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Der Mann, der mein Leben zum Entgleisen brachte

Der Mann, der mein Leben zum Entgleisen brachte

Titel: Der Mann, der mein Leben zum Entgleisen brachte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Köhler
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mich dem Nichts gegenüber.

Kapitel 18
     
    Rogalla stellte den Camper hinter dem Holzstapel ab, der uns am Nachmittag als Versteck für den Pa ssat gedient hatte. Es war fast drei Uhr nachts, als wir uns schlafen legten.
    Der nächste Morgen war nebelverhangen. Schlaftrunken pinkelte ich an den Holzhaufen und starrte auf den Ast einer Kiefer, an dessen N adeln die Wassertropfen perlten.
    Wir fanden weiter den Waldweg entlang eine Querung zum Kie sweg des Steinbruches, aber die war derart von den monströsen Traktorenreifen der Waldbauern zerpflügt, dass ich aussteigen, vorneweg laufen und Rogalla um die tiefsten Kuhlen herumlotsen musste. Wir hatten am Vortag einen Weg den Kraterrand des Steinbruches entlang führen sehen, den der Camper bewältigen konnte. Wir folgten diesem Weg, der einige hundert Meter in den Wald hineinführte, immer schlechter wurde und sich schließlich im Unterholz verlor.
    „Perfekt“, meinte Rogalla, zog den Zündschlüssel ab und sprang aus dem Camper. „Hierher ve rirrt sich keine Sau.“
    Wir zogen Regenjacken an, bepackten uns mit je einer Isoma tte, Decken, Colaflaschen und Schokoriegeln und marschierten zum Steinbruch zurück. Es war kurz nach acht Uhr. Der Nieselregen wurde schwächer. Zwischen den rasch dahinfliegenden Wolken riss gelegentlich ein Fetzen blauer Himmel auf, und Flecken von Sonnenlicht tanzten über den Weg.
    Der Geruch nach feuchtem Waldb oden, das Tröpfeln ringsum und die Vogelstimmen ließen Gefühle und Erinnerungen in mir aufsteigen an Schulwandertage, an meine Bergtouren als junger Mann, und mit diesen Gefühlen kam eine Lebensweite und Freiheit daher, die ich vergessen hatte je gefühlt zu haben. Damals lag der Gedanke, meine Leben könnte jemals ins Stocken geraten oder gar enden, so fern.
    „Okay“, sagte Rogalla, als wir die Stelle erreicht hatten, wo der Kiesweg sich verbreiterte und ins Steinbruchgelände öffn ete.
    „Ich sehe keine Reifenspuren vom Camper, siehst du welche?“
    Ich schüttelte den Kopf.
    „Bleib hier mal stehen.“
    Er drückte mir seine Sachen in den Arm, erklomm mit großen, federnden Schritten eine Anhöhe über dem Kiesweg und verschwand im Gebüsch. Es raschelte und tropfte, dann war Ruhe.
    „Siehst du mich“, fragte er aus dem Gebüsch heraus.
    „Nein.“
    „Lauf ein bisschen herum und schau gründlich.“
    Ich umrundete die Stelle, an der er versteckt lag, weitläufig, aber erkannte nichts als Äste und Blätter.
    „Ich sehe absolut nichts.“
    „Okay, dann komm zu mir her. Aber pass auf, dass du keine Spuren hinterlässt.“
    Bepackt wie ich war, fiel es mir nicht gerade leicht, den ru tschigen Abhang hochzusteigen und mich durch das nasse Geäst zu schlängeln. Ich trat Rogalla beinahe auf die Hand, so gut versteckt lag er im Gebüsch am Boden.
    „Das wird unser Hauptquartier.“
    Wir breiteten die Isomatten aus, deponierten unsere Vorräte, und ich legte mich bäuchlings auf meinen Platz. Von hier aus waren rechts ein Stück Kiesweg, links der Steinbruch und in der Mitte die Gebäude zu sehen. Obwohl ich vom Weg aus nichts hatte erkennen können, kamen mir jetzt meine Zweifel, ob das Versteck so sicher war, denn umgekehrt wirkte alles zum Greifen nah.
    Rogalla traute meiner Einschätzung ohnehin nicht so ganz. In zwei Sätzen war er noch einmal unten am Weg, sah sich gründlich um, hob i rgend etwas auf, umrundete unser Versteck und schaute ausgiebig von allen Seiten zu mir hoch.
    „Beweg dich mal ein bisschen“, rief er mir zu. Ich wackelte mit dem Kopf und winkte ihm zu. Er nahm Anlauf, und schon brach er wieder zu mir durch in unser Versteck.
    „Alles bestens“, meinte er, schüttelte die Nässe ab und ließ etwas vor meiner Nase fallen, „bis auf das da.“
    Es war ein Schokoriegel.
    „Ich hab eben nur eine Hand.“
    Rogalla legte sich bäuchlings neben mich und nahm seine Beobac htungsposition ein.
    „Immer dran denken“, raunte er mir zu, „wenn Honki auch nur das Geringste merkt, und sei es nur eine unbestimmte Ahnung in seinem Gangster-Gehirn...“
    Er grinste mich breit an und zog einen Ast unter seiner Isomatte hervor.
    „...dann war alles umsonst, verstehst du, absolut alles, und wir gehen leer aus. Selbst wenn er uns nicht entdeckt, sondern nur wittert, wird er abhauen und so schnell nicht wiederko mmen. Der führt uns nur dann zum Geld, wenn er sich völlig sicher und unbeobachtet fühlt, klar?“
    „Klar.“
    „Und deshalb wird ab sofort nicht mehr gesprochen. Beweg dich so wenig wie

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