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Der Mann, der mein Leben zum Entgleisen brachte

Der Mann, der mein Leben zum Entgleisen brachte

Titel: Der Mann, der mein Leben zum Entgleisen brachte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Köhler
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übergeben, obwohl die Übelkeit so tief in mich eindrang, dass mir der Magen zum Rachen wanderte und dort noch lange hängen blieb. Wieder müssen es Stunden gewesen sein, die wir unterwegs waren. Krämpfe in den Armen plagten mich, und ich versuchte, in Bewegung zu bleiben, so gut es ging, wofür ich immer mal wieder eine Kopfnuss von Honkes einfing.
    „Hör auf, dich dauernd herumzuwälzen!“
    „Besser er wälzt sich als wenn er kotzt“, sagte eine Stimme neben ihm.
    Noch heute wundere ich mich darüber, wie schnell ich mich d amit abfand, wie eine Art lästiges Haustier behandelt zu werden, das man einfach anbindet, über das man in der dritten Person spricht und das man allenfalls immer mal mit einem barschen Befehl oder Anraunzer bedenkt oder mit einer Misshandlung.
    Das Flugzeug landete, ich wurde herausgezerrt, wieder in den Fu ßraum eines Autos verladen, wieder schwamm ich in einem Meer von Nichtstunkönnen, bekam zwischendurch eine Dose Cola an den Mund gesetzt und ein paar Kekse hart wie Sperrholz hinterhergeschoben, durfte mich im Nirgendwo erleichtern, wurde wieder quergelegt, und als wir diesmal ankamen, wo auch immer, es mochten Tage oder auch über eine Woche vergangen sein, ließ Honkes keinen Zweifel daran, dass wir am Ziel waren.
    „Nehmt ihm die Fußfesseln ab, Mensch. Oder wollt ihr ihn die ga nzen Treppen hoch tragen?“
    Jemand machte sich an meinen Füßen zu schaffen. Ich spürte nichts.“
    „Alles muss man euch Deppen sagen. Denkt mal selber mit!“
    Niemand gab Antwort. Ich wurde aus dem Auto gezerrt, auf die Füße gestellt, schrie leise auf, als ich versuchte aufzutr eten, bekam sofort eine Kopfnuss, wurde durchs Freie und dann durch einen Hauseingang geschleift. Das Zuschlagen der Tür und das Hallen der Schritte meiner Kidnapper ließ mich an eine Mietskaserne denken. Es ging ein paar Treppen hoch, ich half mit meinen nichtvorhandenen Füßen, so gut es ging, in eine Wohnung hinein, durch einen Flur in ein Zimmer, und ab in die Ecke mit Fiffi Fercher.
    „Wie lang wird’s etwa dauern?“ fragte jemand.
    Ich beschloss, mich ruhig zu verhalten in meiner Ecke.
    „Nicht lang, sie sind schon unterwegs.“
    „Hoffentlich taugt das Weib was. Ich fick nicht die erstbeste, klar.“
    „Deinem Schwanz kann’s egal sein.“
    „Falls er überhaupt einen hochkriegt.“
    Ordinäres Gelächter erklang aus verschiedenen Richtungen des Ra umes.
    „Warum darf eigentlich nur er?“
    „Genau, ich will auch mal...!“
    „Haltet die Schnauze jetzt!“
    Es war das erste Mal, dass Honkes etwas sagte, seit wir hier waren. Das Gelächter verstummte augenblicklich. Zigarettenrauch breitete sich im Zimmer aus, Bierflaschen wurden zischend entkorkt, Glas stieß gegeneinander.
    „Prost, ihr Säcke!“
    „Das heißt hier Nas-drow-je!“
    Wieder das raue Gelächter, diesmal zurückhaltender.
    „Ihr habt ja keine Ahnung“, sagte Honkes. Es klang beleidigt.
    „He, ich glaub, sie kommen!“
    „Geh einer zur Tür, los.“
    Ich lag starr in meiner Ecke und versuchte, mir einen Reim zu m achen. Ging es um mich? Oder war ich, als Objekt nur eines von mehreren kriminellen Projekten dieser Bande, hier mal eben abgelegt worden, bis ich zur Bearbeitung anstand? Es hatte sich so angehört, als sei nicht nur einer, sondern als seien alle zur Wohnungstür gegangen. Ich schien allein im Raum zu sein und überlegte mir, wie meine Fluchtchancen waren. Wir waren nicht besonders viele Treppen hochgelaufen, ich war hier im ersten, höchstens im zweiten Stockwerk. Sollte ein Fenster im Raum sein, konnte ich mich durch die Scheibe stürzen, die paar Meter nach unten würde ich schon überleben, auch mit gefesselten Händen, und dann würde ich entweder loslaufen, falls ich noch dazu in der Lage war, oder um Hilfe schreien.
    Kurzentschlossen schob ich mir, mit streife nden Bewegungen von oben nach unten, den Schal an der Wand so weit vom Kopf, dass mein linkes Auge frei wurde. Erst mal sah ich nur Lichtblitze, dann erkannte ich einen quadratischen Raum, der bis auf zwei Stühle und eine Matratze leer war. Die Blumentapete hing an manchen Stellen von der Wand, von der Decke her breiteten sich großflächige Stockflecken aus. Auf einem der Stühle standen ein überfüllter Aschenbecher und eine leere Bierflasche. Und mir gegenüber lag, wie erhofft, ein Fenster.
    Ich war allein im Zimmer, aber die Bande nur wenige Meter um die Ecke und aufgeregt auf e twas wartend. Ich stemmte mich mit den Schultern gegen die Ecke, und

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