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Der Mann, der mein Leben zum Entgleisen brachte

Der Mann, der mein Leben zum Entgleisen brachte

Titel: Der Mann, der mein Leben zum Entgleisen brachte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Köhler
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    Werkstatt, Kantine und Büroräume waren versperrt. Rogalla knackte die Tü rschlösser mit einem simplen Dietrich. Ein weiteres Delikt in unserem potentiellen Strafregister, was mich schon kaum noch kümmerte, in diesem Fall schon gar nicht, denn womöglich war tatsächlich alles hier mit meinem Geld gekauft. Die Büros waren, bis auf eine dünne Staubschicht und so manche Spinnwebe, in bestem Zustand. Sogar Computer standen noch auf den Schreibtischen, und in den Schränken fanden sich stapelweise Packen mit Schreibmaschinenpapier, Vorräte an Radiergummis, Betriebsanleitungen für die Maschinen – nur die Kasse hatte jemand ausgeräumt.
    In den Duschrä umen der Kantine floss klares, heißes Wasser, alle Lichter funktionierten, frische Handtücher hingen in den Spinden. Kein Spur von meinem Geld. Im Speiseraum der Kantine fanden wir sauber gespülte Tassen und Gläser in den Schränken, betriebsbereite Kaffeemaschinen, Filter, Pulver, sogar ungeöffnete Zigarettenpäckchen, einen gut bestückten Getränkeautomaten, aber nicht einen Geldschein aus der Beute.
    „Ein wahrer Musterbetrieb“, meinte Rogalla. „Typisch für die O ssis nach der Wende. Erst wird alles aufgemotzt und ausgestattet bis zum Geht-nicht-mehr, und zwei Monate später ist man pleite.“
    „Vielleicht sind sie von windigen Wessis a bgezockt worden.“
    „In diesem Fall wäre der Abzocker schön blöd gewesen. Hier li egen Wahnsinns-Werte brach, mein Freund. Ich schätze mal, Honki hat den ganzen Krempel sogar absichtlich hier gelassen, um Einbrecher von den Geldverstecken abzulenken.“
    „Aber wo sind diese Geldverstecke, verdammt? Wir haben jede Scheiß-Ritze abgesucht. Solche Riesenmengen Geld kann man nicht einfach unsichtbar machen.“
    „Vielleicht draußen im Steinbruch unter einem großen Felsen oder in einem versteckten Tunnel.“
    „Oder im See versenkt. Es kann überall sein, das ist wie ein L abyrinth hier.“
    „Vielleicht stoßen wir durch Zufall drauf, komm mit.“
    Wir durchsuchten den Steinbruch, bis es Nacht war. Verschwitzt, verdreckt und verklebt gaben wir auf.
    „Wir müssen warten, bis er mal wieder Geld braucht, und ihn dann beobachten, wo er es holt“, schlug ich in meiner Ratlosi gkeit vor, als wir den Kiesweg zurück zur Schranke liefen.
    „Dafür haben wir keine Zeit.“
    „Was bleibt uns denn anderes übrig?“
    „Wir gehen in die Offensive.“
    „Und was heißt das?“
    „Das sage ich dir lieber nicht.“
    Erst kurz vor der Schranke fiel mir der zitronengelbe Passat ein, die eingetretene Scheibe, die Radarfalle...
    „Willst du etwa mit dem geklauten und geblitzten Auto wieder in die Stadt zurückfahren?“
    „Willst du lieber laufen?“
    Mit einem flauen Gefühl stieg ich ein und war wieder ein bisschen abgebrühter geworden, als wir nach Berlin Mitte zurückkamen. R ogalla parkte den Passat in der selben Parklücke, aus der er ihn geklaut hatte.
    „Wieviel Geld hast du dabei?“, fragte ich ihn.
    „Keine Ahnung, so um die 800 Mark, schätze ich.“
    „Gib mir 500.“
    „Wofür?“
    „Gib sie mir einfach.“
    Er schüttelte den Kopf, aber gab mir ohne weiter zu fragen das Geld. Ich deponierte es im Handschuhfach des Passats.
    „Hey, sag mal, spinnst du!“
    „Das kommt hin als Ersatz für den Schaden, Benzin, Wertverlust...“
    „Kommt nicht in die Tüte!“
    „Wenn du das Geld nicht hier lässt, bin ich weg.“
    Ich sah ihm das „Na und“ auf der Zunge liegen, aber er schwieg.
    „Und vielleicht gehe ich zur Polizei.“
    Er seufzte, stieg aus und schloss die Tür.
    „Und was jetzt?“
    „Honki suchen.“
    „Wo denn?“
    „Wir gehen ein paar mal um die Blocks hier.“
    „Und was soll das bringen?“
    „Sag ich dir gleich.“
    Wir mussten nicht lange suchen. Schon zwei Querstraßen weiter fanden wir den blauen Mercedes.
    „Das spricht dafür, dass er ta tsächlich hier wohnt.“
    Wir hockten uns gegenüber der Einfahrt, aus der er am Nachmi ttag herausgekommen war, auf die Lauer. Es war inzwischen fast Mitternacht, und ich war kribbelig vor Müdigkeit.
    „Meinst du, der zieht so spät noch mal los?“
    „Sehr wahrscheinlich. Leute wie er sind Nachtarbeiter.“
    „Und was ist das für eine Arbeit?“
    „Bin ich Hellseher? Du hast ja gehört, was Willi gesagt hat. Wenn er wirklich bundesweit agieren will, dann geht er nicht mehr selber an seine Opfer ran, sondern spinnt sein Netz von Unterpaten. Ich schätze, im Moment lebt er von deinem Geld und baut in aller Ruhe

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