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Der Mann, der nicht geboren wurde

Der Mann, der nicht geboren wurde

Titel: Der Mann, der nicht geboren wurde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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Er wollte, dass seine Gehilfen verbrennen. Um keine Mitwisser
zu haben.«
    Â»Vetz Brendo hat geahnt, dass es Brandstiftung war«, bestätigte
Rodraeg. »Was hatte er gesagt? Alkoholische Lösung zur
Präparation von Tierkadavern. Das hat hier gebrannt wie Zunder. Und du
hast recht, Tjarka: Der Magister Carmaron Siusan könnte tatsächlich noch am
Leben sein. Seine Leiche wurde zwar von Vermieter Slessing erkannt, aber wie
soll man einen verkohlten Leib erkennen? An Kleidungsresten? Die kann er auch
einem seiner Gehilfen angezogen haben. Andererseits muss es doch laut Estéron
noch eine weitere Leiche geben …«
    Â»Bestar?«, drang es von unten. »Bestar, siehst du das?«
    Der Klippenwälder quetschte sein Gesicht so gut wie möglich in die
Öffnung, kam aber nicht nennenswert vorwärts. »Nicht so richtig …«
    Â»Dieser Tisch. Die Lederschlaufen. Das ist ein Tisch für Menschen!
Genau wie die, an die wir im Thost geschnallt waren. Und hier ist Blut drauf
und anderes ekliges Zeug. Er hatte schon angefangen, mit Menschen
herumzumachen. Oben im Schutt liegen womöglich nicht nur Tierleichen versteckt.
Zu Asche verbrannt, versteht sich. Damit es nicht zum Himmel stinkt.«
    Rodraeg schauderte. »Estéron hat es gesagt. Hier hat es mehr als
zwei Tote gegeben. Die Versuchs … objekte … waren noch … am Leben.«
    Â»Ich verstehe das nicht.« Bestar wandte sich vom Keller ab und rieb
sich das rußige Gesicht. »Warum hat die Garde das nicht alles schon längst
aufgedeckt? Und warum hat der Kreis uns in den Thost
geschickt, wenn dasselbe vor unserer Haustür ebenfalls passierte?«
    Â»Damit der Kreis uns irgendwo hinschicken
kann, muss erst ein bemerkbarer Effekt eingetreten sein. Das Wasser eines
Flusses muss dunkel sein und schaumig. Wale müssen einen verhängnisvollen Weg
eingeschlagen haben. Die Riesen müssen am Ende ihrer Kräfte angekommen sein.
Der Thostwald muss alle Kaninchen verloren haben. Hier in einer Stadt fällt es
nicht auf, wenn ein paar Dutzend Hunde und Katzen und ein oder zwei Menschen
spurlos verschwinden. Und die Garde deckt nichts auf, wenn jemand schützend
seine Hand drüberhält.« Für Rodraeg begann nun alles einen düsteren Sinn zu
ergeben. Es war, als würde sich in seinem Geist Nebel lichten, nur um
Finsternis Raum zu geben. »Der Magister Carmaron Siusan hat jemanden, der in
der Hierarchie ganz oben steht, bezahlt, damit der Deckel auf dem
Kellergeschoss draufbleibt und die Versuche vielleicht eines Tages nahtlos
fortgesetzt werden können. Aber wen hat er geschmiert? Die Hauptfrau Durbas,
die das ganze Löschbrimborium geleitet hat? Kommandant Endreasis, der ebenfalls
auftauchte, um nach dem Rechten zu sehen und Befehle zu geben? Schulze Tommsen,
der sich auch eingemischt hat? Oder Baron Figelius? Warum war eigentlich Baron
Figelius da und ließ seine Männer ausschwärmen wie vom Aas angelockte Fliegen?«
    Â»Hat der Baron denn nicht genug Geld?«, fragte Bestar. »Wie soll man
so jemanden schmieren?«
    Â»Manche Menschen haben nie genug Geld. Oh, Mann, ist das alles
verzwickt. Ich würde sagen, wir müssen der Garde von unserem Fund erzählen.
Aber wenn jemand aus den oberen Rängen der Garde mit drinsteckt – was machen
wir denn dann?«
    Â»Hier sind Fangschlingen. Die meisten sind voller trockenem Blut.
Hier sind ganz viel Haare auf einem Haufen.« Tjarkas Stimme klang
brechreizgepeinigt, und ihre Fackel schwankte hin und her. »Tierfellhaare,
würde ich schätzen. Und hier ist ein Loch voller … Götter, ich will gar nicht
wissen, was das ist! Und hier … was ist das denn? Das sieht wie Innereien aus,
aber mit winzigen Pilzen überwuchert. Hier liegt ein Schädel voller Bohrlöcher.
Ist das ein Affenschädel oder ein Kind? Ich will raus hier, lasst mich raus
hier!«
    Die Fackel näherte sich torkelnd und blendete Rodraeg. Tjarka wühlte
sich durch die Öffnung wie eine Ratte, die sich durch ein viel zu enges Loch
quetscht. Mit schweißig glänzendem Gesicht und angstgeweiteten Augen herrschte
sie Bestar an: »Mach zu das Ding, mach endlich zu!«, als könnte ihr etwas nach
draußen folgen. Ächzend erhob sich der Klippenwälder und hielt die Luke,
während Rodraeg eilig den Schutt entfernte. Tjarka kam nicht mehr in die Nähe
der Falltür und atmete heftiger als die beiden sich

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