Der Mann, der nicht geboren wurde
vorzubereiten.
Wir hätten gerne auch Raukar in unsere Ãberlegungen mit eingebunden, aber er
ist das, was die Schmetterlingsmenschen einen Heimlichgeher nennen.
Als Raukar jung war, war er nichts weiter als ein einfacher Holzfäller und
Schlachtergeselle, der aus reiner Lust am Töten fällte und schlachtete. Dann
ist etwas mit ihm passiert. Vielleicht hat er ein magisches Maà überschritten
und so viel Blutzoll angehäuft, dass er nun seinen eigenen Schatten als Mantel
tragen kann. Er wurde ein Heimlichgeher , ein
Lautloser zwischen Orten. Man kann ihn nicht aufspüren und auch nicht
verfolgen. Es geht einfach nicht.«
»Und wie sieht jetzt Euer Plan aus, den Knaben,
der nicht geboren wurde , zu stellen?«, erkundigte sich Rodraeg.
»Es ist verhältnismäÃig einfach«, sagte Riban, während er auf den
stetigen Fluss hinunterblickte. »Du bist unser Schlüssel. Du als Anführer des Mammuts kannst ihn herbeirufen, um die vollständige
Vernichtung des Mammuts zu erklären. Du gibst dich
ihm geschlagen, um wenigstens deine eigene Haut zu retten. Das müsste ihm
eigentlich einleuchten. Trenc und ich befinden uns seit einigen Tagen unter
einem Schutzzauber, der Knabe ahnt also nichts von
unserer Anwesenheit. Wenn er dann auftaucht, werde ich ihn mit magischer Wucht
bannen, und Trenc greift ihn an und tötet ihn. Du kannst ihm dabei zur Hand
gehen, weil Trenc nicht mehr der Allerjüngste ist, aber das überlassen wir dir.
Du bist von Naenn nicht als Kämpfer angeheuert worden. Niemand verlangt Dinge
von dir, die dir fernliegen.«
Zur Ãberraschung des greisenhaften Kindes und des heldenhaft
gewandeten Greises sagte Rodraeg: »Das wird nicht funktionieren. So einfach
wird man ihn nicht überrumpeln können. Man kann ihn nicht so mir nichts, dir
nichts herbeirufen und ihm eine Falle stellen. Dazu ist er doch viel zu
vorsichtig und gerissen. Aber ich weiÃ, wie ich mit ihm in Kontakt treten
könnte: Ich müsste ein neugeborenes Kind opfern, um meine eigene Verkommenheit
zu besiegeln. So könnte ich die das Mammut betreffende
Mordserie abbrechen. Das hat sein Auftraggeber uns verraten.«
»Sein Auftraggeber?«, schnappte Riban. »Du weiÃt, wer ihn beauftragt
hat?«
»In Bezug auf das Mammut , ja. Ein Mann namens
Wellingor Deterio. Er und die Fabrikation namens Batis haben
zusammengearbeitet, um uns diesen fleisch- und zeitgewordenen Untergang auf den
Hals zu schicken.«
»Deterio und Batis «, wiederholte Riban.
»Verdammt. Wir hätten das ahnen können!«
»Jedenfalls passt das mit dem Kindsopfer«, nickte Weraly. »Schon vor
zwölf Jahren hat mir ein Magier erzählt, dass der Mann, der
nicht geboren wurde Schlupflöcher lässt für jene, die durch ihn bedroht
werden. Schlupflöcher, die irgendetwas mit Geborenwerden oder Totgeburt zu tun haben, als Ehrung des Mannes, der nicht geboren wurde . Ein Kind zu schlachten,
ein neues Leben ungeschehen zu machen â das könnte ihn tatsächlich erfreuen.
Wenn eines seiner Opfer tatsächlich unter Beweis stellen würde, dass es noch
weniger Skrupel kennt als der Mann , dann lässt er es
vom Haken.«
»Wir können uns also freikaufen, indem wir Naenns Kind töten«,
schlussfolgerte Riban. »So zumindest sieht es das düstere Genie vor. Wenn wir
ihm ein Neugeborenes umbringen, lässt uns der Ungeborene weiterleben. Das ist
nahezu poetisch.«
»Ihr erwägt doch nicht allen Ernstes â¦Â« Mit Befremden sah Rodraeg,
wie Riban nachdenklich die Augen zusammenkniff und wenig Abscheu bei diesen
Gedanken zu empfinden schien.
»Selbstverständlich nicht.« Riban schloss die Augen ganz, dann
öffnete er sie wieder. Sie glänzten. »Aber das gibt uns einen ganz neuen
Ansatzpunkt. Eine Möglichkeit, wie wir unseren etwas zu sehr auf Hoffnungen
basierenden Plan wirklich in die Tat umsetzen können. Wir werden ein Kind
opfern. Mich.«
Rodraeg und Weraly starrten den über siebzigjährigen Jungen
verblüfft an. »Euch?«, fand Rodraeg schlieÃlich als Erster die Sprache wieder.
»Aber Ihr seid doch kein Neugeborenes!«
»Ich werde eines sein, wenn ich noch weiter verjünge. Ich kann das
steuern und gleichzeitig magische Energie freisetzen, die ich auf einen von
euch übertragen kann. So muss es gelingen. So wird es
gelingen.«
Rodraeg konnte es immer noch nicht glauben. »Ihr â¦
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