Der Mann, der mein Leben zum Entgleisen brachte
anzuscha uen. „Du kommst ein andermal dran.“
„Ich will aber jetzt!“ – und da schleuderte ihn ein sei twärts nach hinten ausgeführter Schlag von Honkes auch schon an die Wand. Er sackte zusammen, seine Nase blutete.
Der Schwarzg ekleidete war ungerührt damit beschäftigt, die Frau an ein Heizungsrohr zu ketten, die Matratze heranzuwuchten, sich den zappelnden Körper darauf auszurichten, sich die Hose auszuziehen, ihr den Rock über die Hüften zu schieben, Strumpfhose und Slip herunterzureißen und sich dann auf sie zu legen. Sie zappelte und schrie gegen ihren Knebel an, zerrte an den Handschellen.
„Unser Hauptdarsteller ist an der Reihe“, sagte Honkes.
Seine zwei Gefolgsleute packten mich und zerrten mich zu der Matratze. Aus den Augenwinkeln sah ich, wie sich der dritte wieder aufrappelte und sich seine blutende Nase abwischte.
„Hol dir doch einfach beim Zuschauen einen runter“, riet ihm Ho nkes.
„Scheiße, so weit kommt’s noch“, fuhr ihn der Mann an. Honkes grinste.
Der Vergewaltiger streifte der Frau den Knebel ab. Sofort begann sie schrill zu schreien. Er zog sich selbst die Kapuze vom Kopf und drückte der Frau einen Kuss auf den schreienden Mund. Kaum hatte er seine Lippen wieder weggenommen, spuckte die Frau aus und schrie wieder. Der Kerl lachte und tat ihr unausgesetzt Gewalt an. Von seinem entblößten Kopf sah ich nur verschwitzte braune Haare und ein feistes Profil. Die zwei Kerle, die mich gepackt hatten, drückten mich neben der Matratze auf den Boden, legten mich längs dazu auf die Seite und nahmen mir die Handschellen ab.
Obwohl mein Verstand die Aussichtslosigkeit meiner Lage b egriff, fing mein Körper an sich zu wehren, kaum dass meine Hände frei waren. Ich versuchte, die zwei Kerle von mir wegzudrücken und aufzustehen, während direkt neben mir die Vergewaltigung ihren Lauf nahm. Der dritte Gangster, der mit der blutenden Nase, kam seinen Kumpanen zu Hilfe. Einer hockte sich auf mich und drückte mit beiden Armen meinen Kopf fest zu Boden. Ein anderer zerrte mir – ich lag auf der linken Seite – den linken Arm nach hinten und hielt ihn mit eisernem Griff fest. Der mit der blutenden Nase packte meinen rechten Arm und zerrte ihn zum Mund der Frau.
Ich wehrte mich, ohne zu wissen, was man eigentlich mit mir vo rhatte, aber mehr als mit den Beinen zu zappeln war mir nicht möglich. Die Frau kämpfte, und ich kämpfe, und so kam es anfangs nur zu kurzen, stoßweißen Berührungen meiner Hand mit ihrem Gesicht. Sie fing an, nach dem, was sie da berührte, zu schnappen, und ich versuchte zu verhindern, dass sie mich biss. Dem mit der blutenden Nase wurde mein Widerstand zu viel, er ließ meinen Arm kurz los, verpasste mir einen Hieb gegen den Kopf in einer Art, als würde er eben mal mit der Faust auf den Tisch hauen, packte wieder zu, riss meinen Arm mit einem Ruck an den Mund der Frau, und im gleichen Moment schnappte sie zu.
Ich hatte als Kind bei Balgereien den einen oder anderen Biss a bbekommen. In einem Fall traf es die Wade, es bildete sich ein Bluterguss, und die Zahnabdrücke waren wochenlang zu sehen. Obwohl das Mädchen mit aller Kraft zugebissen hatte, war nicht ein Tropfen Blut geflossen, und so nahm ich in mein Weltbild die vermeintliche Tatsache auf, dass die zähe menschliche Haut von stumpfen Menschenzähnen nicht zu durchdringen ist.
In dieser erbärmlichen Mietkaserne nun, auf dem nackten Betonb oden liegend als unfreiwilliger Beteiligter eines scheußlichen Verbrechens, lernte ich, dass die Auswirkungen menschlicher Bisse nur eine Frage der Hemmschwelle sind. Die gepeinigte Frau, deren Bewusstsein ausgefüllt war von Schmerzen, Todesangst und Panik, blind und taub gemacht und ohne jede Ahnung, wem sie ausgeliefert war und was man mit ihr vorhatte, verbiss sich mit der ganzen Gewalt ihrer Kiefermuskeln knapp unterhalb des Handgelenks im Bereich der Daumenwurzel in meinen Arm. Ihre Zähne durchschlugen mühelos meine Haut, ihre Schneide- und Eckzähne drangen tief zwischen Elle und Speiche, und ihre Backenzähne verbissen sich wie eine eiserne Klammer an meinem Knochen. Ich schrie auf nicht wie, sondern ich war in diesem Moment durch und durch gerissene Beute in den Klauen eines Raubtieres. Archaische Todesangst explodierte in mir, und ich zerrte mit aller Gewalt, um meinen Arm freizubekommen. Je mehr ich zerrte, desto fester verbiss die Frau sich in mir. Ich spürte die Backenzähne an meinem Knochen mahlen und hatte keinen Zweifel daran,
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