Der Mann, der nicht geboren wurde
jetzt reinen Wein
einschenken.« Rodraeg ging Richtung Arbeitszimmer, wo ihm schon ein Gardist
entgegenkam, der Eljazokads Tagebücher und alles, was sonst noch im Zimmer an
Schriftstücken aufzutreiben gewesen war, auf den Armen trug. Rodraeg
durchstöberte unter den wachsamen Blicken der Hauptfrau kurz die Papierstapel
und förderte den Drohbrief zutage.
»Hier«, sagte er und reichte den Zettel an Endreasis weiter. »Eine
Ankündigung, dass das Mammut fallen wird.
Unterzeichnet mit den Buchstaben DMDNGW , denselben
Buchstaben, aus denen auch Eure heutige Botschaft besteht. Und eine Botschaft,
die Dilljen Kohn in Aldava erhielt, übrigens auch. DMDNGW ist
unser Gegner. Er versucht, uns zu ruinieren. Wir wissen nicht, warum. Wir
wissen auch nicht, um wen es sich handelt. Wir wissen aber, dass DMDNGW für die Nadelmorde verantwortlich ist und dass wir
ihn möglicherweise vor ein paar Tagen als Einbrecher hier im Haus hatten, aber
Eure geschätzten Männer nichts unternommen haben, um seiner habhaft zu werden,
obwohl wir sie um Unterstützung angefleht haben. Nun trampelt Ihr uns weiterhin
auf den FüÃen herum â aber wir sind nicht der Feind. Solange Ihr Euch auf uns
konzentriert, wird die Mordserie unbehelligt weiterlaufen.«
»Das ist ja sehr interessant«, sagte Endreasis. »Und weshalb seid
Ihr mit diesen Informationen nicht gleich zu uns gekommen?«
»Weil wir der Meinung sind, dass es Dinge gibt, die niemanden etwas
angehen. Wie zum Beispiel Folgendes. Kann ich mal kurz vorbei? Danke schön.«
Rodraeg quetschte sich zur Hintertür durch und schlüpfte in den Garten. Zwei
Gardisten waren damit beschäftigt, Naenns filigrane Muster und Formen
systematisch in aufgeworfenes Brachland zu verwandeln, aber noch war gut die
Hälfte des Gartens intakt. Rodraeg entwand einem der beiden den Spaten und grub
in der noch lebendigen Hälfte den Missionsbericht aus. Die Hauptfrau, die ihm
nicht von den Fersen wich, überwachte sein Tun mit vorgestreckter Laterne. »So.
Hier.« Rodraeg ging wieder hinein und übergab den Bericht an Endreasis. »Wir
sind der Garde eigentlich keine Rechenschaft schuldig, denn wir arbeiten für
Auftraggeber, die aus allen Bereichen des Lebens stammen. Hier ist ein Bericht
über einen Auftrag, den wir für die Riesen des Wildbartgebirges ausgeführt
haben. Die Riesen genieÃen keinen königlichen Schutz, also erwarten wir auch
kein königliches Verständnis. Was wir tun, verstöÃt nicht gegen Gesetze. Es
geht nur niemanden etwas an, und wir sind dazu verpflichtet, unsere
Auftraggeber zu schützen, deshalb mussten wir den Bericht vergraben. Mehr ist
im Garten nicht zu finden, Ihr könnt das Knochenbuddeln also abbrechen lassen.«
»Netter Versuch«, schnauzte die Hauptfrau. »Er händigt uns
irgendwelchen unwichtigen Mist aus, damit wir nicht weitergraben und die
wichtigen Sachen nicht finden. Damit ist doch bewiesen, dass sie die Beete als
Versteck benutzen!«
Endreasis musterte Rodraeg nachdenklich. »Hauptfrau Durbas hat recht.
Wenn ich sichergehen will, dass nicht noch mehr verborgen ist, muss ich alles umgraben lassen.«
»Dann tut es. Aber diesen Schaden möchte ich dann wirklich von der
Stadt ersetzt bekommen. Er schmerzt nämlich im Herzen eines
Schmetterlingsmädchens noch mehr als nur ein eingeschmissenes Fenster.«
»Ich erinnere mich«, nickte Endreasis. »Schon damals kamen mir
dieses Haus und seine Bewohner merkwürdig und verrätselt, gleichzeitig aber
auch aufrichtig und ⦠traurig vor. Das mit dem Garten tut mir sehr leid. Aber
man kann ihn ja neu bepflanzen. Und ich habe das Gefühl, heute tatsächlich mit
Antworten hier herauszukommen.« Er überflog den erdigen Riesenbericht. »Wisst
Ihr eigentlich, dass sich auÃer Dilljen Kohn noch ein weiterer Sonderermittler
der Königin in Warchaim aufhält, der sich vor einigen Tagen bei mir erkundigt
hat, ob irgendwelche Bewohner dieser Stadt Kontakte zu den Riesen haben? Damals
wusste ich noch von nichts, deshalb musste ich alle seine Anfragen abschlägig
bescheiden.«
Das könnte dieser Trenc Weraly sein, den Riban
uns angekündigt hat , dachte Rodraeg. Aber warum
erkundigt er sich bei Endreasis über uns, anstatt gleich zum Haus zu kommen? »Das ist eigenartig. Niemand wusste etwas von unserer Riesenmission. Bis jetzt.
Könnte es sein, dass dieser Ermittler
Weitere Kostenlose Bücher