Der Mann, der nicht geboren wurde
übertreten. Wir haben eine Privatperson bestohlen, um besser
voranzukommen. Andererseits hätten wir ihn auch in Notwehr erschlagen können,
schlieÃlich war er es, der uns tätlich angegriffen hat. Es ist schwierig. Man
versucht, das Gute und Richtige zu tun. Aber man ist dadurch drauÃen im offenen
Feld. Wird zum Reagieren gezwungen. Selbst zur Gewalt.« Rodraeg seufzte.
Eljazokad, der niemals eine Waffe trug, drängte sich in seine Gedanken.
Eljazokad, der auf der Brücke an ihm vorbei Richtung Totenreich gegangen war.
»Jedenfalls wollte ich eigentlich, dass dem Rosenkohlhändler sein Wagen samt
Maultieren binnen Mondesfrist hier in Rigurds Stall wieder bereitgestellt wird.
WeiÃt du, ob Eljazokad und Bestar das veranlassen konnten?«
Cajin schüttelte den Kopf. »Ich höre von dieser Geschichte zum
ersten Mal.«
»Auf dem Rückweg müssen wir uns bei Rigurd mal erkundigen.«
Die Alte
Kutsche war ein bisschen weniger komfortabel
als der Eherne Habicht . Ein bisschen weniger sauber, ein bisschen weniger leise. Es roch
nach Essen, nach Kohlsuppe und Hackfleischbällen, und obwohl es noch
helllichter Tag war, war an einigen Tischen schon eine ausgiebige Zecherei samt
weiblicher Begleitung zugange. Rodraeg fühlte sich noch zu klapperig, um lange
am Tresen zu stehen, also setzte er sich auf einen freien Platz, bestellte für
sich und Cajin Stachelbeersaftwasser und sah Cajin zu, wie dieser sich behutsam
bei den Gästen erkundigte. Nach zehn Sandstrichen hatte der Junge tatsächlich
eine Reisende gefunden, die eine interessante Geschichte zu erzählen hatte. Sie
war noch jung, aber ungewöhnlich korpulent, und ruderte beim Gehen schnaufend
mit den Armen. Cajin lud sie zu einem Getränk ihrer Wahl ein, und sie bestellte
sich einen klaren Schnaps, als sie sich gegenüber von Rodraeg auf einen Stuhl
zwängte.
»Euer junger Freund hier war
interessiert an Geschichten aus Endailon, die mit Bogenschützen zu tun haben?«
»Wenn sie sich innerhalb des letzten Mondes ereignet haben.«
»Oh, ja, das ist der Fall. Liebe Güte! Ich war nicht dabei, muss ich
dazusagen, das heiÃt, ich habe es nicht mit eigenen Augen gesehen, aber zwei
Geschäftsfreunde von mir â in bin in Sachen Kleider für etwas beleibtere
Menschen unterwegs â waren Zuschauer und konnten tagelang von nichts anderem
mehr erzählen. Also, ich bin vor einer halben Woche aus Endailon hierher
gefahren, und zwei oder drei Tage vorher ist dieser Typ ohne Namen in den
Unterkünften der königlichen Soldaten aufgetaucht und hat den besten
Bogenschützen zum Duell herausgefordert. So ein Duell ist Soldaten eigentlich
nicht erlaubt, aber der Typ ist wohl schon einige Tage lang dort rumgeschlichen
und hat sich einen ausgesucht, der hitzköpfig genug war, sich auf so einen
Scheià einzulassen. Wisst ihr, wie so ein Duell abläuft?«
»Man schieÃt abwechselnd aufeinander?«
»Nein, das wäre ja ungerecht. Dann würde der erste meistens
gewinnen. Nein, beide Schützen stellen sich ungefähr vierzig Schritt
voreinander auf. Dann bekommt jeder fünf Pfeile, aber nicht in die Hand,
sondern die Pfeile werden im Abstand von etwa fünf Schritten in gerader Linie
in den Boden gesteckt. Nach dem Anfangssignal spurten dann beide los zum ersten
Pfeil, und danach ist alles offen. Man kann den Schüssen des Gegners natürlich
ausweichen, aber wenn man selbst an einen Pfeil heranwill, muss man einen aus
dem Boden ziehen, und genau dann kann einen der Gegner natürlich erwischen. Da
gibt es viele verschiedene Möglichkeiten und Taktiken. Einige sammeln erst
rollend und duckend alle fünf Pfeile ein und schieÃen, wenn sie dann noch
leben, fünf Mal hintereinander auf den Gegner. Andere bewegen sich vor zum SchieÃen
und weit zurück, wenn der Gegner schieÃen will. Ich habe auch schon mal von
einem gehört, der auf die Pfeile des Gegners zugelaufen ist, um diesem auch
noch einen oder zwei wegzunehmen, sodass der Gegner nur drei oder vier hat und
er selbst sechs oder sieben. Es gibt verrückte Varianten, aber keine so
verrückt wie die, von der ich hier berichten kann. Krieg ich noch ânen
Schnaps?«
»Nur zu.«
Die Dicke orderte und erzählte mit schweiÃglänzender Oberlippe
weiter. »Also. Der Soldat soll wirklich ziemlich gut gewesen sein, bekannt
unter den Soldaten. Niemand wettete auf den Fremden. Das
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