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Der Mann, der mein Leben zum Entgleisen brachte

Der Mann, der mein Leben zum Entgleisen brachte

Titel: Der Mann, der mein Leben zum Entgleisen brachte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Köhler
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zu beobachten und zu prüfen und seine Zigarette zu genießen, dass es mich schier wahnsinnig machte. Wieder hob er die Zigarette an den Mund. Mir fiel auf, dass ihm ein Stück vom rechten Daumen fehlte, gerade so viel, wie der Fingernagel ausmacht. Der Stumpf war rot und verdickt.
    „Man sagt, er hat ihn sich selbst abgebissen und ihn dann ve rschluckt.“
    Ich spüre wieder den Biss in meinem eigenen Arm, die Schneid ezähne dringen tief in mein Fleisch, die Backenzähne zermalmen meinen Speichenknochen.
    Die Glut hatte den Filter erreicht. Honkes ließ die Zigarette fallen und trat sie aus. Wieder überkam mich, als ich ihn den Z igarettenstummel mit der Schuhsohle vernichten sah, eine Gänsehaut am Rücken. Wie schon einmal. Was hatte mir dieser Mensch seitdem angetan!
    Ich sprang auf.
    Die ganze Ungeduld der letzten Tage, passiv und folgsam dem großen Meister Rogalla hinterher trotten, die angestaute Wut und Ohnmacht der letzten Monate, alles floss in mir zusammen, verdichtete sich, sprengte den Deckel und trieb mich aus dem Versteck.
    Wie in Zeitlupe sehe ich Rogalla neben mir erschre cken, bemerke sein Erstaunen. Er hebt die Hand, um mich festzuhalten, aber es ist zu spät. Honkes merkt etwas, aber noch bevor sein Kopf zu mir herum zucken kann, bin ich bei ihm. Ich breche aus den Büschen, und mein Fuß tritt ins Leere, weil gleich hinter unserem Versteck der Hang abfällt.
    Ich fliege ihm entg egen. Mein Fausthieb mit der linken Hand verfehlt ihn, brauche ich doch diese einzige Hand, um mich abzufangen, aber Abfangen geht nicht. Ich strauchle und pralle mit Wucht gegen Honkes, sehe noch seinen leeren, erstaunten Blick, da knirscht es, als er mit dem Hinterkopf gegen die Kante der Autotür stößt. Oder es ist das Knirschen unserer auf dem Kies wegrutschenden Füße.
    Ich habe viel Zeit in diesen endlosen Zehntelsekunden, diesem Knirschen nachz uhängen, sie wollen nicht aufhören, diese gedehnten Momente, in denen ich Rogallas Plan zum Scheitern bringe, aber einmal liegen wir doch am Boden, Honkes rücklings und mit geschlossenen Augen, ich bäuchlings halb auf ihm.
    Ein Zucken geht durch se inen Körper, das sich auf mich so stark überträgt, dass ich mich angewidert von ihm stoße und zur Seite rolle. Meine Wut ist verraucht, und die Zeit läuft wieder in gewohntem Tempo. Rogalla ist schon bei mir, packt mich an der Jacke und reißt mich hoch.
    „Bist du von allen guten Geistern verlassen!“, schreit er, als ich auf den Füßen vor ihm stehe und erst mal nachdenken muss, wie ich hierher gekommen bin.
    „Das war’s! Ende und Aus! Damit ist alles versaut! Der wird uns nicht mehr zeigen, wo das Geld ist!“
    „Ist er... tot?“
    Honkes lag lang ausgestreckt mit geschlossenen Augen auf dem Rücken am Boden. Sein schwarzes Feuerzeug war ihm aus der Tasche gerutscht. Er hatte noch die gleichen Klamotten wie damals im CbT, fiel mir auf, eine blöde Masche von ihm, das mit dem Schwarz. Und hatte er damals nicht auch dieses Feuerzeug gehabt, dieses billige Plastikding?
    Rogalla ging neben ihm in die Knie, fasste ihm an den Hals, ans Handgelenk und unter die Jacke. Er zog eine handliche, schwarze Pistole hervor, betrachtete sie von allen Se iten und stand wieder auf. Ich kannte diese Pistole. Mit der hatte ich Honkes in Kasachstan versucht in Schach zu halten. Der Versuch war schiefgegangen.
    „Lebt.“
    „Wir könnten ihn doch zwingen, uns zum Geld zu führen.“
    „Zwingen, den? Ts!“
    Rogalla schüttelte den Kopf.
    „Eher beißt der sich noch einen Daumen ab als dass er uns zum Geld führt.“
    „Aber...“
    „Er hat gewonnen, kapiert! Mensch, ich könnte dich...!“
    Er stürmte zwei Schritte auf mich zu und fuchtelte mit der Pistole. Ich wich nicht und sah ihm fest ins Gesicht.
    „Wir haben keine andere Wahl, als es zu versuchen“, sagte ich. Ich hatte meine Fassung wiederg ewonnen. Rogalla wandte sich von mir ab und ging kopfschüttelnd mit großen Schritten planlos hin und her: zehn Schritte Richtung Steinbruch, abrupte Wendung nach rechts, fünf Schritte, abrupte Kehrtwendung, vier Schritte, stopp, noch mal drei Schritte...
    „Es gibt nichts, womit wir ihn zwingen könnten, schnallst du das nicht? Erschießt mich doch, wird er sagen – dann erfahrt ihr nie, wo das Geld ist.“
    „Nein“, kam es krächzend vom Boden. „Bitte erschießt mich nicht.“
    Honkes regte sich. Er zuckte mit den Beinen, versuchte den Kopf zu heben. Sofort richtete Rogalla die kleine Pistole auf ihn. Honkes rollte

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