Der Mann, der mein Leben zum Entgleisen brachte
wäre schon eine Erleichterung gewesen. Vielleicht war der Name Peter Honkes hier drin ein Begriff. Aber hätte es mir Solidarität eingetragen, zu seinen Opfern zu gehören, oder nur noch mehr Feindseligkeit?
Hinter mir, im Gang des Zellentraktes, wurde es laut. Der Elch gab mir Zeichen, von der Klappe zu verschwinden. Ich ging zwei Meter zur Seite und genoss es, nach wer weiß wie vielen Stunden wenigsten mal einen anderen Blickwinkel zu haben und aus der Zu gluft heraus zu sein. Ich war nun in Reichweite der Holzbank. Einer der Kerle darauf packte mich und zerrte mich zu sich heran, ich sollte mich setzen – alle saßen nun und starrten erwartungsvoll zum Gitter.
Zwei Wärter kamen ins Sichtfeld, sie schoben einen Tablettk asten auf Rollen. Einer bückte sich und öffnete innerhalb der Klappe im Gitter eine Luke, die vielleicht zwanzig, höchstens dreißig Zentimeter hoch und einen halben Meter breit war. Er stand wieder auf, zog ein Tablett aus dem Rollwagen, stellte es auf den Boden und schob es durch die Luke in unsere Zelle.
Alles glotzte auf die Bro tscheiben und die in drei Sechserreihen angeordneten Suppenterrinen auf dem Metalltablett, in denen eine grünliche Pampe vor sich hin dampfte. Ich hatte seit dem Morgen nichts gegessen, und obwohl ich dem Pframpf in den Schüsseln nicht traute, zog es mir die Säfte im Mund zusammen. Mehr noch als nach Eintopf und Brot gierte ich in dieser tropischen Schwüle nach Flüssigkeit.
Der Tablettwagen wurde weitergeschoben, die Luke blieb o ffen. Zwei andere Wärter mit einer anderen Art von Rollwagen folgten, auf dem Gefäße mit Wasser transportiert wurden, metallene, eimerförmige Schüsseln, die vielleicht zehn Liter fassten. Einer der Wärter schob uns eine solche Schüssel in die Zelle und einen Stapel silbern glänzender Becher hinterher. Mit einem hellen, metallenen Laut schloss er die Luke.
Die Disziplin, mit der dieser verhauene Haufen in meiner Ze lle ans Essenfassen ging, verblüffte mich. Wie zu erwarten, holte sich der Elch als erster eine Terrine und eine Scheibe Brot, zog sich einen Becher aus dem Stapel, schöpfte sich Wasser aus der Schüssel und ging zu seinem Platz zurück. Es folgten der Kobold und dann alle anderen Männer. Ich zählte bis 16, Nummer 17 war der verbeulte Jüngling. Nach ihm würde es dann auch mir wohl erlaubt sein, mich zu bedienen.
Während der Jüngling noch zu Gange war, stand der Elch noch ei nmal auf, öffnete seinen Hosenstall und pinkelte unter Gelächter und Applaus erst in die 18. Terrine und auf die 18. Brotscheibe, dann entleerte er seine Blase in das restliche Wasser. Er grinste mich an, schloss seinen Hosenstall, ging zurück zu seinem Platz, setzte sich und aß, ohne mich weiter zu beachten.
Ich war wie versteinert. Hatte ich bisher noch gemeint, es mir gefallen lassen zu müssen, in meiner Rolle als Neuling ein wenig drangsaliert zu werden, bevor man auch mich, den ve rmeintlichen Vergewaltiger, in die Zellengemeinschaft aufnehmen würde, war mir nun klar, dass dieses monströse Alpha-Tier von Elch es auf mich abgesehen hatte und mich dauerhaft mit immer neuen Gemeinheiten quälen würde. Wenn er die Konfrontation wollte, meinetwegen, sollte er sie gleich haben.
Ich stand auf, schöpfte mir mit dem let zten Becher einen Schwall Pisswasser, nahm mir eine Schüssel verunreinigten Eintopf, tat so, als ginge ich damit folgsam zu meinem Platz, blieb aber neben dem Elch stehen, goss ihm das Wasser über den Kopf und schüttete ihm den heißen Eintopf über sein Brot, seine Schüssel und in den Schoß.
Ich wusste, dass er eine solche Gegenwehr nicht erwartet hatte, und rechnete damit, er bliebe in seiner Verblüffung tatenlos oder reagiere zumindest so planlos, dass ich auch im Kampf die Oberhand behalten konnte.
Dieser grobschlächtige, dumpf röhrende Mensch aber beherrschte nicht nur die Zelle, er hatte auch seine Emotionen unter Kontrolle. Kein Wutanfall, kein Geschrei. Er sprang auf, kaum hatte ich die Schüssel über ihm entleert, zertrümmerte mir mit einem gezielten Hieb die Nase und trat mir, noch ehe ich fallen konnte, in die Geschlechtsteile. Schüssel und Becher klirrten auf den Boden, mein Körper sackte hinterher. Der Elch stand über mir, triefend vor Essen und eigener Pisse, suchte und fand eine dritte Schwachstelle. Er hob das rechte Bein und stampfte mir mit dem Absatz seines Latschens auf die Bisswunde an meinem Handgelenk. Dieser Schmerz übertraf alles, ich krümmte mich am Boden zusammen
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