andere Absichten zu haben als an ihm dranzubleiben wollte ich hinterher. Rogalla hielt mich zurück.
„Hier nicht. Wir warten, bis er wieder rauskommt.“
„Und wenn er durch den Hinterausgang verschwindet?“
„Warum sollte er? Wir sind hier nicht beim Tatort.“
Meine Müdigkeit war wie weggeblasen. Ich war überdreht und sprungbereit, und jede Minute, die wir warteten, wurde zur Qual. Nach einer halben Stunde kam er mit zwei anderen Kerlen wieder heraus. Beide waren gebaut wie er und unauffällig gekleidet. Einer hatte die schulterlangen Haare zum Pferdeschwanz gebunden. Ich versuchte einen von ihnen oder beide als Mittäter bei meiner Entführung zu identifizieren, aber sie waren mir schlicht fremd, ich erkannte nichts an ihnen. Schon nach ein paar hundert Metern blieb das Trio am Eingang einer Discothek stehen. Honkes redete kurz mit dem Türsteher, dann gingen sie hinein.
„Ich bin gleich wieder hier“, sagte Rogalla, gab mir seine Jacke und schickte sich an, ihnen zu fo lgen.
„Nicht ohne mich!“, begehrte ich auf.
„Du wartest hier. Oder ich schlag dich auf der Stelle k.o.!“
„Aber...“
„Willst du alles vermasseln? Es dauert nicht lange.“
Und schon rannte er über die Straße. Der Türsteher ließ ihn a nstandslos passieren, obwohl er verdreckt war von unserer Suche im Steinbruch und auf zehn Meter nach Schweiß stank. Aber Rogalla war knapp einen Kopf größer als dieser Türsteher und bewegte sich wie ein Berglöwe. Ich fluchte leise vor mich hin, ging auf und ab, sah immer wieder zu der Tür der Discothek, sah eine Gruppe Mädchen hineingehen, sah den Türsteher zwei Männer abweisen, und kaum waren die weitergetorkelt, kam Rogalla schon wieder zur Tür heraus und mit schnellen Schritten zu mir herüber.
„Los, wir hauen ab!“
„Was war denn? Hast du etwa mit ihm gesprochen?“
„Komm schon!“
Rogalla nahm seine Jacke und ging rasch in Richtung Bahnhof Friedrichstraße. Der Türsteher sah uns hinterher, bis wir rechts um die Ecke waren. Kaum waren wir außer Sicht, fing Rogalla an zu rennen. An der nächsten Ecke rannte er wieder rechts, geradeaus über die nächsten drei Querstraßen, wieder rechts, so dass wir nun zurück in Richtung Alexanderplatz unterwegs waren. Ich hatte zu tun, ihm hinterherzukommen, und konnte keine Fragen stellen. Erst als wir am Dom vorbei waren, hörte Rogalla auf zu rennen, aber behielt einen schnellen Schritt bei.
„Sag mir... wenigstens... wohin...“, prustete ich atemlos.
„Zum Camper und dann ab.“
„Was zum Teufel... hast du... da drin...“
„Sag ich dir, wenn wir am Auto sind.“
Wir kamen am Fernsehturm vorbei, an dem Second-Hand-Laden – mit Schrecken fiel mir ein, dass ich meine Kostümierung in einem Bür oraum des Steinbruches vergessen hatte. Ich überlegte, ob ich es Rogalla erzählen sollte. Am Friedhof um die Ecke sahen wir den Camper stehen. 50 Meter davor machte Rogalla an einem Abfalleimer Halt. Er zog einen dicken, schwarzen Geldbeutel aus einer Gesäßtasche, öffnete ihn und holte ein Bündel Tausend-Mark-Scheine hervor. Er begann zu zählen.
„15, 16, 17, 18, 19 – genau 20. Hier, zehn sind für dich. Ha lbe-halbe, wie abgemacht.“
Ich kam gerade so weit zu Atem, um fragen zu können:
„Wo hast du das her?“
Er zog einen Personalausweis aus dem Geldbeutel und zeigte ihn mir, ohne ihn mir zu geben. Ich erkannte das Gesicht von Honkes, las den Namen Klaus-Dieter Wenzel, da hatte Rogalla den Ausweis schon in seine Jackentasche gesteckt. Er leerte noch das Klei ngeld aus dem Geldbeutel, dann verschwand seine Hand in dem
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