Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Mann, der nicht geboren wurde

Der Mann, der nicht geboren wurde

Titel: Der Mann, der nicht geboren wurde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
Vom Netzwerk:
ein
Gezerre in Naenns Raum. Das Schmetterlingsmädchen wehrte sich. Rodraeg blickte
besorgt nach oben. Hoffentlich blieb Bestar beherrscht und erschlug keine
Gardisten. »Es ist alles in Ordnung«, rief er deshalb mit lauter Stimme nach
oben. »Sie wollen nur das Haus durchsuchen! Wir sind nicht verhaftet! Naenn!
Bestar! Verhaltet euch ruhig!«
    Â»Ich hab doch gar nichts gemacht, Rodraeg!«, kam es auch prompt von
oben. Bestars Stimme. »Bitte schön, ihr könnt gerne mein Bett durchwühlen,
natürlich. Vielleicht hält sich dort noch der eine oder andere Traum versteckt.
Mann, Rodraeg, bin ich froh, dass ich mich mit der Rückkehr so beeilt habe,
dass ich das hier nicht verpassen musste!«
    Unwillkürlich musste Rodraeg schmunzeln. Dieses Hadern hätte auch
Hellas gut zu Gesicht gestanden.
    Hauptfrau Durbas kam aus dem Keller hoch. Sie war offensichtlich
eine der Gestalten gewesen, die dort hinuntergehuscht waren. »Unten ist
oberflächlich nichts, aber wir durchsuchen noch genauer.«
    Der Stadtgardekommandant nickte. »Vergesst nicht, die Beete
umzugraben.«
    Â»Wird gemacht.«
    Die Beete. In wenigen Sandstrichen würden die Gardisten den Bericht
zur Riesenmission ausbuddeln. Eljazokads Tagebücher würden ihnen ebenfalls in
die Hände fallen, denn die lagen offen auf Rodraegs Schreibtisch. Falls sie die
Nadel im Keller nicht fanden, war das einzig und allein Cajins Sorgfalt beim
Verstecken zu verdanken. Rodraeg fragte sich, ob Dilljen Kohn mitgekommen war
und ob es deshalb fahrlässig war, an die Nadel und ihr Versteck auch nur zu
denken.
    Â»Hat der Sonderermittler Euch begleitet?«, fragte er den
Kommandanten.
    Â»Kohn? Nein. Der verfolgt seine eigenen Spuren und scheucht uns
schon mehr als genug herum. Es hat uns einige Verwundete eingehandelt, diesen
rasenden Klippenwälder aus dem Ogerbär zu holen. Ich
hoffe, dass Ihr Euch vernünftiger verhaltet.«
    Â»Mein Garten!«, schrie Naenn oben. »Rodraeg, sie machen meinen
Garten ganz kaputt! Lasst meinen Garten in Frieden, ihr Ungeheuer! Ihr
schrecklichen, unbarmherzigen Menschen !«
    Â»Darf ich nach oben gehen, um sie zu beruhigen?«
    Â»Tut, was Ihr könnt«, erlaubte Endreasis. Hauptfrau Durbas hatte die
Augen verdreht. Rodraeg spurtete nach oben. Von den Laternen der Gardisten war
das ganze Haus jetzt gleichmäßig erleuchtet. Von außen sah es wahrscheinlich
aus wie von Heydens Haus nach seiner Ermordung: überall Lichter und
Silhouetten.
    Estéron versuchte bereits, Naenn zu beruhigen, doch das
Schmetterlingsmädchen war außer sich. Über das ganze Gesicht liefen ihr Tränen,
wie blind schlug sie um sich. Rodraeg packte sie und nahm sie in die Arme. Sie
schrie vor Schmerzen und wehrte sich – »Mein Bauch! Meine Flügel!« – und biss
sogar nach ihm, aber nach einem Sandstrich wurde sie nicht ruhiger, sondern
schwächer. Bestar ging an der Zimmertür vorbei nach unten. Einer der beiden ihn
bewachenden Gardisten trug das Erzschwert wie ein Zepter vor sich her. Bestar
sah mehr als besorgt aus und gesellte sich unten zu Cajin.
    Rodraeg ließ Naenn irgendwann los, weil er merkte, dass er keinen
echten Zugang mehr zu ihr fand. Es war ein Glück, dass Estéron da war, der ihr
wenigstens teilweise noch den Eindruck vermitteln konnte, dass nicht alle
Menschen Scheusale und Mörder waren. Was Eljazokad ihm geschrieben hatte, fiel
Rodraeg wieder ein: Naenn wurde womöglich Gewalt angetan,
als das Kind gezeugt wurde. Nun zerstörten die Gardisten ihren geliebten
Garten. Alles war schrecklich.
    Hilflos ging Rodraeg wieder nach unten, um wenigstens zu verhindern,
dass man Bestar das Schwert Skergatlu wegnahm. Der Stadtgardekommandant wog es
interessiert in den Händen.
    Â»Das ist eine äußerst ungewöhnliche Waffe.«
    Â»Keiner der Morde wurde mit einem Schwert aus Erz begangen«, sagte
Rodraeg, der wieder hinzukam. »Ich finde, jetzt reicht es langsam. Dass Ihr uns
überwacht und nachts aus dem Bett reißt, ist schon unangenehm genug. Dass Ihr
unseren Garten zertrampelt und umgrabt, ist kaum noch hinnehmbar. Wenn Ihr uns
aber entwaffnet und uns somit die Möglichkeit zur Selbstverteidigung raubt,
werden unsere Gegner leichtes Spiel mit uns haben.«
    Â»So, Ihr habt also Gegner?«
    Â»Selbstverständlich haben wir Gegner. Oder weshalb, denkt Ihr,
versucht jemand, uns diese Morde anzuhängen? Ich werde Euch

Weitere Kostenlose Bücher